Drache und Silber 94

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„Wir werden heiraten.", gab ich trocken als Antwort.

Die Worte wirkten kraftvoller als ein Faustschlag. Mit offenen Mund starrte mich Vigour an.

„Bist du dir sicher?"

Juna schlug ihm die flache Hand auf den Scheitel.

„Natürlich ist sie das.", zischte sie verärgert.

Schlagartig wurde es still im Raum. Freunde und Berater von Vigour, die um den Tisch verteilt saßen, starrten uns besorgt an. Nur die Harfe erklang weiterhin.

Der Schlag einer Elfenkönigin gegen einen Drachen gerichtet, konnte als Kriegshandlung verstanden werden.

„Tut mir ja Leid. Sie heiratet dich. Was immer sich Iris dabei denkt."

Murrend rieb sich Vigour den Kopf. Die Gespräche im Raum wurden wieder aufgenommen.

„Ihr wolltet mich schließlich auch heiraten.", sagte die Königin.

Die Untersuchung war beendet. Meine Geliebte tätschelte Samuel sacht die Wange und ermahnte den Jungen, sich viel Ruhe zu gönnen, bevor sie sich neben mich setzte.

„Ich bin ein König. Ich weiß, wie es ist zu herrschen. Iris hat davon keine Ahnung."

Juna stahl sich eine Apfelscheibe von einer der Platten und hielt sie mir an den Mund. Brav biss ich davon ab

„Das muss sie nicht haben."

Sie streichelte mir über das Haar.

Diese Liebkosungen in der Öffentlichkeit, trieben mir immer noch die Röte ins Gesicht. Doch ich hatte mir vorgenommen, zu Juna zu stehen. Meine Geliebte verhätschelte mich gern. Ich musste mich daran gewöhnen.

Um meine Verlegenheit zu überspielen, sagte ich hastig:

„Nun was ist? Kämpfst du mit mir? Nur als Schauspiel. Mit Übungswaffen."

Vigour nahm sich etwas Zeit zum Antworten. Er rückte Samuel auf seinem Schoß zurecht und faltete die Decke fester um ihn herum. Fürsorglich zog Vigour den weichen Stoff hoch bis zur Nasenspitze des Jungen. Wild blinzelnd versuchte Samuel seinen Arm frei zu kriegen, bis mein Herr ihn fest an sich drückte.

Die Wange an Vigours Brust gelehnt, schloss der Junge träge die Augen.

Währenddessen saß ich auf Kohlen. Um mich abzulenken, langte ich nach einem Teller, um meiner Geliebten fleischlose Speisen aufzuladen. Davon fand ich nicht viele.

Mal wieder konnte ich ihr nur Gebäck, Obst und Nüsse anbieten, doch sie nahm lächelnd den Teller.

Schließlich räusperte sich mein Herr laut.

„Nun. Wir können kämpfen. Aber willst du wirklich nur Übungswaffen benutzen? Das ist langweilig. Bei einem Liebesduell, sollte zumindest ein bisschen Blut fließen. Die Zuschauer sollten sehen, wie ernst es uns ist. Sonst können wir es gleich lassen."

Ich haschte nach dem Blick meiner Geliebten, die die Stirn in tiefe Falten gezogen hatte.

Als ich ansetzten wollte zu reden, knallte sie mir die Hand auf den Mund und schüttelte heftig den Kopf.

„Wenn ihr Blut sehen wollt, dann lasst euch von Iris in Stücke schneiden. Ihr Blut wird nicht fließen."

Vigour grinste breit.

„Wie konnte ich euch nur jemals anziehend finden? Ihr habt einen unerträglichen Charakter.", sagte er kalt.

„Das Kompliment kann ich zurückgeben. Nur fand ich euch niemals auch nur einen Hauch anziehend."

Die Beiden funkelten sich über den Tisch hinweg wütend an.

Rasch befreite ich mich von der Hand, die mich am Sprechen hinderte.

„Wir benutzen Übungswaffen. Wir sind gut im Schwertkampf. Wir werden das Publikum sicherlich überzeugen können. Können wir es morgen abhalten. Die Königin und ich müssen bald abreisen."

Bevor sich die zwei die Köpfe einschlugen.

„Nun gut.", Vigour lehnte sich zurück und verschränkte die Arme.

„Weil ich dir einen Wunsch versprochen habe. Du wirst mich auf die Hochzeit einladen. Ja? Ich und Samuel werden kommen."

Meine Geliebte schnaubte laut.

„Wir können uns nicht einfach so einladen.", piepste Samuel leise.

Mein Herr legte ihm die Hand auf den Kopf und der Junge verschwand noch tiefer in seinem Deckenkokon.

„Schon gut Samuel. Ich mach das schon. Mein Mäuschen."

Wie immer überhörte Vigour die Stimme der Vernunft. Breit grinste er uns an.

„Ich werde das Duell bekannt geben. Für Morgen Mittag. Danach gibt es ein Bankett. Und erwarte keine Gnade. Iris. Ich werd dich verprügeln, dass sie dich vom Platz tragen müssen. Ich mach es mit meinem Geschenk zur Hochzeit wieder gut."

Juna verkrampfte sich merklich neben mir. Ich spürte, dass ihre Geduld langsam verrauchte.

Energisch schlug ich auf den Tisch. Die Platten schepperten und Samuel, der gerade wieder die Augen geschlossen hatte, riss sie erschrocken auf.

Abermals verstummten alle Gespräche.

Laut begann ich zu Lachen.

„Du wirst vom Platz getragen werden, mein Freund. Beim Bankett wird Samuel dich füttern, weil du den Löffel nicht mehr halten kannst. Aber nun wird es Zeit zu gehen. Ich werde mich auf Morgen vorbereiten."

Ich riss meine Geliebte vom Stuhl hoch und schlang meinen Arm um ihre Taille.

Auch Vigour lachte.

„Nun. Wir werden sehen. Wir werden sehen."

Mit einem majestätischen Winken verabschiedete er uns.

Juna zitterte vor Wut. Beruhigend streichelte ich ihr über den Rücken, als ich sie nach draußen führte.

„Bastard.", murmelte sie.

Verwundert blickte ich zur Seite. Meine Geliebte benutzte selten derartige Schimpfwörter.

Wortlos ging sie neben mir her. Vor der Tür zu Vigours Gemächern, warteten die Elfenwachen auf uns. Sie folgten uns mit großem Abstand.

Stets hielten sie sich in der Nähe der Königin auf.

Kaum waren wir um die Ecke, für einen kurzen Moment verschwunden aus allen wachsamen Augen, drückte mich Juna an die Wand.

Ernst starrte mich meine Geliebte an. Mein Herz klopfte ein wenig schneller.

„Wenn er dich verletzt, tu ich ihm ebenfalls weh. Verstanden. Verteidige dich so gut du kannst. Noch lieber wäre es mir, du verprügelst ihn so sehr, dass er für Wochen nicht mehr gehen kann. Dann kann er auch nicht auf die Hochzeit kommen."

Ein grober Kuss folgte. Sie zog an meinen Haaren, doch nicht fest genug für Schmerzen.

„Ich tus für dich. Sei nicht mehr wütend. Vigour meint es auch nicht so."

Zart nahm sie meine Hände und streichelte mit den Daumen darüber. Ich lehnte mich vor und berührte ihre Lippen wieder. Mit einem Seufzen erwiderte sie den Kuss. Diesmal liebevoller.

„Ich mache mir Sorgen, dich im Kampf zu sehen. Ich fühl mich nicht wohl dabei, als könnte ich dich jeden Moment verlieren. Wenigstens trägst du mein Armband. Es wird dich schützen."

Normalerweise dachte ich nicht daran, dass ich das Kettchen trug. Im Duell würde es mir einen unfairen Vorteil verschaffen. Ausreichend Grund, um es abzulegen, denn ich wünschte mir einen fairen Zweikampf.

Unschuldig lächelte ich meine Geliebte an, sehr darum bemüht, meine Gedanken nicht zu verraten.

Dieses eine Mal, würde ich ihr meinen Plan verschweigen und ihr weitere unnötige Sorgen ersparen.


Drache und SilberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt