Twenty-Two

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Nolan

Mit meinem Daumen scrollte ich durch meinen digitalen E-Mail-Verteiler, einfach weil ich mich nicht besser zu beschäftigen wusste. Ich hatte keinen blassen Schimmer, was Angeline geschlagene fünfundzwanzig Minuten im Badezimmer machte, aber sie schien sich extrem viel Zeit zu nehmen. Ich fragte mich, ob sie das vielleicht bewusst tat, denn immerhin hatte ich - wenn auch nur ganz oberflächlich - mitbekommen, dass sie und ihre Familie ein schwieriges Verhältnis hatten. Nicht, dass mich das sonderlich interessieren würde, doch es fiel mir zumindest auf.

Die Thornes kannte ich nur vom hören. Sie waren eine wirklich ansehliche, ehrgeizige und verdammt reiche Familie, mit der man sich besser nicht anlegen wollte. Der Druck auf meinen Schultern lastete sowieso schon stark, da war dieses Familientreffen auch nur eine weitere kleine Hürde für mich.

Es war noch nie vorgekommen, dass ich die Familie meiner Partnerin kennen gelernt hatte, was hauptsächlich daran lag, dass ich noch nie wirklich eine feste Freundin oder vergleichbares hatte. Dafür konnte ich geschäftlich schon die ein oder anderen Familien für etwas Firmen relevantes begeistern. Eigentlich war das Kennenlernen genauso wie einen Deal abzuschließen, bloß dass am Ende kein Vertrag zu stande kam, sondern das Einverständnis der Eltern, die einem das Leben dann nicht mehr ganz so schwer machten. Es ging darum, sich best möglichst zu verkaufen - und darin war ich Experte. Wie schwer konnte es also sein die Thornes von mir zu überzeugen?

Sie kannten mich mit hoher Wahrscheinlichkeit schon aus den Medien, nicht zuletzt, weil unsere Gesichter seit einem Monat öfters in den Zeitschriften abgebildet worden waren als mir lieb war. Sie kamen also gar nicht darum herum, von unserer Beziehung mitzubekommen und sich auf ein Kennenlernen vorzubereiten.

Anders als bei mir. Ich hatte keine Ahnung, was Angeline sich dabei gedacht hatte, mich ihrer Familie vorzustellen, aber zumindest informierte sie mich rechtzeitig, um mich mental darauf vorzubereiten. Weil ich noch nie in so einer Situation war, tat ich mich allerdings schwer damit. Es war nicht so, dass mir die Meinungen anderer viel ausmachten, doch wenn wir ihre Familie nicht von unserer Beziehung überzeugten, wie sollten wir dann fünf weitere Monate den Rest der Welt in dem Glauben lassen, dass wir ein glückliches, verliebtes Paar waren?

Aber da war noch etwas anderes, etwas, dass ich nicht beschreiben konnte. Es kam aus meiner Magengegend und fühlte sich unausgesprochen unangenehm an. Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, es ist Nervosität, doch ich konnte unmöglich nervös vor diesem Kennenlernen sein. Es war mir zwar nicht egal, immerhin hing davon - wiedermal - das Überleben unserer Firmen ab, aber unsere Beziehung war nicht echt, also waren die Meinungen ihrer Familien völlig irrelevant. Nur wieso verspürte ich dann diese Aufregung? Wieso schlug mein Herz bei dem Gedanken, Angelines Nahestehendsten zu begegnen, ein bisschen schneller?

Ich schob es einfach auf den Druck von unseren Väter, denn wenn nicht, würde das bedeuten, dass ich mich ... sorgte - und das tat ich mit Sicherheit nicht.

Abrupt stand ich von der Couch auf und lief zurück zum Schlafzimmer, indem sich Angeline fertig machte. Ich würde keine Minute länger darauf warten, dass sie sich im Raum einsperrte, mit der Hoffnung, ihre Familie nicht treffen zu müssen. Sollte ich nicht derjenige sein, der sich vor diesem Moment eher fürchtete?

Ich klopfte dreimal fest an die Tür, doch ich bekam keine Antwort. "Angeline, was in Herrgotts Namen tust du da drin? Wir sind schon-" Ich blickte auf meine teure Armbanduhr. "-fünfzehn Minuten zu spät dran."

Normalerweise würde mich das nicht stören, aber A) war das verdammt unhöflich der Familie gegenüber und B) wollte ich diesen Abend einfach hinter mich bringen. Je früher wir da waren, desto früher konnten wir von da auch verschwinden.

The Warren-Games | (Broken Billionaires, #2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt