Drache und Silber 4

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Ich verstand nicht warum die Elfenkönigin sich uns in den Weg stellte, als wollte sie uns aufhalten. Eine so wichtige Person sollte sich Nachts in der Sicherheit ihres Palastes aufhalten und nicht allein in der Dunkelheit im Wald herumwandern.

Mein König verließ niemals allein den Drachenhorst.

Vielleicht hatte sie sich umentschieden und wollte dass wir unserem Herrn eine andere, positivere Nachricht überbrachten.

Ein anderen Grund unsere Abreise zu stören fiel mir nicht ein.

Die Königin benahm sich wirklich zu seltsam.

Nach wie vor auf Höflichkeit bedacht beugte ich kurz meine Oberkörper zur Begrüßung, achtete aber dabei darauf die Bewegung nicht zu hektisch auszuführen, dass mein Haar nicht nach vorne rutschte und meinen Nacken für Blicke freigab.

Wenn sich mein Körper dazu entschlossen hatte sich in seltsamen Gefühlswallungen zu verlieren, musste ich noch sorgfältiger auf die Kontrolle meiner Gedanken und Bewegungen achten.

„Seid gegrüßt, edle Königin. Wir wollten euch auf eurem Spaziergang nicht stören."

Ein Lachen antwortete meinem Gruß, es klang hell und fröhlich wie das eines Kindes und klingelte lieblich wie Glöckchen in meinen Ohren.

Es war kein Wunder, dass die Schönheit und Anmut der Elfe nah und fern so angebetet und in zahlreichen Gedichten und Liedern verehrt wurden. Von Geburt an flogen ihnen eine Reihe bewundernswerter Attribute einfach so zu.

Mühelos brachte die Königin mein Herz dazu schneller zu schlagen mit ihrem Lachen, nutzte dabei ihre unfairen Vorteile, die ihr die Natur geschenkt hatte.

Nicht das ich deshalb auf mein eigenes Volk herabsah, Drachen besaßen Vorzüge, von der jede der anderen Hochrassen nur träumen konnte; kräftige, ausdauernde Körper, eine Haut, die nur schwer verwundbar war und die schönsten Augen der Welt.

In unseren Augen spiegelten sich die Welt nicht, sie bargen Tiefe und Unendlichkeit in sich und strahlten dabei in den hellsten Farben.

Ein eisernes Feuer brannte in meinen eigenen Augen, hellblau, eingefasst in schwarz.

Wegen dieser Farben hatte meine Mutter nach meiner Geburt geglaubt ich sei ein mit Magie beglücktes Kind, doch das Geschenk des weisen Drachen, unseres Gottes, hatte sich niemals eingestellt.

Nicht einmal der kleinste Tropfen magischen Blutes floss durch meine Adern.

Als die Königin direkt vor mir stand strich sie die weite Haube ihres Umhangs nach hinten und zeigte ihr Antlitz. Schelmisch grinsend sah sie mich an, als wollte sie mich herausfordern, zu welcher Art von Spiel konnte ich nur ahnen.

Das Pferd neben mir schnaubte leise, es blies ein wenig Luft aus und brachte das Haar der Königin zum Fliegen. Scheinbar freute sich das Tier sie zu sehen, es versuchte das Maul nach vorn zu recken um an ihrer Schulter zu knabbern.

Sogar mein eigener Reisegaul verriet mich.

„Ihr habt mich gleich erkannt. Meine Hoffnung war ihr würdet mich früh genug sehen um mich nicht nieder zu reiten. Aber ihr habt mich sehr viel früher erkannt."

Die Königin streckte mit einem sanften Lächeln auf den Lippen die Hand nach vorn und berührte wieder mein Haar, dieses Mal zupfte sie neckend an einer Strähne direkt neben meiner Wange. Dabei strich die Rückseite ihrer Hand über meine Haut, ich merkte wie ich ein wenig zusammenzuckte bei der Berührung.

Absicht oder nicht, schon allein ihre Fingerspitzen an meinem Haar überschritten die Grenze die von Fremden normalerweise gewahrt werden sollte.

Mir fiel das Gespräch über das Anflimmern mit Ranja und Milanda wieder ein und wurde mir ihrer Gegenwart in meinem Rücken deutlich bewusst.

Drache und SilberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt