Selbstzweifel und Fehlinformation

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Erzähl mir ein bisschen von Dir." bat Christian Ana.
„Was möchtest Du wissen?"
„Familie, Freunde, Hobbies, Lieblingskram. Alles. Ich will alles wissen Ana."
„Puh, das ist nicht wenig."
„Fang an wo Du möchtest." forderte er sie auf.

„Mh, das ich mit Kate zusammen wohne, weißt Du ja schon. Ihrem Dad gehört die Wohnung und sie musste sich eine Mitbewohnerin suchen. Ihre Wahl fiel auf mich und ich bin dafür sehr dankbar. Ich hab nicht so viel Geld zur Verfügung. Meine Mum und mein Stiefvater Ray unterstützen mich, so gut sie können, aber ich musste auch immer meinen Teil dazu beitragen, deswegen versuche ich in den Semesterferien zu arbeiten. Manchmal arbeite ich auch in einem Café in der Nähe der Uni. So finanziere ich mir mein Leben. Der Job bei SIP ist ein Traum für mich."

„Und Du wirst ihn super machen. Roach ist begeistert von Dir."

„Ich hoffe, ich enttäusche ihn und Dich nicht."
„Das kannst Du sicher nicht."
„Wie hat das mit Deiner Firma angefangen? Ich meine, ... auf der Uni sind einige Kerle, die werden mal ein Vermögen und eine Firma erben und bilden sich wer weiß was darauf ein, aber Du, Du hast Dir das alles selbst erarbeitet. Wie kam es dazu?"

„Ich hab in Harvard studiert. Nach ein paar Semestern wurde mir das zu langweilig. Ich wusste, ich kann das und so hab ich mir ein Startkapital von 100 tausend Dollar besorgt und meinen ersten Deal abgeschlossen. Meine Eltern waren nicht gerade begeistert. Havard hinzuschmeißen bedeutete schließlich auch, dass die Studiengebühren futsch waren. Ich hab ihnen alles zurück gezahlt."

„Sie sind sicher sehr stolz auf Dich."
„Mag sein. Obwohl ich immer noch glaube, dass ich nicht in diese Familie passe. Alle sind so perfekt. Und ich bin weit weg davon."

„Höre ich da Selbstzweifel?"
„Ich bin ein einziger Selbstzweifel, wenn es nach meinem Therapeuten geht."
„Jeder hat diese Zweifel. Wichtig ist, wie man damit umgeht."

„Du studierst Literatur, wolltest Du schon immer in diese Richtung?"
Ana überlegte einen Moment. Wann waren ihr die Bücher so wichtig geworden?
„Als Kind wollte ich Ärztin werden. Anderen Menschen helfen gesund zu werden. Dann irgendwann wollte ich Lehrerin werden, weil ich meine Englisch Lehrerin Miss Doogle so toll fand. Aber als bei uns zu Hause die Streitigkeiten immer mehr wurden, da hab ich mich mehr und mehr in meine Bücher geflüchtet. Wenn ich las, dann bekam ich nichts mit, was im Haus vorging."

Und nach der Scheiße mit Steve waren sie der einzige Ausweg die Bilder in meinem Kopf los zu werden, dachte Ana. Aber sie sagte es nicht.

„Welche Charaktere findest Du besonders gut?"
„Na ja, die romantischen, die die hohe Ideale bevorzugen, sind nicht so meins. Ich bevorzuge die dunklen, vielschichtigen Menschen, die Erniedrigung, wenn Du mich fragen würdest. Alles andere ist eher langweilig. Daher mag ich auch eher Hardy als Jane Austin."

Christian blieb einen Moment das Herz stehen. Was hatte sie da gesagt? Gab es doch Hoffnung?
„Tess ist auch eines meiner Lieblingsbücher." meinte er nur.
„Hätte ich nicht gedacht." Ana grinste ihn an.
„Ana, ich würde mich gerne wieder mit Dir treffen."
„Das würde ich auch gerne."
„Ich werde die nächsten Wochen unterwegs sein. Asien und Europa. Danach melde ich mich bei Dir."
„Freut mich."

Eine ganze Zeit unterhielten die beiden sich weiter. Immer wieder schlug Ana nach den Mücken, die hier unten am Wasser zu Haus auftauchten.
„Sag Christian, hast Du vielleicht einen Mückenschutz dabei?"
„Süßes Blut, Miss Steele?"
„Scheint so."
„Drin in meinem Rucksack. Hol es Dir raus."
„Wirklich?"

Christian dachte nochmal einen Moment nach. Nein. Er hatte den Rucksack gepackt. Da war nichts drin, was sie nicht sehen konnte. Mal abgesehen von den Kondomen, aber die waren im Spezialfach außen."

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