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Das Herz schlug allen bis zum Hals, als sie sich in einem kleinen Raum befanden, in denen sie die letzten Minuten bis zum Konzert überbrückten. Sie haben jetzt schon etwas länger nicht mehr auf der Bühne gestanden und ganz besonders nicht für einen so wichtigen Anlass. Wie immer hatte vor allem bei Stefanie das Lampenfieber die Überhand gewonnen, ganz besonders aufgrund ihres aktuellen Umstandes. Ihre Hand wanderte ganz von alleine an ihren Bauch, ganz so als könnte sie dadurch spüren, ob alles gut ist, ob es ihrem Kind gut ging. Immer mehr Gedanken an eine Zukunft mit krankem Kind breiteten sich in ihrem Kopf aus. Wie würde es sein, wenn sie ständig im Krankenhaus sein müsste und das mit einem so kleinen Menschen? Was wenn die Krankheit ihr einen weiteren Menschen stehlen würde? Alle drei Jungs bemerkten, trotz ihrer eigene vorpredigen Anspannung, was in Stefanie vorging, weshalb sie sich in einen Kreis stellten und alle ihre Arme umeinander legten und der älteste der Runde das Wort ergriff. "Egal was die Zukunft für einen von uns bereit stellt und egal welche Hürde aufkommt, wir werden alles gemeinsam meistern, das haben wir schon so oft." Die Sängerin hatte starke Schwierigkeiten ihre Tränen zurückzuhalten, war sie doch so dankbar ihre drei Chaoten an der Seite zu haben, einen davon sogar auf ganz besondere Weise. Niemals hätte sie sich erträumen lassen, dass aus den Teenagern mal eine Familie werden würde, eine die sie sich selber ausgesucht hatten und nie wieder hergeben würden, dafür hatten sie viel zu viel zusammen erlebt, waren durch Höhen und Tiefen gegangen und vor allem die letzten beiden Schwierigkeiten waren besonders Kräftezehrend gewesen und ließen Stefanie so emotional werden. Schon immer hatte sie damit zu kämpfen gehabt, doch jetzt, wo ihre Schwangerschaft immer weiter voranschritt konnte sie es noch weniger händeln.

Nachdem die Vier ihr kleines Ritual abgeschlossen hatten, was heute mal eine Minute länger andauerte war es für sie Zeit die Bühne zu betreten und sobald sie den ersten Schritt auf den so nach Heimat anfühlenden Boden schritten verflog die ganze Nervosität und das was zählte war, den Leuten in dem Saal eine gute Zeit zu bescheren. Doch anders als sonst sammelten sich etliche Kinder vor ihrer Bühne, deren Augen zu leuchten anfingen, einige zappelten aufgeregt herum, obwohl sie etwas müde aussahen. Der Moment als sie die Musik hören konnte, ließ sie los und ging ganz in ihrem Element auf, fing an zu singen und versuchte mit den kleinen zu interagieren. Diese Aktion war eine Herzensangelegenheit, wie sehr sie es verfluchten, dass Kinder und Familien einer solchen Last ausgesetzt werden und wie dringend sie mehr Aufmerksamkeit auf solche Themen lenken wollen, wovon sie sich erhofften, dass es nach dem heutigen Auftritt wenigstens in gewissem Maße der Fall sein wird. Thomas Blick wanderte immer wieder über seine Freundin, beobachtete ihre Körperhaltung um ihre Gefühle einschätzen zu können. Bei der Rede die sie vorbereitet hatten konnte sie ihre Tränen kaum zurückhalten, alle Anwesenden konnten merken, wie sehr ihr und ihren Bandkollegen das Thema unter die Haut ging, mit wie viel Leidenschaft sie sich durch und mit ihrer Musik engagierten. Am liebsten hätte der Gitarrist seine Arme schon in diesem Moment um seine Freundin geschlungen, doch er wusste, dass sie ihre Beziehung nicht nach außen tragen wollten. Zwar war es kein Geheimnis, dass sie Gefühle für einander hegten und das nun schon eine ganze Weile, doch sollte es keine Pärchenbilder oder Schlagzeilen über ihre Liebe geben, denn niemand wusste, was die Beiden fühlten außer sie selber. Nur die Vier wussten über das Glück was sie teilten und in Thomas stieg jetzt schon das Bedürfnis sein Kind vor der Öffentlichkeit zu schützen und ihm eine möglichst normale Kindheit schaffen, so gut es eben ging. Er oder sie sollte lachen, ohne bedenken, dass gleich eine Kamera auf ihn gehalten wird, ohne Zwang einen eigenen Weg finden, auf dem, komme was wolle, er immer ein treuer Begleiter sein würde. Und als er Stefanie so emotional sah, wie sie sich zu den Kleinen hinunterbeugte und am Ende sogar redete, zuhörte und spielte, wusste er, dass das gleiche für sie galt. Dieses Kind wurde jetzt schon unendlich doll geliebt und das würde sich über die Jahre nur verstärken.

Sobald sie wieder unter sich waren ließ Stefanie sich in die Arme fallen, die ihr am meisten Geborgenheit und Liebe entgegenbrachten, die sie hielten, selbst im schlimmsten Sturm, das hatte sie vor allem in diesem Jahr noch einmal gemerkt. Niemand versteht sie so gut wie er, dem sie immer alles anvertrauen würde und der sie mit jedem ihrer Fehler bedingungslos liebte, mit dem sie sich in manchen Momenten unendlich fühlte. Tränen verließen ihre Augen, rollten ihre Wangen hinunter und ließen Thomas Shirt an dunklen Flecken gewinnen, doch das störte ihn nicht im geringsten, er wollte für sie da sein, immerhin passte sie aktuell auf das wertvollste Geschenk auf dieser Welt auf. Auch er selbst rang mit sich und seinen Emotionen, denn alle Geschichten und Fakten die er heute gehört hatte trafen direkt in sein Herz und warfen Fragen und Unsicherheiten für ihre nahe, sowie ferne Zukunft auf. Doch in dieser Umarmung lag so viel. Zuneigung, Zerbrechlichkeit, Liebe und ein Versprechen. Ein Versprechen für die Ewigkeit, dass sie zusammen jede Hürde meistern. Als sie sich nach kurzer Zeit wieder etwas beruhigt hatte verbrachten sie Zeit zu viert, als Band, sprachen über den gelungenen und trotzdem aufwühlenden Tag, dachten darüber nach, was sie in Zukunft machen könnten um sich weiter in dem Bereich zu engagieren, redeten über weitere Herzensangelegenheiten, die Freundschaft, aber auch über nicht ganz so schwere Themen. Bei einem Bier und einer Apfelschorle für Stefanie ließen sie den Abend ausklingen, bestellten sich Pizza und fingen wieder an zu lachen, dachten auch wieder über die positiven Dinge im Leben nach, selbst wenn man es schwer haben sollte, gab es so vieles wofür es sich lohnt zu leben und alles aufrecht zu erhalten. Und wieder einmal merkten alle was für ein Glück sie hatten sich damals über den Weg gelaufen zu sein, dass sie nun hier sitzen durften, als Band, die schon so viele Alben veröffentlich hatte, damit auf Tour waren und sich jetzt auch noch durch einen Minimond vergrößern würde.

unfulfilled dreams (a Thoffi story)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt