K A P I T E L 1

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„Wieso führen wir beide eigentlich immer wieder dieselbe Diskussion?" meine Augen finden die meiner Mutter und ich bin so geladen.
Stink sauer, dass sie einfach nicht verstehen will, dass ich Niemanden kennenlernen will. Schon gar nicht auf die Weise wie sie es für richtig hält oder die Männer die sie im Auge hat.
„Wie lange willst du denn noch warten?" ihre Augen liegen nicht mehr so schroff auf mir.
„Anne, so lange es eben dauert. Du kannst nicht Gott spielen und denken, dass ich mich sofort in einen Mann verliebe den du mir vorstellst. Verstehst du?" Ich bin mittlerweile so erschöpft von diesen ewigen Unterhaltungen die kein Ende finden und sich wirklich permanent wiederholen.
„Ich will nur das du glücklich bist." Meine Mutter setzt sich auf den Sessel im Wohnzimmer und ich stehe seufzend auf. Ich gebe ihr einen Kuss auf die Stirn „Ich weiß Anne." murmle ich und gehe meine Jacke anziehen um aus dem Haus verschwinden zu können.

Für viele aus unserem Kulturkreis mag es nicht verständlich sein, dass ich mit 25 immer noch nicht verheiratet, geschweige denn verlobt bin aber ich kann diesen Teil meines Lebens nicht einfach erzwingen. Schon gar nicht mit den Männern die meine Mutter im Blick hat. Ich habe ein mal ihr zu Liebe zugestimmt und dies stellte sich dann als eine der schlimmsten Erfahrungen dar, die ich machen durfte.
Versteht mich nicht falsch, es lag nicht an meinen ach so hohen Erwartungen wie meine liebreizende Familie zu pflegen sagt nein sondern daran, dass ich bestimmte Standards habe. Aussehen und Geld spielen genau genommen keine große Rolle. Aber was ich nicht verstehe ist, wie Männer orientierungslos durchs Leben spazieren können und alles so hinnehmen wie es kommt. Ihr Leben nicht in die eigene Hand nehmen. Ich brauche Niemanden der zehn Tausend im Monat verdient, ich verdiene Gott sei Dank genug um mich und auch eine Familie ernähren zu können, ich brauche keine Absicherung. Aber ich will nicht irgendwann die Scheidung einreichen müssen, weil mein Ehemann vor sich hindümpeld und einfach Nichts aus seinem Leben macht.

Es gibts Nichts schlimmeres als sowas. Es gibt Männer, ja sogar Frauen mit vielleicht weniger Kraft, die unter glühender Sonne auf der Baustelle arbeiten. Es gibt Chirurgen, die mehrere Stunden einen Op leiten. Ja es gibt sogar Prostituierte, die ihren Körper zur Verfügung stellen um von Etwas leben zu können und sich vielleicht etwas aufbauen wollen. Diese Menschen, die hart arbeiten egal mit was und in welcher Branche haben meinen Respekt. Und da soll ich mich mit jemanden zufrieden geben, der keine Vorstellung davon hat wie er durchs leben will? Darauf kann ich nur verzichten.

Etwas weniger wütend, steure ich auf das Gebäude zu in dem ich jetzt sehr wahrscheinlich die nächsten Wochen zum Teil verbringen werde.
„Frau Duman, guten Morgen." wünscht mir Celine, eine unserer Werkstudentinnen.
„Guten Morgen Celine. Wie oft habe ich dir gesagt, das wir uns beim Namen ansprechen können? Ich bin nur ein paar Jahre älter." gebe ich schmunzelnd von mir und lege meinen Mantel auf einen Klapptisch, der mitten im Raum steht.
„Ja ich erinner mich. Aber es fühlt sich komisch an meine Vorgesetzte beim Vornamen anzusprechen."
Ich schüttle nur belustigt meinen Kopf und schaue mich in dem geräumigen Raum um.
„War der Architekt schon da?" frage ich während ich mir die abgesplitterte Farbe an den Wänden anschaue und vor meinem geistigen Auge schon vor mir sehe, wie es hier aussehen könnte.
„Nein aber er sollte jeden Moment da sein." ich nicke und gehe nochmal auf den Klapptisch zu, auf dem ich schon mal beginne, die ganzen Verträge und Formulare auszubreiten.

Als ich die letzte Liste auf den Tisch lege höre ich schwere Schritte, die sich der offenen Tür immer weiter nähern.
Als ich meinen Blick hebe begegne ich einer breiten Statur und das erste was mir auffällt ist, die starke Dominanz die von diesem Mann ausgeht. Es ist nicht die Art von Dominanz bei der man sich nicht traut etwas zu sagen sondern eher genau das Gegenteil.
Man will beweisen, dass man auch dagegen ankommt und es wert ist respektiert zu werden.
„Guten Morgen, Sie müssen Herr Akyüz sein." ich laufe mit präzisen, festen Schritten auf ihn zu und blicke ihm gerade aus in die grünen Augen.
Sein dunkler Bart steht in einem Kontrast zu diesen hellen Augen und auch die dunklen Haare.
„Guten Morgen Frau Duman. Danke für das schnelle Treffen." er reicht mir seine Hand die ich sofort annehme und schüttle.
„Das ist für Beide Seiten ein Vorteil. Ich will das dieses Haus in spätestens fünf Monaten bezugsfertig ist, damit die Kinder endlich einziehen können." ich deute ihm mit einer Geste mit, dass er mir folgen soll.
„Hier unten sehen Sie ja, dass noch viel zu tun ist. Alle Böden müssen ausgehoben werden und neu versetzt werden. Ich denke mal, dass Sie ihre Kontakte für Heizung und so weiter haben.
Aber wir haben Glück, dass die oberen Zimmer nicht so schlimm betroffen sind. Da sollte es laut Begutachtung nicht so lange dauern." ich gehe die Treppen hinauf und der groß gewachsene Mann folgt mir ohne Bemerkung.

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