Intensiv

K A P I T E L 46

Ich fühl mich wie eine Schauspielerin in einem Undercover Krimi-Thriller. Ich liebe solche Filme aber eins ist mir klar geworden, es ist überhaupt kein Leben für mich. Ateş und ich sind nur am telefonieren wenn überhaupt und meiner Familie haben wir erst ein mal gesagt, dass Ateş geschäftlich weg musste und auf der Straße passt er jetzt doppelt auf um nicht gesehen zu werden. Ich hasse diese Menschen dafür, dass sie uns dazu bringen uns in so einer Lage zu befinden. Wir sollten unsere Hochzeit planen und in Kuchenverkostungen stecken aber stattdessen müssen wir verdammte Beweise dafür finden, dass sein Vater und Aykub etwas am stecken haben. Bei Aykub sollte es nicht allzu schwer sein, da er ganz bestimmt nicht zu hundert Prozent ehrliche Gelder von zumindest Ateş Vater annimmt und im Gegensatz dafür Dinge für ihn in die Wege leitet. Aber was können wir gegen seinen Vater finden? Denn Aykub ist austauschbar. Wenn es nicht er ist, ist es jemand anderes der sein Niveau und seinen Anstand verkauft hat.

Darauf fokussieren wir uns die gesamte Zeit über, Ateş klebt seinem Vater schon förmlich am Arsch, während seines Aufenthalts in Deutschland. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde er ihn bis nach Trabzon verfolgen und da weitermachen. Aber die Sache die mir wirklich nicht recht ist und mein Blut in Wallung bringt ist, dass er heute zu Selin gehen wird und es mit ihr ‚klären' wird. Er wird ihr verklickern, dass sie bald wieder zusammen sind und ich will mir ihr triumphierendes Grinsen auch überhaupt nicht vorstellen, sie will bestimmt eine Party schmeißen in der sie mich entwürdigt.

Aber natürlich vertraue ich meinem Ehemann, auch wenn ich sofort darauf bestanden habe, dass ich übers Telefon mithören möchte. Ich meine ich muss auf dem Laufenden sein, was dieses kleine Miststück von sich gibt oder? Dann kann ich meine Wut danach bei ihr auslassen.
„Meltem bist du noch dran?" genervt dringt Ateş Stimme zu mir durch und ich rolle meine Augen. Aykub hat ganz zu seinem Vergnügen keine Anzeige erstattet und Ateş ist somit wieder frei und wir sind wieder am telefonieren.  „Ateş hör auf zu diskutieren! Irgendeiner muss zu Aykub eine Szene machen gehen, und außerdem versuchen an seinen Laptop zu kommen um die Theorie mit den Geldern zu überprüfen. Sowas hat er ganz bestimmt nicht auf dem Pc in seinem Büro." verteidige ich meine Idee, dass ich Aykub wieder etwas näher kommen muss, um ihn zu überführen. Aber er hält an seiner verdammten Eifersucht fest.

„Auf gar keinen Fall! Dieser Hurensohn hat sich an dir vergangen und hat nur die schlechtesten Absichten mit dir. Mein Name ist nicht Ateş Akyüz wenn ich dich in seine Nähe lasse, hast du mich verstanden?" in einer anderen Situation hätte ich ihn mit großer Wahrscheinlichkeit verstanden, ich hätte nicht ein mal so einen Vorschlag gemacht, aber versteht er denn nicht, dass wir keine andere Wahl haben? Ich meine ich kann mir auch wesentlich angenehmere Sachen vorstellen, als in das Büro dieses schleimigen Typen zu gehen und auf heile Welt zu tun und ihn anzubetteln.
Eine der Sachen wäre, in den Armen meines Ehemanns zu liegen und in unserer halb eingerichteten Übergangswohnung all meine Lieblingsserien zu schauen. Er hat sich am Anfang gesträubt aber er findet zum Beispiel Criminal Minds und all die anderen Serien mittlerweile genauso gut wie ich.
Ich vermisse ihn viel zu sehr, dafür das wir erst zwei Tage getrennt voneinander sind. Ist so eine Abhängigkeit denn noch im Normalbereich? Oder sollte ich mir Sorgen machen?

„Aşkim mir ist es ausnahmsweise mal egal, was du denkst. Ich werde das tun ob du willst oder nicht. Außerdem sollte ich mir eher Sorgen machen, denn deine reizende Exfrau wird sich an dich schmeißen bevor du überhaupt ‚Hallo' sagen kannst. Denkst du das macht mich nicht allein schon bei dem Gedanken rasend vor Wut?" Am liebsten würde ich Selin wie ein kleines Kind meine zwei Verlobungsringe vor die Nase halten und kindisch anfangen vor ihr zu tanzen, nur um zu demonstrieren wem er gehört. Vielleicht sollte ich nach der ganzen Sache darauf zurück kommen.

Von Ateş ist nur ein verzweifeltes Schnauben zu hören und er scheint voller Unglaube zu sein, was meine Worte betrifft „Denkst du allen ernstes ich würde das zulassen?" zischt er jetzt wütend auf mich und nicht mehr auf die Situation. Wie konnte das alles nur so ausarten?
„Nein natürlich nicht aber dennoch besteht die Gefahr das diese Frau sich es zu bequem in der Nähe von dir macht. Wer weiß was in ihrem Kopf vorgeht?" murre ich und lasse mich in das Bett unserer Wohnung fallen, welches noch nicht aufgebaut worden ist, da es Gestern erst geliefert wurde. Ich könnte es versuchen, bin aber wirklich nicht begabt in solchen Dingen.
Er will gerade antworten als ich ihn schläfrig unterbreche und mein Gesicht in das Kissen drücke auf dem er immer auf dem Sofa lag. Sein Geruch ist Gott sei Dank nicht verflogen und ich kann ihn tief inhalieren. Verdammt! Wieso vermisse ich ihn so? „Können wir aufhören zu streiten? Du fehlst mir." murmle ich, und so liebesbedürftig wie ich mich gerade fühle ist es auch kein Wunder. An anderen Tagen hätte ich drei Mal darüber nachgedacht, um so etwas zu äußern. Aber Heute? Ich will einfach zuhören wie er mir belanglose Dinge erzählt und dann will ich mich einfach in seiner Stimme verlieren.