Kapitel Neunundzwanzig

216 25 0
                                    

Bis zum Abendessen saß ich auf heißen Kohlen, was meine Freunde natürlich bemerkten. Ich durfte mir mehrmals die Frage anhören, ob alles okay war und was denn los sei.

„Lynn? Ist wirklich alles in Ordnung?" Julian sah mich prüfend an und ich nickte schnell. „Ja, alles super", antwortete ich. „Ich habe nur wirklich echt riesen Hunger!" Bis auf Nic kaufte mir auch jeder diese Lüge ab und ich war wirklich am Überlegen, ob ich Nic von Will erzählen sollte. 

Oder wusste Nic es vielleicht schon, weil Will sich jetzt auch vor den Lehrern als Chamäleon geoutet hatte? Noch eine Frage, die ich Will stellen musste. Nur wie stellte ich das an, ohne dass Will bemerkte, dass ich wusste das Cedric und Nic wie wir waren?

„Konntest du heute Morgen eigentlich alles mit James klären?", fragte Julian mich dann plötzlich. Sofort sahen mich Abby, Dana, Nic und Damien überrascht an. „Was musstest du mit James klären?", fragte Nic und ich winkte ab. 

„Nichts Wichtiges. Und ja, ich habe alles geklärt, danke der Nachfrage", sagte ich zu Julian und machte ihm verständlich, dass ich nicht weiter darüber reden wollte. Nur leider schien Julian heute schwer von Begriff.

„Sicher? Du hast heute Morgen so aufgelöst gewirkt. Ich habe mir wirklich Sorgen gemacht", sagte er und jetzt waren auch meine Freunde alarmiert. „Was ist passiert?", fragte Dana augenblicklich und Abby sah mich besorgt an. „Es war gar nicht so wild, ehrlich. Ich..." 

„Lynn? Können wir reden?" Ich glaube ich war noch nie so froh gewesen Blake zu sehen. Okay, vielleicht gab es auch schon andere Momente, in denen ich froh war ihn zu sehen. Aber jetzt kam er genau richtig, damit ich mich vor einer Antwort drücken konnte.

„Lynn hat keine Zeit", sagte Dana und sah Blake ziemlich verurteilend an. „Schon okay", sagte ich schnell und stand auf. „Wir sehen uns beim Essen okay?" Ich wartete nicht auf eine Antwort sondern zog Blake am Handgelenk aus dem Aufenthaltsraum. „Wollen wir zum Pavillon gehen? Da können wir reden, ohne unterbrochen zu werden", sprach ich einfach drauf los. 

„Klingt gut", antwortete Blake und nutzte die Gelegenheit, um seine Finger mit meinen verschränken zu können. Diese Geste fühlte sich so vertraut und gleichzeitig so fremd an, dass ich einen Augenblick das Bedürfnis hatte, meine Hand seiner zu entziehen. Doch dann überwog das gute, vertraute Gefühl und ich beließ es dabei.

Schweigend verließen wir das Gebäude und gingen den Weg entlang, bis zum Pavillon. Die ganze Zeit über hielt Blake meine Hand fest, so als wäre zwischen uns alles wie früher. Bevor er Schluss gemacht hat.

„Also", sagte ich und lehnte mich gegen das dunkle Holz, wodurch Blake gezwungen war meine Hand loszulassen. „Reden wir", fügte ich hinzu und war froh über den Abstand, den wir nun zueinander hatten. Blake lehnte sich mir gegenüber gegen das Geländer und vergrub die Hände in seinen Hosentaschen.

„Wie geht es dir?", fragte er und sah mich an. Anders als meine Freunde sah er mich bei dieser Frage nicht besorgt an, sondern er wirkte ehrlich interessiert. Er wollte es nicht wissen, um sich Sorgen zu machen und mir zu sagen, dass ich mich lieber noch schonen sollte. Er wollte es wissen, weil er einfach nur wissen wollte, wie es mir geht. Deshalb fiel es mir auch so einfach, ihm die Wahrheit zu sagen.

„Ehrlich gesagt geht es mir gerade nicht so gut. Heute Morgen war ich zwar ziemlich euphorisch und hätte Bäume ausreißen können, aber jetzt... ich fühle mich ausgelaugt und müde", sagte ich und Blake nickte. 

„Tut mir leid... Wenn du willst können wir auch später reden", sagte er und sah mich verständnisvoll an. Ich schüttelte leicht den Kopf. „Schon okay... Die frische Luft tut mir wirklich gut..." Blake lächelte und seufzte dann.

Silverleaf Academy - Wenn alles anders ist... (3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt