K A P I T E L 61

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Die Zeit vergeht neuerdings viel zu schnell. Ich habe Unmengen an Arbeit zu tun und beschäftige mich in meiner freien Zeit ausschließlich mit meiner Familie, weil sonst alles zu Kurz kommt. Dazu muss ich erwähnen, dass mir die Ablenkung wirklich sehr gut tut, ich fange langsam an zu mir zu kommen und der Gedanke daran, dass Allah für alles einen Sinn und für jeden einen Plan hat, lässt mich Nachts ruhiger schlafen und Morgens nicht mehr ganz so benommen aufstehen.

Es gibt heute viel zu tun. Wir alle müssen uns heute besonders an unseren Zeitplan halten, da Heute schon Assiyas Einschulung ist. Wir haben sie im vergangenen Monat gar nicht mehr ruhig gekriegt. So glücklich war sie darüber, dass sie jetzt endlich in die richtige Schule darf. Wir haben uns auch für eine wundervolle Grundschule in der Nähe entschieden, wo auch viele ihrer Freunde hingehen, und somit wird sie hoffentlich einen schönen Start haben, mit Menschen die sie kennt und mag.

Wir haben es gerade Mal sechs Uhr in die Früh, als ich mich in Ateş Armen drehe und ihn sanft an seiner Schulter versuche wach zu rütteln. Er ist viel später als ich schlafen gegangen, da er in letzter Zeit wieder viele große Projekte bekommen hat, die ihm viel Kraft und Zeit rauben aber er ist mit solch einer Leidenschaft dabei, dass es ihm wohl nichts auszumachen scheint. Sogar als als sein Vater angerufen hat, hat es ihn fast nicht aus der Fassung gebracht. Er war wütend, und das sehr aber er hat das Handy durch seinen festen Griff zumindest nicht in tausend Scherben zerspringen lassen. Das sehe ich als Fortschritt.

Ich weiß das seine Eltern uns viel Schaden und Unglück beschert haben aber es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an sie denke und innerlich bete, dass sie einen Blitzschlag kriegen und die Eltern werden, die mein Ehemann verdient hat. Umso mehr freue ich mich über die täglichen Telefonate die er mit meinen Eltern führt und über die Besuche die fast täglich stattfinden.

In unseren kulturellen Kreisen ist es normal, dass man die Schwiegereltern irgendwann auch mit Anne und Baba anspricht aber als Ateş das schließlich getan hat, wäre meine Mama fast in Tränen ausgebrochen. Danach stand sie den ganzen Tag in der Küche und hat all seine Lieblings Gerichte gekocht. Wenn ich sage, wir hätten Ateş an diesem Abend nach Hause rollen können, ist das nicht gelogen. Ich weiß nicht wie ein einzelner Mann, trotz seiner Größe und Statur diese Mengen an Essen verdrücken konnte aber er hat es geschafft.

Er reagiert nur schwach auf mein Rütteln, weswegen ich seine Schulter etwas fester greife. Wir hatten nach dem Morgengebet Schwierigkeiten wieder einzuschlafen, aber die Stunde hat er dennoch genutzt und ist wieder tief eingeschlafen.
„Askim, wir müssen aufstehen." ich gebe ihm einen Kuss auf die Wange und setze mich langsam auf und genieße, dass er mich im Gegensatz fester an sich zieht und seinen Kopf auf meinen Schenkeln ablegt. Er gibt ein zufriedenes Murmeln von sich, als ich anfange seine Kopfhaut zu kraulen.

„Wir müssen zur Arbeit und Assiya bei meinen Eltern absetzen." Ateş und ich fangen heute schon viel früher an und Arbeiten bis neun Uhr, damit wir noch genug Zeit haben Assiya abzuholen uns Zuhause fertig zu machen, Ihre Schultüte zu befüllen und pünktlich um zwölf Uhr in der Schule zu sein. Davor habe ich aber noch einen Termin bei meiner Frauenärztin, bei dem es sich aber diesmal nicht um die Schwangerschaft dreht sondern nur um eine Vorsorgeuntersuchung.

Ich will gerade Ateş weiter kraulen, als mir ganz schwindelig wird und sich der gesamte Raum zu drehen scheint. Ich packe mir zischend an die Schläfe und versuche das rauschen in meinen Ohren zu ignorieren und mich darauf zu konzentrieren, mich nicht dem Gefühl der Ohnmacht hinzugeben. Was ist denn jetzt auf ein mal los? Solche Aussetzer hatte ich so lange schon nicht mehr.

„Was ist los?" Von Ateş Müdigkeit ist nichts mehr zu sehen und seine Augen sind wachsam auf meine gerichtet „mir ist nur etwas schwindelig." murmle ich und lege den Kopf langsam in den Nacken. Ateş reagiert sofort und legt mich wieder sachte hin und legt meine Beine hoch „Ich bringe dir kaltes Wasser, Sekunde." murmelt er und läuft in die Küche.
Mit einem großen Glas Wasser kommt er wieder in das Zimmer und reicht es mir vorsichtig. Anstatt loszulassen führt er das Glas gemeinsam mit mir an meine Lippen und stützt mich dabei.

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