Das laute Zwitschern eines Vogels schreckte mich aus dem Schlaf. Ich öffnete die Augen und musste blinzeln, bis sich meine Sicht klärte.
Dann entdeckte ich den Störenfried nicht weit entfernt auf dem mächtigen Ast eines Baumes sitzen.
Seine kleinen, schwarzen Knopfaugen schienen mich zu mustern, und er schlug aufgeregt mit seinen hellblauen Flügel.
Wie konnte ein so kleines Tier einen solchen Krach veranstalten?
„Meinst du ich soll aufstehen? Wie soll ich schlafen können, wenn du hier so rumschreist," rief ich ihm mit sachter Stimme zu.
Das Vöglein legte den Kopf schief, dann zwitscherte es ein weiteres Mal.
Träge setzte ich mich auf, gähnte und streckte mich ausgiebig.
Ich fühlte mich wunderbar ausgeruht. Kein einziger meiner Muskeln und keines meiner Gelenke schmerzte, wie so oft nach langen Reisen.
Kraft und Tatendrang erfüllten mich, so schlug ich schnell die wunderbar weiche Bettdecke zur Seite, um rasch aufzustehen.
Mitten in der Bewegung erstarrte ich, als ich bemerkte, dass ich immer noch meine Rüstung trug.
Warum sollte ich mich in ein frisch gemachtes Bett legen, wenn ich noch mein schmutziges Reisegewand trug?
Ärger spülte plötzlich wie eine mächtige Welle über mich, doch noch versteckte sich der Grund für die Gefühlswallung irgendwo am Rande meines Bewusstseins.
Meine Fäuste geballt blickte ich mich um. Der Ort an dem ich mich befand, war mir vollkommen unbekannt.
Die Umgebung stürzte mich in Verwirrung, denn ich konnte mich nicht einmal darauf festlegen, ob ich mich in einem Raum, oder im Freien aufhielt.
Über mir erstreckte sich das Blätterdach mehrere Laubbäume, doch kein Sonnenlicht brach durch ihre Zweige. Das breite Bett, auf dem ich geschlafen hatte, wuchs aus einem Baumstamm heraus, wie eine riesige, knorrige Wurzel.
Als ich beschloss mich genauer umzuschauen, deshalb zur Bettkante rutschte und meine bestrumpften Füße auf den Boden setzte, stelle ich erstaunt fest, dass dieser aus dunklen Holzfliesen bestand.
Neugierig sah ich mich um, und entschied nach einer kurzen Weile, dass ich mich in einem Zimmer befand, welches in seiner Gestaltung einem Wald ähnelte.
Alle Möbel schienen aus Bäumen herauszuwachsen, doch hinter ihren dicken Stämmen und zahlreichen Blättern versteckten sich grün bemalte Wände. Ich fand weder Fenster noch Türen, und begann mich deshalb zu wundern, wie der Vogel in das Zimmer gefunden hatte.
Als Lichtquelle dienten grünlich leuchtende Kugeln, die sich in den Zweige der Bäume verbargen.
Mit der Erkenntnis, dass nur Elfen danach strebten ihre Räumlichkeiten in Natur zu verwandeln, kehrte die Erinnerung meiner Festnahme zurück.
Die Wut, die mich zuvor schon übermannt hatte, brodelte erneut in mir hoch.
Die Königin hatte mich betrogen. Von Anfang an hatte sie ein Spiel mit mir gespielt.
Wie hatte ich nur so idiotisch handeln können? In meinen ganzen 602 Lebensjahren, hatte ich noch niemals eine größere Dummheit begangen.
Viel schlimmer als meine eigener verletzter Stolz, der höllisch schmerzte, war, dass ich Ranja und Milanda mit in dieses Unglück hineingezogen hatte.
Ich hatte sehr schnell das Wissen erlangt, dass die Königin allein nach Hause zurückkehren konnte, doch ich hatte ihrem Willen nachgegeben, weil ich ihre Gefühle nicht hatte verletzen wollen.
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Drache und Silber
RomanceIris wird von ihrem König losgeschickt, um einen Heiratsantrag an die Elfenkönigin zu überbringen. Als dieser abgelehnt wird, läuft alles aus dem Ruder. girlxgirl