K A P I T E L 2

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Ateş POV

„Du kleiner Tollpatsch." lacht sie als ein kleines Mädchen mit Tränen in den Augen bei ihr ankommt und ihr beichtet, dass sie ein Glas kaputt gemacht hat.
„Es tut mir leid Meltem." schluchzt das Mädchen und sieht sie mit feuchten Augen an.
„Hey Melly, komm mal her." sagt sie und hockt sich hin, damit sie auf Augenhöhe sind.
Die behmüht sich sehr um die richtigen Worte und geht behutsam mit dem kleinen Mädchen um.
„Guck mal da, da sind noch ganz viele andere Gläser. Das ist überhaupt kein Problem, sowas passiert. Du hast nichts Schlimmes angestellt." Die Kleine wischt sich über die Augen und nickt ihr zu und will gerade in die Richtung laufen in die Meltem gezeigt hat. Sachte fasst sie nach ihrer Hand „Erst muss ich hier die Scherben wegräumen bevor du neue Gläser holen kannst okey? Holst du mir bitte das Kehrblech." sie nickt lächelnd und läuft in den angrenzenden Raum um ihr gewünschtes Teil zu holen.

„Ich hoffe ich störe nicht." höre ich mich selber sagen und kann erkennen, dass sie kurz zusammen zuckt, als sie eine Scherbe aufheben will.
Sie fasst sich schnell wieder und erhebt sich wieder.
„Nein überhaupt nicht, kommen Sie rein setzen sie sich. Wer hat ihnen aufgemacht ich habe die Klingel nicht gehört." sie sieht mir in die Augen, unterbricht den Augenkontakt aber als ich ihr weiter in die Augen schaue.
„Ich denke mal das war eine Betreuerin." Sie nickt so als ob ihr eingefallen wäre, dass hier auch noch weitere Personen sind.
„Setzen Sie sich. Kann ich Ihnen was zu trinken anbieten? Kaffee? Wasser?" bietet Sie mir wieder an und ich gehe ihrer Aufforderung diesmal nach „Ein Kaffee wäre nett." sage ich und schaue ihr dabei zu, wie sie dem kleinen Mädchen das Kehrblech abnimmt und anfängt die Scherben wegzukehren.
„Kann ich Ihnen irgendwie helfen?" frage ich und sie verneint sofort „Nein Danke." es sind nur zwei Worte aber diese scheinen so viel Gewicht zu haben, dass ich glaube dass sie niemals Hilfe annehmen würde.

„Hier bitteschön." Sie reicht mir den Kaffee und ich bedanke mich bei ihr.
Sie setzt sich mir gegenüber und ich habe die Möglichkeit sie kurz zu mustern, da sie Papiere wegräumt die auf dem Tisch liegen.
Sie hat immer noch den Zweiteiler an aber ihre braunen Haare befinden sich mittlerweile in einem Knoten und fallen ihr nicht mehr über ihre Schultern. So kommt ihr Gesicht viel besser zur Geltung und man erkennt ihre Konturen deutlich.
„Was hatten Sie denn für Fragen?" Sie reißt mich aus meinen Gedanken und ich fange mich wieder.
„Ich wollte nur wissen, ob die Zimmer in der Größe bestehen bleiben sollen. Wenn sie größer werden sollen müssen wir die Wände einreißen das sollte vom Gerüst her auch klappen."
Ich sehe ihr monoton ins Gesicht und sie starrt mich mit neu gewonnener Überzeugung genauso überheblich an wie ich sie.
„Da brauche ich Ihre Meinung. Passen in die Zimmer 2 Hochbetten? Wenn ja können die so bleiben." ich mache mir kurz Notitzen und nicke.
„Ja das sollte vermutlich klappen. Vielleicht muss ich die zwei kleinsten Zimmer zusammen tun aber dann passen auch mehr als 2 Hochbetten rein." Sie nickt und will gerade zum Antworten ansetzen wird aber von einem Jungen unterbrochen und zwei kleine Mädchen kommen herein gelaufen.
„Hey Meltem das Essen ist fertig, die verteilen es schon ihr könnt also gerne kommen." sagt der Junge den ich auf 15 schätze doch bevor sie antworten kann reden die zwei Mädchen auf ein mal los „Meltem! Wir haben dich vermisst, wo warst du." Meltem sieht entschuldigend zu mir „entschuldigen Sie bitte aber ich habe versprochen mit ihnen zu Abend zu essen. Können wir die restlichen Fragen Morgen klären?" Das ist das erste Mal, das ich in ihren Augen etwas anderes als Selbstbewusstsein und Konkurrenz sehe. Es ist Bedauern, dass sie ihre Professionalität kurz ablegen muss um für die Kinder da zu sein. Anders als erwartet, macht sie das in meinen Augen nicht kleiner.
„Alles in Ordnung. Ich melde mich bei Ihnen." sage ich und fange an meine Sachen zusammen zu räumen.
„Sie können gerne mit uns essen wenn Sie wollen." bietet sie mir an aber ich vermeine, da ich wesentlich besseres zu tun habe. Oder auch nicht aber ich will mich nicht länger als nötig mit ihr abgeben müssen.
„Nein danke ich habe noch etwas zu tun." sie nickt und lässt sich von den zwei Mädchen mit ziehen.
Ich trinke mein Glas Wasser noch aus und räume weiter die Sachen in meine Tasche.
Bevor ich zur Tür raus gehe, werfe ich noch einen Blick in das Esszimmer und alle Kinder sitzen an dem langen Tisch und scheinen ausgelassen zu sein.
Mein Blick fällt auf Meltem, welche mittig sitzt und einen kleinen Jungen auf dem Schoß sitzen hat und dieser versucht sie mit ungeschickten Händen mit den Spaghettis zu füttern.
Da er sich aber so ungeschickt anstellt, fällt die Nudel auf ihren Blazer und sie tadelt ihn spielerisch.
Normalerweise würde so ein Bild mich kalt lassen aber diesmal hat es irgendwas tröstliches.

„Wo warst du schon wieder?" angespannt lege ich meine Schlüssel auf die Kommode und sehe Selin in die Augen.
„Arbeiten oder was denkst du wie ich dir den ganzen Scheiß finanzieren kann." ausgelaugt gehe ich einfach an ihr vorbei und direkt in das Kinderzimmer unserer kleinen Tochter.

Sie ist ein sehr anstrengendes aber deshalb nicht weniger liebenswertes Kind. Seit dem sie die Welt erblickt hat, dreht sich meine Welt nur noch um sie. Sie soll nicht wissen wie grausam die Welt ist, noch nicht zumindest, solange ich sie davor bewahren kann.
Assiya ist 5 Jahre alt und ein Ebenbild von mir und ich könnte nicht stolzer sein. In der Vorschule ist sie einer der Besten und sie ist unglaublich begabt was das Klavier spielen angeht.
Leider muss sie noch eine Menge in Selbstbeherrschung und Gefühlskontrolle lernen. Sie ist sehr temperamentvoll und ich weiß mir mit ihr nicht zu helfen.
Meine Frau Selin sieht das alles nur als Phase aber das ist Nichts was man abtun sollte, geschweige denn verdrängen sollte.
Diese Gefühle die sie hat können auch ihr bestimmt nicht gut tun.
Sanft streiche ich ihr über ihre rosa Wangen und ziehe die Decke etwas höher, damit sie auch unter der Decke bleibt.
Am liebsten würde ich sie hier einsperren, damit sie für immer so friedlich bleibt.
Mit einem letzten Kuss auf ihre Stirn verlasse ich ihr kleines aber nach ihrem Wünschen in Orange eingerichtetes Zimmer und begebe mich in die Höhle des Löwen.
„Wenn du noch vor hast zu diskutieren mach es leise, du weckst sie sonst."

Ohne sie anzusehen gehe ich in unser Schlafzimmer und entledige mich meines Hemdes und Hose und gehe direkt in das angrenzende Badezimmer um duschen zu gehen.
Erleichtert stelle ich fest, dass die Wassertropfen meine angespannten Schultern etwas entspannen und die Last dieser kalten und leblosen Ehe von mir spült.

Natürlich kann ich mich trennen, und das werde ich auch. Aber jetzt, während Assiya in ihrer Therapie steckt und so viel Unterstützung wie möglich braucht, bringe ich es nicht übers Herz. Auch wenn es das aller letzte ist die eigenen Kinder als Vorwand zu nehmen, in einer unglücklichen Ehe gefangen zu sein.
Sie kann schließlich nichts dafür, was ihre Mutter und ich machen.

Mit nassen Haaren lasse ich mich auf das Sofa fallen und hole meine Tasche erneut zum Vorschein um noch einmal über die Anträge und Notitzen zu schauen.
Meltem Duman hat sich ihrem Namen alle Ehre gemacht.
Ihre Pläne und Anweisungen sind so präzise, dass ich nur wenige Änderungen machen muss.
Sie ist die Art von Frau, die dem Feuer gleicht. Sie weiß das sie gut ist und sie will das es jeder weiß.
Wenn ich an sie denke, blitzt ihre Anmut vor meinem Auge auf und ich sollte mich schämen so über eine Frau zu denken, obwohl ich verheiratet bin.
Ich weiß das ich mich eigentlich von ihr fern halten muss, da man wie man so schön sagt nicht mit dem Feuer spielen sollte.

„Ich gehe schlafen." höre ich Selin sagen aber ich mache mir gar nicht die Mühe, zu antworten.
„Es kann nicht sein, dass du dich immer noch so aufführst." schreit sie und bringt mich damit zum aufspringen.
„Halt verdammt nochmal deinen verfickten Mund, Assiya schläft." zische ich „Und ich führe mich deshalb so auf weil du ein ehrenloses Miststück bist und ich jede Sekunde bereue, in der ich dich heiraten wollte." ich komme ihr näher und Gott weiß, was ich in diesem Moment fühle. Ich sollte mich zu ihr hingezogen fühlen. Ich sollte sie in den Arm nehmen wollen oder sie küssen wollen.
Aber ich spüre Nichts außer tiefen Hass. Hass der mein Inneres auffrisst und sie macht es mit ihrer Art nicht besser. Sie tut so als ob es gängig wäre, das normalste der Welt seinen Ehemann zu betrügen, während er das Geburtstagsgeschenk für seine Tochter alleine aussuchen darf.
„Treib es nicht zu weit. Der einzige Grund warum du noch hier bist ist Assiya. Ich werde mich nur wegen ihr nicht von dir trennen, das kann ich ihr noch nicht antun. Also halt deine Fresse und mach was du willst aber lass mich in Ruhe und strapazier nicht meine Nerven."

IntensivWo Geschichten leben. Entdecke jetzt