K A P I T E L 59

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Tick, tick, tick. Die Uhr im Wartezimmer reizt mich bis ins unermessliche. Ich bin kurz davor dieses verdammte tickende Ding, von der Wand zu reißen aber äußerlich lasse ich mir nichts anmerken. Außer vielleicht, dass ich Ateş Hand in meiner zu feste drücke. Von ihm kommt aber kein einziger klagender Laut. Er versucht sich seine Angespanntheit nicht anmerken zu lassen aber ich merke, dass er auch am liebsten durch das Wartezimmer rumtigern wollen würde, sich aber für mich zurück hält. Ich konnte dieses ewige Warten in den Wartezimmern noch nie leiden, immer haben sie Nervosität und Stress bei mir verursacht. Dieses beklemmende Gefühl in meiner Brust ist viel zu präsent und intensiv, als dass ich es ignorieren könnte. Meine Ärztin könnte mir gleich alles mögliche sagen. Von gut bis schlecht ist alles möglich. Vielleicht ist ja etwas nicht in Ordnung und ich wüsste wirklich nicht wie ich damit umgehen soll. Solche Situationen überfordern mich meistens.
„Bitte beruhig dich." Ates legt seine Hand um mein Knie.  Sofort spüre ich die Wärme die von seiner Berührung ausgeht, durch mein leichtes Sommerkleid. Das Kleid, ist ein großer Kontrast zu meiner Stimmung. Es ist in einem altrosa und hat lange Ballonärmel. Ich liebe dieses Kleid und hoffe einfach, dass es auf magische Weise Einfluss auf die bedrückende Stimmung hat. Ich hätte den Termin auch schon fast verpasst, weil ich Zuhause am beten war, da ich einfach keine Ruhe gefunden habe.

Bevor ich Ates überhaupt antworten kann, kommt ein junges Mädchen in das Wartezimmer und ruft mich auf. Ich schätze mal, dass sie eine Auszubildende ist, denn sie sieht ziemlich unbeholfen aus. An einem anderen Tag, hätte ich darüber lächeln können aber Heute ist mir einfach nicht danach. Sie führt uns in einen der Behandlungsräume und bittet uns, uns hinzusetzen.
„Ich habe Angst." gestehe ich und lege meine Hände auf meinen Schoß, da ich vor Nervosität nicht an meiner Nagelhaut rumpeln möchte.
„Egal was sie sagen wird, du bist damit nicht alleine." Daraus, dass ich Ates nicht in Unruhe versetzen wollte, wurde leider nichts, denn nach zwei Stunden hat er mir mein ‚mir geht es gut' nicht abgekauft „Wir sollten uns nicht schon vorher alles schlecht reden, dass belastet uns nur. Vor allem, so sensible Herzen wie du es hast." Der Kuss auf meine Schläfe, beruhigt mich halbwegs. Ich will diesen Tag einfach nur hinter mich bringen. Ich bin so angespannt in den letzten Stunden gewesen, dass ich jetzt bestimmt zwölf Stunden durchschlafen könnte.
Jemand klopft nach zehn Minuten schließlich an der Tür und geöffnet wird sie von meiner Ärztin, die uns Beide freundlich begrüßt „So Frau Akyüz, ihre Ergebnisse sind da. Wir können alles Schritt für Schritt durchgehen und sobald sie Fragen haben, dürfen Sie mich unterbrechen und ich beantworte Ihre Fragen." Angespannt nicke ich und nehme Ates Hand in meine, die mir etwas Trost spendet.
„Eigentlich waren all Ihre Werte sehr schön anzusehen und auch trotz Ihrer Beschwerden während Ihrer Menstruation, haben wir erst ein Mal nichts unauffälliges gefunden aber das würde ich mir dennoch genauer anschauen wollen. Aber das Einzige, dass mir wegen ihrem Kinderwunsch Sorgen macht, ist das ihr Hormonhaushalt - sagen wir, nicht die Bedingungen aufweist, um problemlos schwanger werden zu können." Sie fängt an aufzuzählen, was genau mit meinem Hormonhaushalt nicht stimmt und ich will ihr wirklich zuhören aber drifte wieder vollkommen ab. Ich weiß das Hormone eine ganz Zentrale Rolle bei einer Schwangerschaft spielen und ich weiß nicht was ich in diesem Moment fühlen oder denken soll. Ich danke Gott , dass es nicht etwas schlimmeres ist aber ich weiß dennoch, dass es ein schwerwiegendes Problem werden könnte.

„Und was bedeutet das jetzt für meine Frau?" möchte Ates angespannt wissen. Er ist so ein guter Vater und ich würde ihm dieses Geschenk eines Kindes so gerne wieder bescheren, dass mir vor Unbehagen fast die Tränen kommen. Ich benehme mich so unrational , so verdammt untypisch für mich. Ich sollte fragen was ich jetzt tun soll, stattdessen lenke ich immer wieder in diese verdammten, runterziehenden Gedanken ein „Man könnte das Problem Medikamentös durch Tabletten stützen und wir müssten die Schwangerschaft und den Prozess etwas genauer im Aue behalten. Sie sollten sich vor allem ganz besonders an Ihren Zyklus halten und vor allem die Tage nutzen, an denen sie am fruchtbarsten sind." Ein leichtes Nicken meinerseits. Das ist doch eine gute Nachricht oder? Aber dann müsste sich das beklemmende Gefühl in meiner Brust doch endlich auflösen. Im weiteren Verlauf, schauen wir uns meinen Zyklus an und ich habe Glück, dass mein Zyklus zumindest regelmäßig ist und wir somit schnell meine fruchtbaren Tage ausmachen können. Im Laufe des Gesprächs bekomme ich so langsam wieder das Gefühl, meine Emotionen wieder so einigermaßen im Griff zu haben. Meine Situation ist nicht untröstlich und unlösbar. Viele Frauen haben das Unglück, unfruchtbar zu sein und ich kann mir garnicht ausmalen, wie es ihnen gehen mag. Natürlich gibt es den Aspekt einer Adoption aber ich glaube, zu wissen das man keine Kinde kriegen kann, ist für viele dennoch ein Schockmoment.

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