Ich hole tief Luft und starre an die Decke. So war das eigentlich nicht geplant und nun gibt es kein Zurück mehr. Kurze Zeit später kommt Matt mit einem Pfleger und einem Rollstuhl zurück in mein Zimmer. Ich versuche recht ungraziös in den Rollstuhl zu kommen und der Pfleger schiebt mich auf die Station. Alle verabschieden sich von mir und wünschen mir gute Besserung und alles Gute. So lange war ich doch gar nicht hier, aber anscheinend habe ich einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Am Eingang des Krankenhauses übernimmt Matt meinen Rollstuhl und schiebt mich zum Angestelltenparkplatz. Vor einem weißen Chevy Tahoe bleibt er stehen.
„Darf ich Ihnen vorstellen? Ihre Kutsche Mi Lady." Diese Aussage und der Knicks, den Matt vor mir macht, bringt mich zum Lachen. Er bringt mich oft zum Lachen und wenn wir zusammen sind, habe ich das Gefühl ist auch Matt glücklich und entspannt. Kurze Zeit später sitze ich auf dem Beifahrersitz. Matt steigt ein und beugt sich zu mir rüber. Mit seiner linken Hand streift er mir über die Wange und gibt mir einen Kuss: „Ich werde mich um dich kümmern, versprochen.". Dann startet er den Motor und sieht wieder zu mir herüber: „Wo soll es hingehen, Mi Lady?".
"2401 Middle Street, das ist in den Buena Vista Heights.". "Keine sichere Gegend.", sagt Matt ernst und fährt los.
Als ob ich das nicht wüsste. Die Autofahrt verbringen wir schweigend. Dabei fällt mir ein, dass ich nicht weiß wo Matt wohnt. Wir haben nie darüber gesprochen und wer weiß, vielleicht wohnt er in einer noch viel unsichereren und übleren Gegend als ich. In Nashville gibt es genügend davon. Ich beschließe ihn später zu fragen. Nach nicht einmal zehn Minuten Autofahrt biegt Matt in meine Einfahrt. Mein blauer, alter Ford Focus steht noch an Ort und Stelle, wo ich ihn am letzten Samstagmorgen das letzte Mal gesehen habe. Matt parkt daneben.
„Ist das dein Auto?", fragt Matt mit dem Finger auf meinen „Georgie", so nenne ich mein Auto, gerichtet.
Unsicher antworte ich: „Ja. Ist dir der auch zu unsicher?".
Matt grinst, was mich ärgert. Also kann ich nicht umhin, als schnippisch zurück zu schießen: „Nicht jeder ist Arzt und kann sich einen SUV leisten.". Dann öffne ich die Tür und will aussteigen, als mir mein Stützschuh ins Auge fällt und an Flucht nicht mehr zu denken ist. So ein Mist, kein theatralischer Abgang möglich. Seufzend falle ich zurück in den Beifahrersitz.
„Wo hast du deinen Haustürschlüssel?", fragt Matt mit hochgezogener Augenbraue und ausgestreckter Hand. Wortlos krame ich in meiner Handtasche und reiche ihm mein Schlüsselbund. Blitzschnell ist Matt mit meinen Krücken an der Beifahrertür und hilft mir auszusteigen. Das ist noch ziemlich wackelig und kurz vor meiner Haustür brauche ich eine Pause. Meine Arme und Handgelenke schmerzen und meinen Fuß traue ich mir nicht mal ansatzweise aufzustellen. Matt schließt auf und ehe ich es mir versehe, hebt Matt mich auf seine Arme und trägt mich durch die Tür. Die Krücken bleiben in der Einfahrt liegen und nach einem kurzen Aufschrei schmiege ich mich an Matts Hals und nehme seinen männlichen Duft auf. „Wo ist die Couch?", sagt Matt und klingt dabei nicht ein bisschen geschafft. Er trägt mich, als wäre ich nur ein Mantel, dem man ihm über die Arme gelegt hat.
„Links herum."
Schon sind wir im Wohnzimmer und Matt lässt mich auf die Couch sinken. „Nicht weggehen.". Wie lustig...
Nach wenigen Minuten steht meine Reisetasche neben mir, meine Handtasche auf dem Couchtisch und meine Krücken an die Couch gelehnt. Matt lässt sich neben mir nieder und schaut mir in die Augen: „Was kann ich noch für dich tun?".
„Danke dir. Nichts. Dina kommt dann auch gleich. Sie wird mir beim Auspacken helfen und meinen Kühlschrank mit den ganzen ungesunden Sachen füllen, die ich mag.", ich versuche zu grinsen, aber ich glaube, nein ich weiß, es kommt nicht gerade überzeugend rüber.
„Was hältst du davon, wenn ich heute Abend nach meinem Dienst vorbeikomme und uns was koche?". Matt streichelt mir wieder über meine Wange und berührt ganz zart meine Lippen, als wolle er mich damit um den Finger wickeln, damit ich „Ja" sage. Sein Angebot klingt tatsächlich verlockend, denn das Krankenhausessen war trotz Sonderbehandlung nicht besonders lecker.
Ich bin einverstanden und wir verabreden uns zu achtUhr. Ich höre die Tür ins Schloss fallen und Matts Auto aus der Einfahrtfahren. Endlich zu Hause in meinen vier Wänden. Mit einer Kuscheldecke lehneich mich auf der Couch zurück und schlafe kurz darauf ein. Ich weiß nicht genauwie lange ich geschlafen habe, aber ich fühle mich besser, als ich aufwache.Mein Haus klingt komisch still tagsüber. Sonst bin ich im Büro und komme meistsehr spät zurück. Manchmal denke ich, ich bin ein echter Workaholic. Aber dieArbeit macht mir Spaß und eine andere Erfüllung habe ich derzeit nichtwirklich. Nach der Trennung von Ben und meiner Woche Auszeit, habe ich michrichtig in die Arbeit gestürzt. Ich habe megaviele Überstunden gemacht, bin früh die Erste im Büro und abends die Letzte, die geht. Unglaublich, was man schafft, wenn niemand im Büro ist. Meine Gedanken wandern zu Matt. Ich lasse Revue passieren, wie wir uns kennengelernt haben. Er hat sich so für mich eingesetzt und kannte mich noch nicht einmal richtig. Kennengelernt haben wir uns in den letzten Tagen über unsere Gespräche. Er ist ein Mann, der mich tatsächlich fasziniert. Nur ein bisschen Bammel habe ich immer noch, dass es zu früh ist und schief gehen wird. Auf der anderen Seite habe ich nichts zu verlieren und in meiner Situation einen Chirurgen an meiner Seite zu haben, klingt durchaus praktisch. Seit langem hat Matt mich wieder zum Lachen gebracht und ich habe tatsächlich, dass Gefühl, das er mich mag. Ob ich mich jetzt schon so auf ihn einlassen kann, wie er es vielleicht erwartet, weiß ich nicht. Der Gedanke macht mir Angst. Ich höre einen Schlüssel im Türschloss und kurze Zeit später steht Dina in meinem Wohnzimmer.
„Oh Süße, du siehst furchtbar aus.", sie beugt sich zu mir runter und gibt mir eine große Umarmung.
„Ist es wirklich so schlimm?" frage ich ungläubig.
„Naja, du könntest mal eine Dusche vertragen."
Damit hat sie nicht unrecht. Ich fühle mich auch nicht besonders frisch. Und wenn Matt später kommt, wäre ich schon lieber frischer.
„Kannst du mir bitte ins Bad helfen?"
Dina kriegt große Augen: „Wie soll ich dich denn die Treppe hochbekommen?".
„Der Physiotherapeut hat mir gezeigt, wie ich mit den Krücken Treppen steigen kann. Ich brauche dich nur als Hilfe hinter mir, damit ich nicht stürze. Vielleicht kannst du mir auch frische Sachen ins Badezimmer tragen und einfach hierbleiben, falls ich doch stürze." „Na klar mache ich das. Zuerst bringen wir dich hoch und dann packe ich die Einkäufe aus. Und wenn du mich brauchst, rufst du einfach."
Gesagt, getan, schleppe ich mich die Treppe hinauf. Dina und ich suchen mir bequeme Sachen raus, eine Jogginghose und einen Hoody, von dem ich immer gute Laune bekomme, wenn ich ihn trage.
In die Dusche stellen wir einen Hocker und ich lasse das operierte Bein draußen. Als alles fertig ist, geht Dina nach unten und ich dusche mich das erste Mal seit vier Tagen. Es ist eine Wohltat, wie das warme Wasser über meine Haare und meine Haut läuft. Der Duft meines Lieblingsduschbads lässt mich kurz den kaputten Fuß vergessen. Als ich fertig bin und vorm Spiegel stehe, um meine Haare zu kämmen, kommen mir Zweifel, ob Matt wirklich heute Abend kochen sollte. Was wenn er mehr will? Was wenn er sich bereits etwas Festes ausmalt, zu dem ich ja noch gar nicht bereit bin? Dina klopft vorsichtig an die Badezimmertür.
„Hey, ist alles in Ordnung? Ich hatte damit gerechnet, dass du mich doch noch einmal rufst."
„Nein, ich bin fertig. Begleitest du mich nach unten?"
Und los geht es. Hoch war einfacher, jetzt nach untenmerke ich, dass mein Schuh breiter ist als meine Stufen. Ich bin unsicher undhabe Angst abzurutschen oder die Krücke zu nah am Stufenrand aufzusetzen. Dinamerkt meine Unsicherheit und wechselt vor mich, damit sie mich im Notfallauffangen kann. Auf dem Couchtisch steht eine Kanne Tee und zwei Tassen. Ichmache es mir auf der Couch bequem und Dina setzt sich ans andere Ende. IhrBlick sagt: erzähl mir alles. Also hole ich tief Luft und beginne zu erzählen.
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Dr. Cute, bitte in den OP.
RomanceKörper an Körper bleiben wir noch eine Weile liegen. Wir reden nicht. Wir genießen nur die Nähe des anderen und ich für meinen Teil will nie mehr wo anders liegen als neben dieser Frau.