Drache und Silber 148

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Unter der Decke versteckt, wagten wir nur zu flüstern und uns zu berühren. Wir begnügten uns mit vorsichtigem Streicheln. Ich strich meine Hände durch Junas Haar. Die Strähnen klammerten sich an meine Finger. Um dieses Chaos zu entwirren, brauchte ich einen Kamm, aber das konnte bis morgen warten. Jetzt musste ich Juna streicheln.

Meine Liebste hatte ihre Arme um mich geschlungen und strich über meine Schulterblätter. Vor der Tür unseres Gemaches redeten Besucher durcheinander. Zu viel Gemurmel, um einzelne Worte zu verstehen. Mit Sicherheit wollten sie uns mit unnötigen Kram für unsere Hochzeit belästigen. Sie warteten auf uns, wurden ungeduldig und ahnten nicht, dass wir längst zu Hause angekommen waren. Niemand außer Ama wagte es die Gemächer der Königin zu betreten. Und diese hatte uns nie zurückkehren sehen.

Juna reckte das Ohr hoch, ihre Mundwinkel zuckten und sie vergrub das Gesicht in die Kissen, um ihr Lachen zu ersticken. Seitdem wir beschlossen hatten uns zu verstecken, wirkte sie so aufgedreht, als spielten wir ihr Lieblingsspiel. Sie hob ihr gerötetes Gesicht und wisperte:

„Da draußen streiten sie gerade tatsächlich darüber, ob man die Geschenke für die Hochzeit in Kreisform oder dreieckig anrichten muss. Jemand hat gemeint, bei den Drachen wäre es üblich Geschenktürme zu bauen, die dann mit Seilen festgezurrt werden, damit sie nicht umfallen."

Bevor sie wieder in Glucksen verfiel, nahm meine Liebste beide Hände über den Mund. Ich war ihr unendlich dankbar dafür, dass sie mich vor diesem Irrsinn bewahrt hatte.

„Sie könnten meinen Papa fragen. Der kennt alle Drachenbräuche. Aber vermutlich würde er ihnen irgendeinen Mist erzählen. Auf der Hochzeit meiner Schwester, hat er von ihrem Bräutigam verlangt nackt auf den Eisigstein zu steigen. Um sein Durchhaltevermögen und seine Kraft unter Beweis zu stellen. Der arme Junge hat sich dabei ein Ei abgefroren und war danach nie wieder derselbe."

Juna riss entsetzt die Augen auf und die Decke über sich. Ihre Schultern zuckten und sie wischte sich Tränen aus den Augenwinkel, als sie mich wieder ansah.

„Das hätte ich nie erwartet. Dein Vater wirkt so lieb."

„Ja, weil er dich mag und er einen riesigen Respekt vor dir hat. Rosalies Ehemann konnte er überhaupt nicht leiden."

Meine Liebste strich über meine Stirn und lächelte.

„Was für ein Glück ich doch habe."

Ihre Stimme klang rau. Ein ernster Ausdruck trat in ihr Gesicht.

„Dass deine Eltern dich geboren und aufgezogen haben. Und dass dich das Schicksal hier in mein Reich geführt hat. Als hätten die Erdenmutter und der weise Drache alles daran gesetzt uns zusammenzuführen. Und nun heiraten wir. So ein großes, großes Glück."

Ihre Augen schwammen in Tränen und ihr Blick versank in meinem.

„Du hast großes Glück? Meinst du nicht, dass ich viel mehr Glück habe? Eine Elfenkönigin ist sicherlich das wertvollste Geschenk, das die Erdenmutter geben kann."

Juna schüttelte den Kopf. Ich sagte ihr die Wahrheit, genauso wie ich sie empfand. In welchen Moment hatte die Götter wohl entschieden, dass ich, ein unbedeutender Drachengeneral, die Zierde eines Elfenreiches erhalten sollte. Die Frau, die von Magie geküsst war und deren goldenes Haar, sich in der Krone ihres Lebensbaumes spiegelte.

Oder waren wir schon vor der Geburt vorbestimmt, vereint in einer einzigen Liebe, die sich immer wieder fand? Egal ob wir als Mann oder Frau, als Bettler oder König wiedergeboren wurden.

Mein Herz raste bei dem Gedanken und ein Schwall Freude ergoss sich über mich. Wenn wir auf diese Art miteinander verbunden waren, dann würden wir uns immer wiederfinden.

Drache und SilberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt