Angeline
Ich schlang die Arme um meinen Oberkörper und sah nach links und rechts. Im Flur herrschte eine bedrückende Stille, was vermutlich damit zusammenhing, dass wir gerade sechs Uhr morgens hatten. Kein normaler Mensch befand sich in dieser Frühe an einem Samstag auf den Beinen. Keiner, außer ich, obwohl ich es nicht wirklich geplant hatte. Das alles war eine Kurzschlussreaktion meiner Gedanken, der ich normalerweise kein Gehör geschenkt hätte, doch diese Situation war nun einmal anders.
Ich hatte absolut keine Ahnung, wie mein Gegenüber reagieren würde, wenn ich gleich an die Tür klopfen würde. Ehrlich. Dieser Besuch war nicht abgesprochen und unangekündigt. Möglich, dass die Person mir also entweder nicht einmal die Tür aufmachte oder mich sofort wieder abweisen könnte. Das wäre ziemlich verständlich, immerhin wollte niemand um diese Zeit geweckt werden, aber dann wäre ich mehr als nur ein bisschen aufgeschmissen.
Ich schniefte und zupfte an meinen losen Haarsträhnen zurecht, um die ich mich seit der Pressekonferenz nicht mehr gekümmert hatte. Eigentlich hatte ich mein gesamtes Aussehen in den Hintergrund gestellt, ich musste daher wirklich furchtbar aussehen, denn ich erinnerte mich an keine einzige Minute, in der ich aufgehört hatte zu weinen. Mein Gesicht musste daher ziemlich sicher gerötet und leicht aufgequollen sein. Im Normalfall hätte ich mich damit nicht einmal auf die Straße getraut, aber diese Kleinigkeiten könnten mir gleichgültiger nicht sein.
Zittrig atmete ich durch, ich wischte mir über meine feuchten Wangen und zwang mich dazu, mich zumindest für einen Moment zu beruhigen. Dann hob ich meine Hand und ließ sie sanft gegen das helle Holz schlagen, zweimal, damit man zwar aufmerksam auf mich wurde, aber mein Besuch nicht zu stürmisch rüberkam. Angesichts der Tatsache, dass ich allerdings hier und nicht in meinem Zuhause war, vermittelte mein Auftauchen allerdings bereits eine gewisse Dringlichkeit.
Ich schluckte und wartete auf eine Bewegung. Ich hatte keine Ahnung, ob sie überhaupt zuhause war. Möglich, dass der Freitagabend gar nicht in dieser Wohnung geendet hatte, sondern irgendwo anders. Daran hatte ich gar nicht gedacht, als ich beschloss, hierher zu kommen, doch es könnte tatsächlich eintreffen. Ein ungutes Gefühl breitete sich in meinem Magen aus, ich schloss die Lider und betete, dass ich einmal in meinem Leben Glück hatte. Nur ein einziges Mal.
Plötzlich vernahm ich schlurfende Schritte von innen, ich öffnete die Augen und atmete wieder auf. Die Erleichterung trieb mir die Tränen in die Augen, doch ich versuchte, nicht sofort einen verzweifelten Eindruck zu erlangen, sobald die Tür geöffnet wurde. Allerdings war ich so froh, dass ich diese Reaktion gar nicht unterdrücken konnte.
Von innen drang ein leises, fluchendes Gemurmel nach außen, was mir zumindest schon einmal verriet, dass sie nicht in der allerbesten Stimmung sein musste. Kein Wunder, denn sie war definitiv kein Morgenmensch. Vielleicht hätte ich mit einem Kaffee oder so auftauchen sollen, das würde sie zumindest etwas besänftigen können. Außerdem würde ich sie mit meinem Besuch auch nicht gleich überfallen. Vielleicht schickte mich also tatsächlich weg ...
Jemand schob die Ketten aus dem Schloss, ich hörte das Klicken eines Schlüssels, bevor die Tür endlich aufgezogen wurde. Meine Augen wanderten zu meinem Gegenüber, der mich völlig überrascht anstarrte. Ich presste die Lippen zusammen, weil ich so unfassbar froh war, sie zu sehen. Gleichzeitig brachte ihr Anblick den tief empfundenen Schmerz in meiner Brust zurück. Es war, als hätte ich meine Gefühle die letzten Stunden weggesperrt, weil ich nicht mehr alleine traurig sein durfte. Ich hatte bereits so viele Tränen vergossen, dass man sich wundern könnte, wie ich überhaupt noch Wasser in mir haben konnte.
Doch hier stand ich nun, mit Tränen gefüllten Augen und blickte auf die verschwommene Silhouette nieder, die sich kein bisschen bewegt hatte.
Ich holte Luft, doch meine Worte waren alles andere als kraftvoll. „Tut mir leid", hauchte ich hervor ich und schluckte. Ich senkte für einen Augenblick den Blick und schüttelte leicht mit dem Kopf, weil ich mir gerade so unfassbar dämlich vorkam, extra hierhergekommen zu sein, ohne dass ich mich angekündigt hatte. Heiße Tränen rannten mir über die Wangen. „I-ich wusste nicht, wohin ich sonst sollte."
DU LIEST GERADE
The Warren-Games | (Broken Billionaires, #2)
Romance𝑵𝒐𝒍𝒂𝒏 Eine Entscheidung meines Bruders brachte die Multimillardenfirma meiner Familie wirtschaftlich ins Wanken. Um das Unternehmen zu retten, bin ich gezwungen, härtere Maßnahmen zu ergreifen. Maßnahmen wie die Tochter unseres größten Partners...