6

216 14 1
                                    

Thomas musste nicht einmal über seine Handlung nachdenken, wie von alleine trugen seine Beine ihn in Richtung Badezimmer, Steff hinterher um für sie da zu sein, so gut wie es in solch einer Situation eben ging. er nahm ihr schwarzes Haar in seine Hand und hielt es hinter sie, sodass nichts dort hängenbleiben würde und zog mit seiner anderen Hand besänftigende Kreise über ihren Rücken, während sie ihren Mageninhalt in die Toilette erbrach. Während er sich nur sorgte jagte in Steffs Kopf eine Sorge die nächste. Hatte Simmi etwa recht mit ihrer Vermutung? Hatte es etwa nach all den Versuchen endlich geklappt? Würden sie endlich Eltern werden? Irgendwo freute sie sich bei dem Gedanken, aber nicht so wie sie es sich immer vorgestellt hatte. Sie hatte doch eine klare Vision gehabt, wie sie es rausfinden und unzählige Tränen der Freude über ihr Gesicht rinnen würden, die sie vor Thomas erst einmal verstecken wollte, bis sie kleine Schuhe gekauft und sie zusammen mit dem Schwangerschaftstest verpackt hatte und ihn so Abends bei einem ruhigen Moment überraschen wollte. Auch seine Tränen hatte sie vor ihrem inneren Auge sehen können und das, obwohl Thomas eigentlich nicht der Mensch dafür war, seine Emotionen vor anderen offen zu legen, doch bei ihr machte er eine Ausnahme, denn sie war sein sicherer Hafen, sein Zuhause und vor allem aber war die Sängerin die Liebe seines Lebens, auch, wenn sie sich aktuell etwas ferner waren, als sie es sonst gewohnt sind.
War jetzt wirklich der richtige Moment für ein Kind? Würden sie einfach diesen Streit und die Distanz zwischen ihnen über Bord werfen, einfach ignorieren und dort anknüpfen, wo zuvor alles auseinander gebrochen war? Konnten sie das überhaupt, oder würde der Streit, diese unausgesprochenen Worte sie in ein paar Jahren komplett entzweien und nicht nur sie beide, sondern auch ein Kind belasten, was rein garnichts dazu konnte. Der ganze Stress schien Stefanie garnicht gut zu bekommen, je mehr sie über die verzwickte Lage nachdachte umso schlechter wurde ihr, sodass es nicht einmal zwei Minuten brauchte, bis sie sich wieder nach vorne beugte um die Toilette zu treffen und die Essensreste nicht auf dem Badezimmerboden zu verteilen. Tränen der Verzweiflung bahnten sich währenddessen an, denn auch, wenn Thomas bei ihr war und versuchte ihr irgendwie beizustehen, so war es einfach nicht das Gleiche. Es war schwer in Worte zu fassen was genau sich verändert hatte, aber das Schamgefühl für die Tränen hatte sie in seiner Gegenwart eigentlich noch nie empfunden. Was ist nur um die beiden geschehen, dass sie sich beinahe fremd waren?
Trotzdem legt sie sich gleich in seine Arme, wollte ihm endlich wieder nahe sein und ihm damit zeigen, dass sie ihm entgegenkommen will und die Kurzschlussreaktion vom vorgestrigen Abend mehr als nur dumm war. Sie brauchten keinen Abstand, zumindestens nicht auf diese Art und Weise, sie brauchten genau diese Nähe, die sie im Augenblick verspürten, als Thomas seine Arme liebevoll um ihren Körper schlang. "Du wirst aber nicht krank, oder? Soll ich dir einen Tee oder eine Suppe machen?" Steff wusste nicht so recht, wie sie darauf antworten sollte, vielleicht wäre es das beste, wenn sie Thomas einfach Simmis Vermutung beichten würde, doch anstatt Worte sprechen zu lassen, nahm sie einfach einen Schwangerschaftstest aus dem Schrank neben der Dusche und schaute Thomas ganz verunsichert an. "Denkst du..." "ich hab keine Ahnung, aber das Erbrechen könnte halt nicht nur durch den Stress kommen" Es schien so, als hätte Thomas schon garnicht mehr damit gerechnet, als er wie benebelt schlurfend aus dem Bad wieder in Richtung Couch ging, damit seine Freundin in aller Ruhe den Test machen konnte. Hatten sie es vielleicht endlich geschafft? Würden sie nach all der Zeit endlich eine Familie werden, nach dieser unzähligen Menge an negativen Tests? Mit jeder Sekunde wurde er ungeduldiger, fragte sich welche Auswirkungen ein positiver, aber auch negativer Test auf die beiden, ihre Beziehung und ihre Zukunft haben würden. Er war so in seinen Gedanken gefangen, dass er garnicht mitbekam, wie Stefanie mit Tränen in den Augen auf ihn zukam und sich stumm neben ihn setzte, sodass er merklich zusammenzuckte, als ihre Hand die seine berührte.
Und auch wenn er sich anhand ihres Gesichtsausdrucks die Antwort schon denken konnte, wollte er noch einmal sicher gehen und sie seine Vermutung oder eher Befürchtung bestätigen lassen...es hatte schon wieder nicht geklappt...negativ.
Vielleicht war es ihnen einfach nicht vergönnt auf natürlichem Wege eine Familie zu gründen, was an dem Gitarristen alles andere als spurlos vorbei ging. Mehrere Tränen fanden den Weg aus seinen Augen um über die leicht erhitzten Wangen zu kullern, sodass es mal die Sängerin war, die ihren Partner fest in ihre Arme schließen musste. Wie sehr er es sich doch gerade gewünscht hatte einen kleinen Punkt auf dem ersten Ultraschall zu sehen, das kleine Herz schlagen zu hören und irgendwann die ersten Tritte zu spüren. Selbst bei dem Gedanken an die verrückt spielenden Hormone hatte ein ehrliches Lächeln seine Lippen umspielt, doch jetzt schien seine Welt endgültig zusammenzubrechen. Die Beziehung zwischen ihm und Steff war schon lange nicht mehr das was sie einst war und jetzt hatte diese ganze Thematik nicht einmal ein Kind hervorgebracht, wie sollten sie denn jetzt weitermachen, wenn absolut alles aus der Bahn geraten war? Beide hielten sich eine gefühlte Ewigkeit einfach nur in den Armen und waren füreinander da, es belastete beide, auch wenn Stefanie irgendwie ein kleines bisschen erleichtert war, dass sie doch noch etwas Zeit hatten, bis so ein kleines Wunder in ihren Armen liegen würde, dass sie vielleicht endlich Zeit hatten die Wogen wieder zu glätten und ihre Zweisamkeit mal wieder genießen konnten. Dass sie vielleicht mal Abstand zu dem Thema gewinnen würden, nicht einfach so belanglos in die Kiste hüpfen, sondern sich mal wieder mehr Zeit für ihre Gefühle, Gedanken und die Augen der anderen nehmen, wo sie es doch so liebten sich in denen zu verlieren. "Thomas?" es war die Stimme der schwarzhaarigen die zaghaft und mit einem leichten Zittern die Stille zwischen ihnen brach. "mhm?","das kann so einfach nicht weitergehen. Ich erkenne uns beide ja kaum wieder. Ich weiß, dass wir beide uns nichts sehnlicher wünschen, als ein Kind, aber noch wichtiger bist du mir. Ich will uns einfach nicht verlieren, wir gehören doch zusammen." schluchzte sie, während Thomas sie mit ganz glasigen Augen anschaute und mit der linken Hand nervös an seinem Tshirt herumspielte. "Du hast ja Recht. Eigentlich will ich das nicht, aber vielleicht ist es das beste wenn wir die ganze Thematik rund um ein Baby vielleicht für eine Zeit erstmal beiseite legen? Wir sind noch nicht so alt, dass es jetzt unsere letzte Chance ist, wir sollten uns mal wieder auch Zeit für andere Dinge nehmen oder wenn wir soweit seien sollten über mögliche andere Wege nachdenken. Aber bevor das passiert müssen wir das zwischen uns wieder geradebiegen, ich vermisse die alte Zeit gerade mehr als je zuvor" Ihre Kehle brannte, sie konnte nichts mehr sagen, nickte ihm einfach nur zu und legte sich in seine Arme, wo sie stumm vor sich hin weinte, was er ihr gleich tat. Sie beide mussten endlich rauslassen was sich in diesem vergangenen Jahr von Tag zu Tag angestaut hatte.

unfulfilled dreams (a Thoffi story)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt