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Grübelnd stand Stefanie vor ihrem Kleiderschrank und schob die Kleiderbügel von rechts nach links auf der Suche nach ihrer schwarzen Jeansjacke, die perfekt zu ihrem heutigen Outfit passen würde. Heute feierte Johannes seinen 35. Geburtstag, weshalb sie sich gemeinschaftlich in einer kleinen Runde im Bandstudio trafen. Allerdings erst abends, da das Geburtstagskind zuvor noch mit seiner Freundin Vera den Tag verbracht hatte. Leider konnten sie sich einen Probenausfall nicht erlauben, da das anstehende Konzert im Juli immer näher rückte und sie somit keine Zeit verlieren durften.
Inzwischen hatte Stefanie auch schon ihre Jacke übergeworfen und stand vorm Spiegel, während sie ihr Top zurecht rückte und versuchte ihre Haare mit ihren Fingerspitzen ein wenig in Form zu bringen. Plötzlich schlich sich Thomas schmunzelnd von hinten an sie ran und vergrub seinen Kopf in ihrer Halsbeuge, um sanfte Küsse darauf zu verteilen. Die warme Atemluft und der vertraute Geruch ließ sie augenblicklich entspannen. Sie lehnte sich an ihn, lies sich fallen und genoss seine Zuneigung. Thomas' Hände wanderten an ihren Bauch und strichen vorsichtig darüber, während er sie durch den Spiegel ansah. „Ihr beide seht wunderschön aus.", lächelte er und umklammerte seine Freundin noch ein Stück mehr. Stefanies Gesichtsausdruck verwandelte sich blitzschnell in ein breites Grinsen. Wie sehr sie es doch liebte, wenn er von ihr und ihrem gemeinsamen Kind sprach, dass gerade freudig vor sich hin wuchs. Ihr Kind. Es fühlte sich immer noch ein Stück weit befremdlich an, doch sie liebte das Gefühl, das ihr die Schwangerschaft verlieh. Auch wenn sie liebend gerne auf deren Nebenwirkungen wie die mittlerweile präsente Übelkeit, die sie durch den Tag begleitete, gerne verzichten würde.
Doch das nahm sie in Kauf, denn die Euphorie, die sie kurz nach dem Arzttermin vor zwei Wochen verspürt hatte, hielt immer noch an und schien von Sekunde zu Sekunde zu steigen.

-2 Wochen zuvor-
Das Herz schlug ihr bis zum Hals und anhand seines festen Griffes um ihre Finger konnte sie erahnen, dass es Thomas genauso ging. Das Paar starrte den Bildschirm an, während sich die Ärztin vortastete. „Hier ist es.", deutete sie plötzlich auf einen größeren schwarzen Fleck. Als sie das Gerät noch etwas weiter bewegte, kam sogar ein kleiner Umriss in dieser schwarzen Hülle zum Vorschein.
Stefanies und Thomas' Kopf schnellte fast zeitgleich nach vorn, sodass sie fast aneinander stießen, denn sie wollten um jeden Preis ihr Kind genauer sehen. „Meiner Einschätzung nach befinden Sie sich in der 7. Schwangerschaftswoche. Herzlichen Glückwunsch.", strahlte die Ärztin und reichte Stefanie ein Tuch, um ihren Bauch von dem Gel befreien zu können. Daraufhin druckte sie das Bild aus und überreichte es Thomas, dessen Augen freudig leuchteten. „Ich lass sie dann man alleine. Alles Gute für Sie.", schmunzelte die Ärztin und war kurz darauf auch schon durch die Tür verschwunden. Thomas lief um die Liege herum und setzte sich neben Stefanie, die sich mittlerweile aufgesetzt hatte und dabei war ihren Bauch von dem überschüssigen Gel zu befreien. Er beobachtete sie dabei, schließlich griff er an ihr Kinn und drehte ihren Kopf langsam zu ihm, sodass er in ihre Augen sehen konnte. Erst jetzt erkannte er die Tränen, die sich in Spuren über ihre Wangen zogen. Die Emotionen und die Euphorie hatte sie komplett überwältigt, sodass der Stress und die Last der letzten Wochen, Monate und Jahre rund um den Kinderwunsch mit einem Mal abfielen.
Schweigend zog Thomas sie in seine Arme und hielt sie fest, während ihre Emotionen ungebremst auf sie einprasselten und mit jedem Atemzug mehr sich der Druck der letzten Jahre abbaute.

„Ich bin stolz auf dich.", offenbarte Thomas, während er durch die Straßen in Richtung Bandstudio fuhr. Sanft legte er eine Hand auf Steffs Oberschenkel, die auf dem Beifahrersitz saß. Verwirrt sah sie ihn an. „Wie meinst du das?", entgegnete sie. „Naja, dass du das alles so gut wegsteckst. Die Übelkeit, die Müdigkeit, die Geruchsempfindlichkeit und die ganzen anderen Symptome, die dir dieses kleine Wesen in dir beschert. Du lässt es einfach über dich ergehen und beschwerst dich nie darüber. Das macht mich stolz weißt du.", erklärte er, während sein Daumen über ihr Bein strich. Stefanie legt ihre Hand auf seine und verschränkte ihre Finger mit seinen. „Weißt du ich bin dankbar über jeden Tag, die dieses Kind in mir heranwächst. Ich weiß, die Ärztin hat uns geraten, dass wir erst im ersten Trimester sind und wir unsere Euphorie deshalb noch etwas verstecken sollten, aber ich will an nichts anderes denken. Ich will kein „was wäre wenn" oder „es kann noch viel passieren" zulassen. Mein Gefühl sagt mir einfach, dass alles gut gehen wird und unsere Familie vorerst komplett wird.", gab sie ehrlich zu. Thomas hatte ein Grinsen im Gesicht und sah zu ihr: „Vorerst?", fragte er. Stefanie verdrehte die Augen. „Ich weiß genau, dass du am liebsten eine ganze Fußballmannschaft haben würdest, wenn es nach dir ginge." „Du kennst mich mal wieder zu gut.", grinste er.

Als sie kurze Zeit später das Auto geparkt hatten, in den Fahrstuhl zum Proberaum stiegen und sich die Tür schloss, kuschelte sich Stefanie an Thomas. „Lass uns unser Geheimnis noch etwas für uns behalten, bitte. Ich will die Zeit erstmal genießen." „Irgendwie erinnert mich das an die Anfänge, wo wir unsere Beziehung noch geheimhalten mussten.", schmunzelte Thomas. „Wir werden alt. Mittlerweile geht es schon um unser Kind.", lachte er, worauf er sich einen sanften Schlag auf die Brust einfing. „Spinner.", schmunzelte Stefanie und löste sich kopfschüttelnd von ihm, als die Fahrstuhltür sich öffnete.
Als sie die Tür aufschloss, kam ihnen Johannes gerade entgegen und mit ihm der für Stefanie unerträgliche Geruch von Käse. Mit einem Mal überkam sie die Übelkeit und sie musste sich zusammenreißen nicht augenblicklich ins Bad rennen zu müssen, damit niemand Verdacht schöpfte. Immerhin wussten die beiden Anderen von ihren Schwangerschaftsplänen und würden sofort nachfragen, was Stefanie vermeiden wollte. Deshalb zwang sie sich durch den Mund zu atmen und ein Lächeln aufzusetzen. „Alles Gute zum Geburtstag Hannes.", gratulierte sie ihm und zog ihn in eine Umarmung. „Danke, danke. Ihr könnt in die Küche gehen, Nowi hat Pasta gekocht. Steff zwang sich zu einem Lächeln: „Ich geh nur schnell auf Toilette.", erklärte sie und warf Thomas einen hilfesuchenden Blick zu, der gerade seinen Bruder umarmte und ihm ebenfalls gratulierte.

Beim Betreten des Badezimmers offenbarte sich Thomas eine vor der Toilette sitzende Stefanie die gerade tief durchatmete. Er kniete sich neben sie, während sie ihm mit einem konzentrierten Blick folgte. „Ich bin Nowi so dankbar, weil er weiß wie gerne ich Pasta esse, aber ich kann momentan einfach keinen Käse riechen." „Ich weiß Kleine. Ich habe den Beiden schon gesagt, dass du seit einigen Tagen eine Magenverstimmung hast. Mach dir keine Gedanken.", lächelte er und strich ihr mit dem Daumen über die Wange. „Geht auch schon wieder. Wir können rüber gehen.", erklärte sie und ließ sich von Thomas auf die Beine helfen.
Das Paar ging in die Küche und begrüßte nun auch Nowi. Kurze Zeit später saßen sie auch schon gemeinsam am Tisch, aßen, unterhielten sich ausgelassen und stießen auf Johannes' Geburtstag an. Steff konnte sich auch hier glücklicherweise mit ihrer Magenverstimmung herausreden. Zudem hatte der scheinbar unstillbare Hunger sie dazu bewegt die Übelkeit zu verdrängen und ihren Fokus auf den riesigen Teller Pasta zu lenken, der vor ihr stand.
Die Band genoss den Abend und begann kurze Zeit später auch schon mit den Proben der Setlist für das Konzert, für das sie sich eigentlich getroffen hatten. Für kurze Zeit gelang es Steff ausgelassen mit ihren Bandkollegen zu reden, zu singen und zu lachen, aber irgendwann holte sie die Müdigkeit ein. Ihr Körper gab ihr eindeutige Signale, weshalb sie sich gemeinsam mit Thomas gegen 11 Uhr auf den Weg nach Hause machte.

unfulfilled dreams (a Thoffi story)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt