Silber und Drache 67

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Überrascht betrachtete ich mein nacktes Handgelenk. Ihre Geste war sicher freundlich gemeint, doch sie stellte mich vor Probleme.

„Wie öffne ich jetzt die Türen?"

Besaß ich ohne den Sucher die selben Freiheiten wie zuvor? Vermutlich mehr, wenn ich die Portale auf bekam.

„Das ist nicht schwer. Sie öffnen sich auf Wunsch, wenn man keinen Sucher trägt. Ich habe etwas besseres, dass du tragen kannst. Diesmal will ich es nicht wiederhaben."

Die Königin suchte nach etwas hinter meinen Kopf und zeigte mir danach ihre geschlossene Hand.

Als sie die Faust öffnete, fiel ein mir sehr bekanntes Schmuckstück heraus.

Sie wedelte das filigrane, silberne Armkettchen vor meinen Augen hin und her. Es klingelte leise.

„Willst du es tragen? Ich war sehr unglücklich, als du es dir herunter gerissen hast. Aber ich hab es reparieren lassen."

Die Mundwinkel theatralisch nach unten gezogen, wischte sie sich über die Augen.

Die Erinnerung an meine Momente der Wut, weckten Scham in mir. Allerdings hatte ich mich so verraten gefühlt, wie noch nie zuvor in meinem Leben.

„Tut mir Leid.", murmelte ich rau und langte nach dem Schmuckstück, „ ich war sehr wütend nach meiner Festnahme.

Flink versteckte die Elfe das Armband in ihrer Hand. Sie schüttelte den Kopf und lächelte mich unschuldig an.

„Ich hab dich verstanden, dennoch war es hart. Es war schwer mit dir zu reden, aber ich konnte dich nicht gehen lassen. Es tut mir auch Leid. Gib mir deinen Arm. Ich lege es dir an. Wie beim letzten Mal."

Brav streckte ich ihr mein Handgelenk hin. Sanft umfasste sie es und strich mit ihren Fingern darüber. Ein Kribbeln rann über meine Haut.

„Du weißt, dass auch dieses Armband voller Magie ist. Nicht wahr? Willst du es trotzdem tragen?"

Scheinbar konnte ich mich an ihre Magie gewöhnen. Wie den Sucher, fühlte ich ihr Geschenk nur am Anfang.

„Ich will. Ja. Aber sag mir zuvor, was es tut. Es war mir eine große Hilfe beim Schattenportalzauber. Kann es noch mehr?"

„Es dient zum Schutz.", hauchte die Elfe.

Sie drückte hauchzart ihre Lippen auf meinen Unterarm.

„Damit dir nichts passiert. Damals im Wald, nachdem du meinen Palast verlassen hast, wollte ich es dir geben. Damit du zumindest sicher bist, bis wir uns wiedersehen. Ich hätte deinen König wohl bald besucht."

Die Königin kicherte. Warm schmiegte sich das Silber an meine Haut, als sie mir das Kettchen anlegte. Mit einem kurzen Pulsieren, bemerkte mein Körper die Magie, die in dem Schmuckstück ruhte.

Vermutlich hätte ich das Armband nicht getragen, ohne ihre Entführung. Im Winterstein hätte ich es in eine Schublade geworfen und vergessen. Bis zu unserem nächsten Wiedersehen.

Erleichtert umarmte ich meine Geliebte. Zum Glück gab mein König gerne törichte Befehle.

Die Elfe kuschelte sich an mich und legte ihren Kopf auf meine Schulter. Sie schob ihre Hand unter mein Nachtgewand und kraulte über meinen Bauch. Angenehme Wärme durchflutete meine Haut. Mit einem zufriedenen Seufzen schloss ich die Augen. Der blumige Duft meiner Geliebten, streichelte meine Nase. Ein beruhigender Geruch.

Ich wollte mir ihr reden, ihr alles erzählen, was sie über den Winterstein wissen musste. Doch bleischwere Müdigkeit lähmte meine Zunge.

„Iris. Bist du glücklich, dass du bei mir bist?", fragte die Königin.

Ihre Stimme klang leise und unsicher.

„Ja."

„Also hab ich richtig gehandelt?"

Wie aus weiter Ferne hörte ich ihre Worte. Ich kämpfte gegen den Schlaf, um ihr noch länger zuzuhören.

„...Ja..", murmelte ich.

„Möge dich die Erdmutter sanft betten. Schlaf gut. Ich liebe dich, mein süßer Drache."

Ihr sanfter Kuss entlockte mir ein zufriedenes Seufzen.

„Hmm...lieb..dich."

Wie immer schlief ich viel zu schnell ein.




Die nächsten zwei Tage, bis zu unserer Abreise, vergingen wie im Flug.

Die Zeit, der Königin die Gepflogenheiten meiner Heimat zu erklären, lief mir davon. Zwischen ihren Bemühungen, den Palast auf ihre Abwesenheit vorzubereiten, fanden wir nicht viele Momenten zum Reden.

Abends war sie zu müde um zu lernen und verlangte Kuscheleinheiten. Ich teilte ihr Bett, in dem wir schliefen wie die Toten. Zu mehr fehlte uns die Energie.

An einem warmen Morgen, fand sich unsere Reisetruppe schließlich in einer Höhle unter dem Palast wieder, die den Elfen zum Reisen diente.

Ranja riss erstaunt die Augen auf, als sie die Königin neben mir stehen sah. Wütend fletschte Milanda die Zähne. Die Wache neben ihr, packte sie fest am Arm.

Ich hatte es nicht mehr geschafft, meine Begleiter zu besuchen, weil ich in den Räumen der Königin blieb. Wir nutzten jede freie Sekunde zum Reden.

Meine bevorzugte Wahl zum Reisen, wäre mein Pferd gewesen. Die Tage eingesperrt in den Gemächern der Königin, hatten mich unruhig werden lassen. Ich brauchte Bewegung.

Da die Elfe meinen Herrn offiziell besuchte, wurden wir auf der anderen Seite des Schattenportals erwartet. Außerdem kamen wir mit Gefolge. Die persönliche Leibgarde der Königin, zwei ihrer Berater, mehrere Hofdamen und Diener begleiteten uns. Desmon hatte sich kurzfristig dazu entschlossen, mitzukommen. Er halte sich viel zu selten unter Drachen auf, argumentierte er. Sein Geliebter, ein rothaariger Elf mit dem Gesicht voller Sommersprossen, der schüchtern das Gesicht gesenkt hielt, klammerte sich an seinen Arm.

„Ich wusste nicht, dass unsere Rückreise ein Staatsbesuch wird.", flüsterte mir Ranja zu.

Vielsagend ließ sie ihren Blick über die Menge schweifen.

„Ich hatte mir das auch anders gewünscht, aber die Königin wollte unbedingt mit.", antwortete ich.

Eine Hand landete zart auf meiner Schulter.

Meine Geliebte lächelte uns beide strahlend an.

Heute hatte sie sich besonders heraus geputzt. Lange Gewänder, aus dickeren Stoffen gegen die Kälte in meiner Heimat, reich verziert mit goldenen Ornamenten, bedeckten ihren Körper. Ausnahmsweise trug sie Schuhe, aus glänzendem Lack. Ihr Jammern, als sie das Schuhwerk anlegte, hing mir immer noch in den Ohren.

Ihre Krone ruhte auf ihrem Scheitel, kunstvoll eingeflochten in ihr Haar.

Auch ich war um edle Kleidung nicht herum gekommen. Immerhin bestanden sie aus Hose und langem Hemd. Die Stickereien mit Goldfaden und reichlichen Bänder, entsprachen nicht meinem Geschmack. Die Königin allerdings war glücklich. Damit gab ich mich zufrieden.

„Was gibt es denn zu tuscheln?", fragte sie mit unverhohlener Neugierde.

„Nichts besonderes.", zischte Ranja genervt zurück.

Ihr Blick ruhte auf der Hand meiner Geliebten.

„Tut mir Leid. Ich bin nur so neugierig, bei allem was meine Liebe angeht. Natürlich mische ich mich nicht ein, wenn Iris es nicht möchte."

Die Stimmer der Königin war eiskalt. Gezielt platzierte sie eine lauten Kuss auf meiner Wange. Sehr zu meinem Entsetzen.


Drache und SilberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt