Rosalie betrat meine Küche und stellte einen Teller mit Gebäck auf dem Esstisch ab. Sie runzelte die Stirn und deutete zur Tür.
„Warum bewachen Elfen deine Tür? Ich glaube kaum, dass du noch ihre Gefangene bist. Soll ich mit Vigour für dich sprechen."
Meine sonst so ruhige, kleine Schwester, musterte mich besorgt mit ihren braunen Augen. Sie war das Ebenbild meiner Mutter, mit sanfteren Zügen.
„Nein. Das ist nicht nötig. Kümmer dich gar nicht drum."
An die Wachen der Königin hatte ich nicht mehr gedacht. Dank ihnen, konnte jeder vorbei stolpernde Drache erraten, dass in meinem Räumen etwas geheimnisvolles vor sich ging.
Lügen würde die deutlichen Beweise nicht verschwinden lassen. Ich versuchte Rosalie abzulenken.
Begeistert packte ich ihre Süßigkeiten aus und biss mit einer Inbrunst hinein, dass der knusprige Teig auf den Boden bröselte.
„Wie nett, dass du mir den Nachtisch vorbei bringst. Deine Specktaschen werden immer besser. Welchen Honig hast du dafür benutzt?"
Gierig leckte ich mir über die Lippen.
Rosalie blickte mich an, als hätte ich den Verstand verloren.
„Iris. Willst du jetzt tatsächlich mit mir über Gebäck reden? Dich bewachen Elfenkrieger. Was ist los?"
Entrüstet verschränkte sie die Arme vor der Brust. Niemand fiel auf eine derart unbeholfene Vorstellung herein. Besonders nicht meine kluge Schwester.
Da ich meiner Familie ohnehin von Juna erzählen wollte, machte es keinen Sinn länger zu Schweigen. Wenn ich Rosalie als meine Verbündete gewann, konnte ich auf ihren Beistand vor meiner Mutter zählen.
„Sie bewachen nicht mich.", seufzte ich. Vorsichtig legte ich das Gebäck zurück auf den Teller und leckte den Honig von meinen Fingerspitzen.
„Aha."
Meine Worte überzeugten sie nicht.
„Sie bewachen die Elfenkönigin. Sie schläft nebenan."
Überrascht schlug Rosalie die Hände vor den offenen Mund. Ihr Finger zitterte, als sie auf mein Schlafzimmer zeigte.
„Genau da."
Bevor ich es realisierte, befand sie sich auf dem Weg nach nebenan. Ihre Hand bereits auf der Türklinge, gelang es mir sie aufzuhalten.
„Shh."
Ich machte ihr deutlich, leise zu sein.
„Weck sie nicht auf. Sie schläft noch nicht lange. Der Tag war anstrengend."
Außerdem war die Königin betrunken. Das sagte ich Rosalie nicht.
Die Elfe wollte sicher eine guten Eindruck bei meiner Familie hinterlassen.
„Lügst du mich an?", fragte meine Schwester.
Sie schien zu überlegen, ob sie mit mir um den Einlass ins Schlafzimmer ringen sollte. Doch sie nahm die Hand fort. Meine Mutter wäre bereits vor dem Bett gestanden und hätte die Königin wach gerüttelt. Erleichtert bedankte ich mich beim weisen Drachen, für die sanfte Natur meiner Schwester.
„Ich lüge nicht."
„Warum sollte die Elfenkönigin in deinem Bett schl..."
Mit erschrocken aufgerissenen Augen brach Rosalie ab. Argwöhnisch musterte sie mich und knetete dabei nervös ihre Hände.
Ohne Zweifel hatte sie die richtigen Schlüsse gezogen.
„Du hast nicht ernsthaft...Mama wird ausrasten."
Sie wandte sich ab und begann aufgeregt im Zimmer auf und abzulaufen. Mit der ganzen Hand packte sie sich ein Gebäckstück und stopfte es sich fast ganz in den Mund. Es war einer ihrer nicht sehr damenhaften Momente. Die durchlebte sie bei großer Anspannung, wenn ihr Sohn Momo nicht in der Nähe war.
„Lügst du mich an?", fragte sie wieder. Brösel stoben aus ihrem Mund. Ein paar verfingen sich in ihren langen, dunkelblonden Haaren. Meine Finger kribbelten die Krümel wegzubürsten. Die Haarbesessenheit meiner Geliebten, färbte langsam auf mich ab.
Leise schwang die Tür zum Schlafzimmer auf. An den Rahmen gelehnt blinzelte uns die Königin müde an. Eine der Decken, um ihren Körper geschlungen.
„Sie lügt nicht.", sagte die Elfe und gähnte herzhaft.
Der Rest der Süßigkeit rutschte Rosalie aus der Hand. Speck und Teigfetzen verteilten sich auf dem Boden.
„Beim weisen Drachen. Iris. Was hast du gemacht? Wir dachten du wurdest gefangen genommen. Wir haben uns Sorgen gemacht. Und...ahm...seid gegrüßt."
Verwirrt richtete Rosalie sehr spät das Wort an die Königin. Diese nickte träge und antwortete: „Seid gegrüßt. Ich freue mich sehr euch kennenzulernen. Selbst wenn die Umstände nicht die Besten sind."
Mit jedem Wort kam mehr Lebensgeist in meine Geliebte. Sie bündelte ihr Haar in einer Hand und band es mit einem mir sehr bekannten Lederband zusammen. Es steckte in ihrem Ausschnitt.
Hitze erfasste mich beim dem Gedanken, dass eines meiner Geschenke so nah an ihrem Busen geruht hatte.
Eine sehr unliebsame Erscheinung in Anwesenheit meiner kleinen Schwester.
„Also seid ihr zwei ein Paar?", stellte Rosalie die entscheidende Frage.
Die Königin blickte mich auffordernd an. Nun war der Moment gekommen zu ihr zustehen.
„Das sind wir. Wir lieben uns."
Ich verkündete es mit fester Stimme. Ohne jeden Zweifel.
Ein glückliches Lächeln brachte das Gesicht meiner Geliebten zum Strahlen.
Sie hauchte mir einen Kuss zu. Meine Wangen brannten.
Abstand war keine Lösung, dennoch erfüllte mich ihre Zuwendungen vor anderen Drache mit Scham. Ich schämte mich für meine Reaktion darauf.
Laut räusperte sich Rosalie. Auch ihr schien die Situation unangenehm zu sein.
„Nun. Dann freue ich mich für dich."
Ihre Worte klangen nicht ehrlich. Es machte mir Sorgen, denn ich hatte fest mit ihrer Unterstützung gerechnet.
„Natürlich auch für euch.", sagte Rosalie an die Königin gewandt.
Diese versuchte es mit einem freundlichem Lächeln, dass an meiner Schwester abschmetterte.
Die Elfe bekam einen zornigen Blick zurück.
„Kommt doch morgen zum Mittagessen. Iris. Ihr auch. Werte Königin."
Steif stakste Rosalie nach der Einladung zur Tür.
„Rosalie sags unseren Eltern bitte noch nicht. Das mach ich selbst. Ja?"
Mit einem knappen Nicken verkündete sie ihr Einverständnis, die Stirn besorgt in Falten gelegt.
Etwas bekümmerte sie eindeutig. In Anwesenheit der Königin würde sie es mir sicher nicht erzählen.
Kaum aus der Tür, rannte ich meiner Schwester nach.
„Iris. Warte. Lass mich nicht so stehen.", rief mir die Elfe nach.
„Tut mir Leid. Juna. Ich muss mit ihr alleine reden. Irgendetwas lief da ganz aus dem Ruder."
Rasch kam ich zu meiner Geliebten zurück und küsste sie zum Abschied.
„Du hast alles wunderbar gemacht. Keine Sorge. Ich bin gleich zurück."
Fest fasste ich ihre Hände und grinste sie an. Vor meiner Mutter durfte sie auf keinen Fall so verschlafen erscheinen. Das würde ich ihr später sagen.
Wie der Blitz schoss ich auf den Gang hinaus und fing Rosalie gerade noch ab, bevor sie in die Wohnräume meiner Eltern flüchtete.
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Drache und Silber
RomanceIris wird von ihrem König losgeschickt, um einen Heiratsantrag an die Elfenkönigin zu überbringen. Als dieser abgelehnt wird, läuft alles aus dem Ruder. girlxgirl