One

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Nolan

Es gibt eine Sache, die ich selbst in meinen einunddreißig Jahren niemals verstehen werde, und das ist die Liebe. Sie zwingt Leute dazu, Dinge zu tun, die unvorstellbar dämlich sind. Dinge, die vollkommen absurd, wenn nicht sogar gefährlich sind. Dinge, die das Leben anderer möglicherweise zum Einstürzen bringen kann.

Vielleicht liegt es daran, dass ich die Liebe zwischen zwei Menschen nur bei einem einzigen Paar gesehen hatte, und das waren meine Eltern. Ich erinnerte mich nicht mehr an alles, was die beiden füreinander der Liebe wegen getan oder gesagt hatten, doch ihre Blicke, die sie sich immer wieder zugeworfen hatten, prägten sich tief in meinem Gedächtnis ein. Ich verstand nie, wie sie es schafften, mit Augenkontakt eine Spannung aufzubauen, die jeder Anwesende automatisch mitbekam. Selbst im Kindesalter hatte ich es bemerkt, obwohl meine einzigen Gedanken sich um so etwas wie Autos oder Spielsachen drehten. Wenn ich sie dabei erwischt hatte, wie sie sich ganz heimlich ihre tiefgründigen Blicke zuwarfen, stoppte ich mit allem, was ich gerade tat, nur um sie dabei zu beobachten, wie sie stumm kommunizierten.

Doch wie alle guten Geschichten, endete auch diese letztendlich tragisch. Meine Mutter verstarb als ich acht Jahre alt war und hinterließ einen gebrochenen Ehemann und drei Söhne, die die Liebe niemals wieder zu spüren bekommen hatten. Mein Vater wendete sich viel lieber der Firma zu, als seine Söhne beim Aufwachsen zu zusehen.

Ihr könnt euch also vorstellen, dass meine Vorstellungen zur Liebe ziemlich eingeschränkt und vollkommen verzerrt waren.

Es könnte allerdings auch daran liegen, dass ich in meinem Leben noch nie echte Liebe verspürt hatte. Klar, ich hatte meine Brüder, aber sie liebte ich auf eine Weise, die vollkommen familiär war - wobei lieben das falsche Wort war. Sie waren die Einzigen, deren Anwesenheit mich nicht nach fünf Minuten nerven. Naja, Caleb tat viel daran, diesen Gedanken allerdings zu widerlegen, immerhin war er derjenige, der mich öfter als jemand anderes zur Weißglut bringen konnte. Carter schaffte es allerdings immer, diese scheintückigen Wogen zu glätten.

Apropos Carter ...

Er war derjenige, von dem ich am wenigsten erwartet hatte, so etwas wie Liebe zu finden - mich ausgeschlossen. Ich hatte es ehrlich gesagt nicht einmal wirklich mitbekommen, lediglich bemerkt, dass er in dem letzten Jahr irgendeine Veränderung durchgemacht hatte, die ich nicht verstand. Carter war nicht jemand, der oft etwas mit Frauen anfing. Ganz ehrlich, für eine Zeit dachte ich ernsthaft, dass er schwul sein könnte, doch dieser Gedanke verflüchtigte sich schnell wieder. In den letzten Monaten machte er eine Wandlung durch, die immerhin durch eine einzige Frau verursacht wurde. Ich hatte keinen blassen Schimmer, wie sie es geschafft hatte, denn Carter besaß den Dickschädel unseres Vaters.

Und doch sah ich ihn jetzt an, mit einem leichten Lächeln auf den Lippen, mit funkelnden Augen, die einzig und alleine auf Raya - die Frau, die er liebt - gerichtet hatte. Die Arme um sie gelegt und sie nah zu seiner Brust gezogen. Abgeschirmt hinter der Glasdassade der Eventhalle, wi sie sich mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit ihre Liebe gestanden hatten.

Es war seltsam meinen kleineren Bruder so verändert zu sehen, denn er sah irgendwie ... so ... glücklich aus. Nicht, dass er die letzten Jahre unglücklich gewesen war, doch Raya brachte eine Seite von ihm zum Vorscheinen, die vollkommen neu für mich war. Immer wenn ich Carter angesehen hatte, sah ich ihm die Ernsthaftigkeit an. Jetzt, wenn ich ihm so ins Gesicht blickte, dann erkannte ich nichts als Liebe.

Die Liebe, die ich auch bei meinen Eltern gesehen habe, als sie sich genauso angeblickt hatten. Und genau diese machte ihn vollkommen verrückt. Caleb und ich hatten ihn vor etwa zwei Monaten in seiner Wohnung gefunden - in einem katastrophalen Zustand, wobei katastrophal noch untertrieben wäre.

The Warren-Games | (Broken Billionaires, #2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt