Drache und Silber 62

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Kritisch warf ich einen Blick in den Spiegel, bevor ich das Badezimmer verließ. Ich hatte die Königin davon überzeugt, mich nach dem Haare waschen allein zu lassen.

Unwillig schlich sie davon, doch platzte nach ein paar Minuten mit einem Stoß Kleidung in den Händen wieder in den Raum.

Ich erschreckte mich so sehr, dass ich sie barsch hinaus schickte. Schmollend verzog sie sich, doch hauchte mir einen Kuss zu, bevor sich das Portal hinter ihr schloss.

Nun betrachtete ich mich in dem einzigem Gewand aus dem Stapel, dass ich mir nicht sofort wieder vom Leib reißen wollte.

Die Auswahl der Elfe erschütterte mich. Zwischen den luftigen Kleidungstücken aus hauchzarten Stoffen, fand ich nur ein paar Hosen. Kurze, lockere Beinkleider in dunklem Blau, mit Goldakzenten. Das passende Hemd, bedeckte meine Arme nicht und kam mit langen Bändern an den Seiten, die ich in meinem Rücken zu eine schlampigen Knoten zusammenwurstelte.

Mit einem lauten Seufzen betrachtete ich mein Spiegelbild. Wieder sah ich aus wie ein Püppchen.

Ich brauchte meine eigene Garderobe aus dem Winterstein.

Neben meinen anderen Besitztümern.

Als ich aus dem Bad trat, warf die Königin ein Buch zur Seite und sprang erfreut von einem der Sofas auf.

„Ah. Wie hübsch. Elfenkleidung steht dir wirklich gut."

Lächelnd betrachtete sie mich und strich mit ihren Fingern durch meine feuchten Locken.

Schließlich schlang sie die Arme um meine Taille und löste die Bänder in meinem Rücken. Sie band sie erneut und nickte zufrieden.

„Perfekt."

Das Wort passte eher auf sie, als auf mich. In einem Kleid aus zartem Grün, mit kurzem Tüllrock und einer großen Schleife um die Taille, das ihre grazile Gestalt hervorhob, stach sie mich mühelos aus.

Die Gewänder der Elfen passten perfekt zu ihr. Ich kostümierte mich damit bloß.

Ein geflochtener Haarkranz hielt ihr die Haare zurück. Winzige, goldene Löckchen ringelte sich auf ihrer Stirn.

Es gelang mir nicht dem Drang zu widerstehen, darüber zu streichen.

Die Elfe fing meine Hände und legte sie auf ihren Kopf. Als erteilte sie mir die Erlaubnis, ihre hübsche Frisur zu ruinieren.

Sorgsam tastete ich über ihren Zopf, ohne daran zu Ziehen.

„Komm mit ins Esszimmer. Der Tisch ist gedeckt und Desmon hat das Essen gebracht."

Sie wand sich unter meinen Fingern heraus und hüpfte davon, als sollte ich sie fangen.

Die Gemächer der Königin waren riesig. Vom Eingangsbereich bogen wir in ein weiteres Zimmer ab uns stiegen eine gewundene Treppe hinunter.

Dort erwartete uns eine gemütliche Essecke mit Sicht auf den Garten. Pflanzen mit großen, bunten Blumen zierten den Raum. Dazwischen versteckten sich verspielte Figuren aus Marmor und ein kleiner Springbrunnen, der die Luft mit sanften Plätschern erfüllte.

Desmon stellte eine weiße Schale auf den Tisch ab, als wir hereinkamen. Mit ehrlicher Freude im Gesicht trat er zur Königin und umarmte sie. Diese boxte ihn in die Seite und murrte:

„Was erzählst du für Sachen? Desmon. Kannst du nichts für dich behalten?"

„Nicht in diesem Fall.", antwortete der Halbdrache trocken und gab ihr einen Klaps auf den Po, bevor er sie losließ.

Drache und SilberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt