Angeline
Mit meiner linken Hand hielt ich mich am Waschbecken fest, währen meine rechte sich auf meinen Bauch preste. Ich stand nach vorne gebeugt vor dem Badezimmerspiegel und tat nichts außer atmen. Ein und wieder aus. Und das nochmal. Und nochmal. Die Augen hatte ich geschlossen, weil jedes bisschen Licht meine Nerven nur unnötig reizte. Viel eher konzentrierte ich mich auf den Schmerz, der sich durch jede meiner Muskeln kämpfte, wenn ich auch nur die kleinste Bewegung machte. Ach, was rede ich da, der Schmerz war da, egal, was ich tat.
Er durchdrang jede Faser meines Körpers, ausgehend von meinem Unterleib.
Jepp, es war wieder die Zeit des Monats, die ich am meisten verabscheute - so wie die Mehrheit der weiblichen Menschheit. Ich wusste noch ganz genau, wie ich mit 14 Jahren das erste mal meine Menstruation bekommen hatte und vor Aufregung und Freude kaum atmen konnte. Ich war eher eine Spätzünderin, daher freute es mich umso mehr als ich eines Morgens aufgewacht bin und einen kleinen roten Fleck auf dem Bettlacken entdeckt hatte. Ich fühlte mich wie eine richtige Erwachsene.
Das war vermutlich auch der erste und einzige Tag in meinen 26 Jahren, an dem ich über meine Periode glücklich war. Es folgten Jahre, in denen ich immer wieder von schmerzhaften Krämpfen heimgesucht worden bin. Das war nichts ernstzunehmendes, aber es legte mich trotzdem einen Tag im Monat flach. Für jemanden, der kein eignes Multimillarden-Unternehmen leitete, war das sicherlich nicht fiel, doch ich brauchte jede Stunde, die ich kriegen konnte. Als CEO kannst du es dir nicht leisten auch nur für 24 Stunden auszufallen, noch dazu wegen so etwas kleinem wie seine Menstruation.
Ich wurde schon oft genug von dem rein männlichen Vorstand darüber aufgezogen. Immer wenn ich einen Tag schlecht gelaunt war, wurde es sofort auf meine Regelblutung geschoben. Das war nicht nur respektlos, sondern auch ziemlich nervig. Frauen durften keinen einzigen Tag schlapp machen, und wenn doch wurde der Grund in ihrer Weiblichkeit gesucht. Männer hingegen konnten ein ganzes Jahr schlechte Stimmung verbreiten und wurden trotzdem von allen anderen mit einem Lächeln begrüßt.
Argh, ich hasste diese Gesellschaft und ich hasste es, dass ich rein gar nichts dagegen tun konnte. In den Köpfen aller Männer war die Regelblutung als etwas schlechtes, ekliges und ziemlich beschämendes einprogrammiert worden, obwohl sie kein Recht hatten, uns deswegen zu verurteilen oder sich auch nur darüber eine Meinung zu bilden.
"Fuck", überkam es meine Lippen und ich kniff die Augen zusammen. Die Muskeln meines Bauches spannten sich an und sorgten für einen Krampf in meinem Unterleib, der mich fast lähmte.
Ich hatte es so satt, jeden Monat für mindestens vier Tage ausgekockt zu werden, obwohl ich mir gar nicht ausgesucht hatte, Kinder bekommen zu wollen. Gerade konnte ich mir nichts schlimmeres vorstellen, denn der Schmerz in meiner Bauchregion war ein ziemlich schlagendes Argument.
Was um alles in der Welt hatte sich Mutter Natur nur dabei gedacht, als sie die monatliche Menstruation erfunden hatte? Ich sah absolut keinen Vorteil darin, denn immerhin quälte ich mich tagelang mit diesen Schmerzen, nur um am Ende feststellen zu können, dass ich nicht schwanger war.
Hätte man das ganz nicht durch ein Telefonat machen können? Oder eine E-Mail? Gott, ich würde alles dafür geben, wenn ich eine einfache Nachricht bekommen würde, in der so etwas steht, wie: Hey, Angeline. Glückwunsch, du bist im letzten Monat nicht schwanger geworden. Mach' dir einen schönen Tag, bis in einem Monat!
Tief atmete ich durch. In die Nase ein und mit dem Mund aus. Und dann nochmal. Und nochmal. Es half nur bedingt, die Schmerzen wegzuatmen, aber ich hatte bereits so viele Ratgeber gelesen, dass ich mir einfach nicht besser zu helfen wusste. Genau das tat man während einer Geburt nämlich auch. Man löste die Muskeln, in dem man Sauerstoff aufnahm - nur spürte ich rein gar nichts davon.
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The Warren-Games | (Broken Billionaires, #2)
Romance𝑵𝒐𝒍𝒂𝒏 Eine Entscheidung meines Bruders brachte die Multimillardenfirma meiner Familie wirtschaftlich ins Wanken. Um das Unternehmen zu retten, bin ich gezwungen, härtere Maßnahmen zu ergreifen. Maßnahmen wie die Tochter unseres größten Partners...