Drache und Silber 122

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Kühler Tau auf meiner Haut begrüßte mich am Morgen. Mit einem breiten Gähnen setzte ich mich auf. Einzelne Sonnenstrahlen schafften es durch das dicke Blätterdach und malten hellen Streifen ins Halbdunkel. Die Lichter mochten die Sonne, sie tanzten um die Strahlen herum und klingelten heller.

Zusammengerollt lag Juna dicht neben mir, die Hand in mein Leinenhemd gekrallt. Feuchte Strähnen klebten in ihrer Stirn, doch sie lächelte im Schlaf. Ein Kuss am Morgen. Ich beugte mich zur ihr und drückte meine Lippen auf ihre weiche Wange. Dem Drang ihr das Haar aus der Stirn zu streichen, gab ich nicht nach, denn ich wollte sie nicht wecken. Stattdessen zog ich ihre Hand vorsichtig von mir und robbte von unserem Bett aus Moos herunter. Natürlich waren wir den Terminen davongelaufen, den ewig nervigen Ministern, Schneidern und Hofdamen, die an unsere Tür klopfte, deshalb hätte ich bleiben und meine Königin einfach nur ansehen können. Ein Vergnügen dem ich manchmal nachgab. Dann badete ich in ihrer Schönheit, mit verliebt flatterndem Herzen und begann mich mit den verstreichenden Minuten zu fragen, warum sie mich liebte. Warum sie mich als einzige Liebe erwählt hatte. Oder hatte das Leben ihr keine Wahl gelassen und sie aus einer Laune heraus an mich gekettet?

Um den trüben Gedanken nicht zu verfallen, stand ich auf und tarnte es mit dem Vorhaben, ein Frühstück zu finden. Durch die dicken Stämme der Bäume, erblickte ich den Schrein der Mutter. Die Sonne tauchte in den Nebel, der über der Lichtung hing und bemalte die Szenen mit einem goldenen Schleier. Nur die Mutter blieb sichtbar. Unberührt im Heiligenschein.

War sie es, die mich für Juna ausgewählt hatte? Die beste Wahl, weil sie wusste das ich Junas Liebe nicht enttäuschen würde.

Obwohl ich darauf vertraute, dass meiner schlafenden Liebsten, ganz unbeschützt im Wald der Lichter kein Leid widerfahren würde, entfernte ich mich nicht weit von ihr. Im glitzerndem Bach neckten mich die silbernen Fische, sie flitzten hin und her.

„Als ob ich euch fangen will. Juna mag euch nicht essen.", belehrte ich die Tiere und stieg über den Bach hinweg. Ein Blick zurück zu meiner Liebsten. Sie regte sich nicht.

Dicht an einen Felsen gedrängt, an dem Efeu nach oben rankte, fand ich ein Feld wilder Büsche. Besetzt mit langen Dornen unter kleinen, festen Blättern, schaffte sie es nicht ihre süßen Früchte vor mir zu verteidigen. Stechbeeren, die wie Unkraut überall in den Wäldern um den Elfenpalast herum aus dem Boden schossen und von deren süßen Beeren ich mich oft den Nachmittag über ernährt hatte, wenn ich mit meinen Freunden den Schwertkampf übte. Im inneren Palast wuchsen sie nicht, weil dort nichts leben durfte, dass Dornen hatten, giftig war, oder in irgendeiner Form das Paradies zu ruinieren versuchte. Stechbeeren waren nicht lieblich, wurde mir mitgeteilt, als ich fragte ob man ein paar anpflanzen konnte.

Aber sie schmeckten gut, also füllte ich zwei Beutel und brachte sie meiner Königin.

Sie streckte sich, als ich mich zu ihr setzte. Müde blinzelte sie und fasste den Saum meines Hemdes.

„Ich wach auf. Und du bist weg. Immer machst du das.", sagte meine Liebste. Die Stimme leise, aber deutlich anklagend.

„Tut mir leid. Ich hab Frühstück besorgt."

Ich streichelte ihre Wange und sie murrte, wandte das Gesicht nach oben und spitzte die Lippen. Auf ihrer Backe klebten Fetzen vom Moos. Rasch erfüllte ich ihren Wunsch und küsste sie. Dann rubbelte ich das Moos mit meinem Ärmel von ihr herunter.

„Was machst du? Du frecher Drache."

Sie fing meinen Arm

„Ich putze dich."

Juna kicherte und drückte meine Handfläche gegen ihre Lippen.

„Das nennst du putzen? Wenn ich schmutzig bin, musst du mich zum Bach bringen."

Ein unschuldiger Augenaufschlag. Erwartungsvoll umklammerte sie meinen Arm fester.

„Kannst du mich loslassen? Dann trag ich dich.", flüsterte ich.

Ein Kloß saß in meinem Hals und ärgerte mich. Er ließ meine Stimme zittern.

Meine Königin und ich hatten lang keine Zeit zu zweit mehr gehabt, außer wir schliefen dicht gedrängt und hielten uns fest bei den Händen, weil wir uns vermissten. Die gestrige Müdigkeit hatte der Schlaf vertrieben und wir waren endlich allein.

Wenn Juna baden wollte, wusste ich immer was passierte.

Ich fädelte die Hände unter sie und stand mit ihr auf. Leicht wie eine Feder schwebte sie auf meinen Armen und ich hielt sie wie eine Prinzessin. Elfen wogen viel zu wenig. Jeder ordentliche Drache konnte sie herumschleudern. Ein Rätsel wie sie gegen uns im Kampf bestehen konnten.

Meine Liebste lachte auf und schlang die Arme um meinen Nacken. Sie passte nicht auf, ihre nackten Arme rieben gegen meine empfindlichen Schuppen und ich musste an mich halten, dass ich Juna nicht von mir warf.

Tapfer hielt ich dem Kribbeln stand und trug sie die paar Schritte zum Wasser. Meine Liebste küsste meinen Hals.

Mit den nackten Füßen voraus stellte ich sie im Bach ab, das Wasser reichte ihr bis knapp unter die Knie. Der zerfetzte Saum ihres Kleides sog sich mit Wasser voll. Die Fische schwärmten heran und erkundeten ihre Zehen.

Ich verharrte und sie zerrte an meinem Hemd. Meine Stiefel platschten laut im Wasser und die Fische stoben in Panik davon.

„Du bist auch schmutzig.", hauchte Juna.

Mein Herz stolperte, um es zu beruhigen nahm ich einen tiefen Atemzug.

„Wollen wir vorher essen? Ich hab Frühstück, hier im Beutel."

„Hier?"

Sie zog eine Augenbraue nach oben und fasste an meinem Gürtel, wo ich die Beutel befestigt hatte. Nervös knotete ich die Schnur auf, mit dem der Sack verschlossen war.

Als sie nähertrat, drückte sie die Brust gegen mich. Bestimmt schob sie meine Hand zur Seite und langte nach den Beeren. Juna zerquetschte ein paar in ihren Händen und roter Saft lief ihre bloßen Arme hinab.

Ein klebriger Brei blieb in ihrer Hand zurück.

„Warum bist du so nervös? Mein Drache. Wir sind hier, um uns zu verbinden. Dafür brauche ich kein Frühstück. Du weißt doch, was ich brauche."

Ein Feuer brannte in ihren Augen und nur ich wusste, wie ich es löschen musste.


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