Nolan
Ich schlug die Lider nicht auf, noch nicht, und zwar weil ich einen Moment lang länger in der Dunkelheit sein und sie genießen wollte. Es tat gut, an rein gar nichts zu denken, denn das hatte ich schon eine ganze Weile nicht mehr. Sobald ein neuer Tag anbrach, stürmten neue Gedanken, Sorgen und Aufgaben meinen Kopf und brachten den Morgen damit schneller hinter sich als ich blinzeln konnte. Aber heute .... heute war es anders. Da gab es keinen einzigen sinnlosen Gedanken, der meinen Verstand zum Surren brachte. Nein. Da gab es nur absolute Stille.
Und ich mochte sie. Sehr sogar. Es war nichts beunruhigendes, wie man es im ersten Moment denken könnte. Diese Stille zerrte nicht an meinen Nerven, nein, sie beflügelte sie. Es war komisch und doch vollkommen logisch. Die Ruhe, die mich umgab, war einfach harmonisch und perfekt. Wenn ich mich etwas anstrengte, konnte ich irgendwo ein hupendes Auto hören, ein paar zwitschernde Vögel und eine ganz leichte Musik. Das alles war allerdings durch die Höhe meines Penthauses schnell zu überhören, sodass ich mich auf viel nähere Sachen konzentrieren konnte, die um mich geschahen.
Da gab es eine tickende Uhr im Hintergrund, aber der Zeiger war so weit weg, dass ich ihn eigentlich gar nicht wirklich wahrnahm. Was ich allerdings hören konnte, war mein eigener Atem. Er wirkte frei und leicht, gar nicht so angestrengt wie ich ihn immer in Erinnerung hatte. Woran das wohl lag? Ich verwarf diese Frage schnell wieder, weil ich die Antwort bereits kannte. Es war wegen Angeline. Sie raubte mir jeden Gedanken und verbreitete sich in jede meiner Synapsen, sodass das erste, an das ich am heutigen Morgen dachte, sie war, und das obwohl ich sie noch nicht einmal richtig gesehen hatte.
Aber das machte nichts. Nein, wirklich. Gestern Nacht hatte ich Angeline so oft und lange angestarrt, bis ich mir sicher sein konnte, dass ich ihr Gesicht frei zeichnen könnte, obwohl ich künstlerisch nicht einmal begabt war. Ich kannte ihr herzförmiges Gesicht mit den runden Wangen und dem dünnen Kinn. Ich kannte ihre gerade, spitz zulaufende Nase, ihre geschwungenen Augenbrauen und ihre mandelförmigen, wunderschönen, blauen Augen. Und ich kannte ihre vollen Lippen, denn diese hatte ich in jeder freien Sekunde berüht. Ich kannte jede Wölbung und jede Kerbe, ich kannte ihre Form und ich kannte das Gefühl von ihnen. Das alles hatte sich in mein Gedächtnis eingebrannt, und zwar so sehr, dass ich ihr Bild direkt vor meinem inneren Auge sah, ohne sie überhaupt anzusehen.
Ich schluckte und musste feststellen, wie meine Mundwinkel an Höhe gewonnen hatten, während ich die ganze Zeit über an die Frau gedacht hatte, die mir meinen kompletten Verstand geraubt hatte. Mit der Hand fuhr ich über mein Gesicht und rieb mir leicht die Augen, dann blinzelte ich ein paar Mal, um mich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Draußen war es bereits hell, aber die schweren Vorhänge verbanden jeden Sonnenstrahl aus diesem Zimmer.
Meine Hand glitt hinter meinen Nacken, die andere ruhte auf meinem nackten Bauch, während ich das Bild von Angeline einfach nicht mehr aus dem Kopf bekam. Ich hatte kein fotografisches Gedächtnis, aber ich hatte das Gefühl, dass die komplette gestrige Nacht sich in mein Gedächtnis gebrannt hatte. Ich erinnerte mich an jedes Wort, dass sie mir ins Ohr geflüstert hat, an jede Berührung, an jeden Kuss, den sie auf meiner Haut hinterlassen hatte, an jedes Kichern und jedes Stöhnen aus ihrem Mund. Ich erinnerte mich an die Art, wie sie nach Luft schnappen musste, als ich das erste mal in sie eingedrungen war, wie sie ihren Rücken durchbog, um mehr von mir aufnehmen zu können und wie sie meinen Namen keuchte, wenn ich ihr die Befriedigung gab, die sie brauchte.
Ich hatte schon vieles erlebt in meinem Leben, aber ich konnte mich an keinen Zeitpunkt erinnern, wo ich mich so glücklich gefühlt haben musste, wie in dieser einen Nacht. Es war kompletter Wahnsinn und doch ... auch wieder nicht, denn die Tatsache, dass ich das alles nur durch Angeline erfahren durfte, wirkte so sonnenklar. Ich hatte Sachen gesehen und Töne gehört, die ich noch nie gesehen oder gehört hatte. Ich hatte Dinge fühlen können, die ich in meinem gesamten Leben noch nie fühlen durfte. Das alles war schwer in Worte zu fassen, aber dieses anschwillende Gefühl in meiner Brust und dieser Drang, nicht mehr mit dem Lächeln aufhören zu können, war erklärend genug. Zumindest für mich. Es fühlte sich richtig an, auch wenn ich keine Ahnung hatte, was es zu bedeuten hatte. Das einzige, was ich wusste, war, dass ich dieses Gefühl niemals verlieren wollte, obwohl es so vollkommen fremd war.
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The Warren-Games | (Broken Billionaires, #2)
Romance𝑵𝒐𝒍𝒂𝒏 Eine Entscheidung meines Bruders brachte die Multimillardenfirma meiner Familie wirtschaftlich ins Wanken. Um das Unternehmen zu retten, bin ich gezwungen, härtere Maßnahmen zu ergreifen. Maßnahmen wie die Tochter unseres größten Partners...