-9- Jessy

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„Hey mein Schatz.", Matt beugt sich über mich und gibt mir einen dieser Küsse, von denen ich nicht genug bekommen kann. Ich lege meine Arme um seinen Hals und erwidere den Kuss. Was habe ich doch für ein Glück, diesen großartigen Mann abbekommen zu haben. Matt setzt sich in den Ohrensessel und nimmt meine Hand. Sein Gesicht wird ganz ernst und er spricht in einem kalten Ton zu mir. „Ich werde dich verlassen.". Plötzlich wird Matts Gesicht zu Bens Gesicht. Schmerz durchströmt meinen Körper und ich öffne die Augen, Tränen laufen über mein Gesicht und mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Ich erkenne verschwommen wo ich bin. Es ist der Aufwachraum des OP-Bereichs im General Hospital Nashville. Zwei Geräte piepsen zu meiner linken und rechten Seite. Ein Kopf beugt sich über mich, zuerst sehe ich verschwommen einen Mundschutz und eine OP-Haube, dann erkenne ich Matts Gesicht. Ich reiße die Augen auf.

„Hey Jessy. Es ist alles ok. Die Operation ist gut verlaufen." Ich kann noch nicht sprechen, also bleibt es mir nur den Kopf in die andere Richtung zu drehen. Weg von ihm, weg von dem Mann, der mir auch weh tun wird, wie Ben. Mein Mund ist trocken, dennoch versuche ich zu sprechen.

„Was willst du?", frage ich barsch. „Was willst du von mir?". Ich sehe, dass sich Matt über meine Worte erschreckt und verwundert zucken seine Augen. „Ich habe dir versprochen es wird alles gut. Und wenn ich etwas verspreche, dann halte ich es auch."

„Wo ist Dr. Hoover?", frage ich etwas zu laut zurück. „Psst. Beruhige dich. Du bist in einem Aufwachraum." Der Pfleger von vor der Operation erscheint in meinem Sichtfeld und löst die Bremsen meines Bettes. Gerettet denke ich nur. „Ich mach das.", höre ich Matt sagen. Nein, warum? Ich hole tief Luft, doch mir fehlt die Kraft mich zu wehren, egal ob verbal oder aktiv. Mattrollt mich souverän durch die Gänge bis in mein Zimmer. Es ist fast Mitternacht und außer zwei Schwestern, ist auf der Station niemand zu erblicken. Im Zimmerangekommen, drückt Matt die Bremsen. „Ich bin gleich wieder da.", höre ich ihn und er verschwindet durch die Tür. Durchatmen. Mein Fuß? Ich sehe an mir herab und entdecke einen riesigen Plasteschuh am Ende des Bettes, in dem mein Fuß steckt. Es drückt und schmerzt und ist megaschwer. Ich versuche den Fuß hochzuheben. Keine Chance. Das Ding muss 50 Kilo wiegen. Als ich die Decke zur Seite schlage, erinnere ich mich wieder an das OP-Hemdchen und die Netzschlüpfer. Wie gern wäre ich jetzt in meine Kuscheljogginghose und meinen Lieblingshoody geschlüpft und hätte es mir bei Netflix auf der Couch bequem gemacht. Da fällt mir ein, waren Jeff und Dina schon da? Ich sehe mich im Zimmer um, kann aber nichts meiner Sachen entdecken. Ich habe Durst.

Als hätte Matt Gedanken lesen könne, kommt er in diesem Moment mit einer Flasche Wasser, einem Becher und einem Sandwich in mein Krankenzimmer. Er lächelt mich liebevoll an und stellt alles auf den Nachttisch. Er stellt mein Kopfteil hoch, dabei huscht ein Hauch seines Parfüms an meiner Nase vorbei. Verführerisch. Aber was will er?

„Was willst du?", frage ich ihn.

„Ich will, dass du es bequem hast beim Essen und Trinken.", sagt er ohne Verwunderung oder Unterton.

„Weißt du, ob Jeff und Dina schon meine Sachen gebracht haben?", wie soll ich es sonst herausfinden. Aufstehen und nachsehen ist gerade nicht drin.

„Ja, sie waren kurz nachdem wir dich in den OP gefahren haben, hier. Warum hast du mir nicht gesagt, dass die beiden deine Nachbarn sind?".

„Warum musst du das wissen?"

Matt setzt sich in den Ohrensessel, wie in meinem Traum. Ich blinzle die Erinnerung daran weg.

„Die Operation verlief sehr gut. Die Platte und Schrauben konnten wir ohne Probleme anbringen. Mein Kollege hat nach der Nahteinen Kompressionsverband angebracht, in der Hoffnung, dass dein Fuß nicht weiter anschwillt. Da zwischen dem Unfall und OP fast 24 Stunden liegen, wird viel Lymphflüssigkeit in deinem Bein sein. Das wird schmerzhaft werden." Ich kneife die Augen zusammen. Ich wusste es, noch mehr Schmerzen. Matt spricht unbeirrt weiter: „Wenn die Wunde nicht mehr nässt und alles reibungslos verläuft, kannst du Dienstag nach Hause. Hast du jemanden, der sich um dich kümmern kann?". Sein Blick haftet an meinen Augen. Ich bekomme eine Gänsehaut.

„Nein. Außer Jeff und Dina ist da niemand.". Tränen schießen mir in die Augen. Matt nimmt meine Hand: „Warum weinst du?", fragt er sanft. Ich kann nicht sprechen. Er drückt einen Kuss auf meinen Handrücken. Ich will die Hand wegziehen, bin aber doch zu langsam, um zu reagieren. Was soll das?

„Warum machst du das?", frage ich direkt. „Warum organisierst du dieses Zimmer? Warum die Blumen und deine Fürsorge? Warum bist du so freundlich und dann wieder distanziert?". Was bezweckt er damit?

Matt steht auf, drückt noch einmal meine Hand: „Schlaf jetzt.", und geht. Ohne eine Erklärung, ohne ein Wort, ohne einen kleinen Anhaltspunkt für mich.

Für das Bett gibt es eine Fernbedienung, mit der ich das Kopfteil wieder runter stellen kann. Nachdem Matt gegangen war, habe ich beschlossen mich nicht von einem Dr. Blue Eyes einwickeln zu lassen. Ich bin noch nicht lange von Ben getrennt und hatte nicht vor mich so schnell wieder zu verlieben. Ach was rede ich denn da? Keine Ahnung was in Dr. Franklin gefahren ist. Vielleicht erinnere ich ihn an eine Patientin, die er verloren hat vor einiger Zeit? Das würde diese Fürsorge und Aufmerksamkeit erklären. Nicht jedoch den Kuss auf meinen Handrücken. Ich kuschle mich in das Kissen und versuche den Schmerz im Fuß zu vergessen. Nach weiteren Grübeleien schlafe ich ein. Ich denke vor Erschöpfung. Ein Abend mit Alkohol, dann die Schmerzen, dann Notaufnahme und nun OP. Es ist mitten in der Nacht und mein Körper ist k.o. für heute. Ob Dr. Franklin mir irgendwann meine Frage beantworten wird?

Dr. Cute, bitte in den OP.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt