Kapitel 38

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Adara

Anscheinend war ich bewusstlos geworden, kaum das Nikolaj mich fand. Ich konnte mich nur noch daran erinnern, dass ich bei Giono bleiben sollte. 

Nikolaj hingegen stieg selbst in den Bunker hinab. 

Ich wollte ihn noch warnen. Ich wollte ihn anflehen, dass er bei mir bleiben sollte, um nicht Catherine's toten Körper sehen zu müssen. 

Aber mein eigener Körper und meine Stimme hatte vollends versagt. Ich spürte noch wie ich in Giono's Armen zusammensackte und dann wurde es still und dunkel um mich herum. 

Bis jetzt. 

Ich schlug die Augen auf und sah grau. 

Eine graue Betondecke und kurz bekam ich Panik, dass meine Flucht nur ein wilder Fiebertraum gewesen war. 

So sah keine Decke in Nikolaj's Haus aus. 

Wo war ich nur? 

In einem Bett. Aber in welchem Raum befand sich dieses Bett und in welchem Haus befand sich dieser Raum? 

Erst bewegten sich nur meine Augen und dann mein ganzer Körper. Ich drehte meinen Kopf und blickte in blaue Augen. 

Die gleichen blauen Augen, die ich auch hatte. 

Mein Bruder war hier? Antonio war hier! 

«Hey Schlafmütze! Gut geschlafen?» Fragte er ironisch. Wir hatten uns seit Wochen nicht gesehen. Wochen in denen ich entführt wurde und es ihm abgesehen davon, scheinbar auch nicht gut ging. 

Mein Bruder war körperlich, seit seiner Erkrankung, schon immer etwas instabiler als andere Menschen. Aber die Chemotherapie schien ihm jetzt noch den Rest zu geben. 

Seine Haare mussten ausgefallen sein. Jedenfalls hatte er sich eine Glatze rasiert. Außerdem lagen tiefe Schatten unter seinen müden Augen. 

Und noch etwas war anders. 

Meine Augen wanderten entlang seiner Beine. Ja, beide Beine!

Denn an der Stelle, an dem sein Bein mal gewesen war, war jetzt eine Prothese. 

«Schick oder?» Bemerkte er meinen Blick und klopfte sich auf sein unechtes Bein. «Ich bin jetzt ein Roboter.» 

Anscheinend hatte Antonio die Aufgabe bekommen mich aufzumuntern. Aber ich ließ mich nicht darauf ein. 

«Woher hast du die? Wir haben doch gar kein Geld.» Äußerte ich meine Verwirrung.

«Wir nicht. Aber dein Freund Schrägstrich Gangsterboss schon.» 

Mit "Freund Schrägstrich Gangsterboss", meinte er dann wohl Nikolaj. Wieder einmal hatte er etwas für mich und meine Familie getan, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. 

Wie sollte ich ihm das jemals alles zurückzahlen können? 

«Du hast das einfach angenommen? Das sieht dir gar nicht ähnlich.» Antonio legte verlegen die Hand in den Nacken und zog eine Grimasse.

«Er hat mir gedroht, dass wenn ich es nicht annehmen würde, er dich nicht mehr weiter sucht. Allerdings habe ich das Gefühl, dass er dich so oder so weitergesucht hätte und er mich nur verarscht hatte.» 

Ja, das sah Nikolaj ähnlich. Manipulativ war er schon immer gewesen. Aber dafür hatte er auch ein großes Herz. 

Mein Bruder und ich sagten ein paar Minuten lang nichts. Jeder hing seinem eigenen Gedanken nach. 

«Wie geht es dir?» Durchbrach ich dann schließlich die Stille. 

Sein Gesicht verzog sich zu einer traurigen Miene. 

The one woman (Mafia) Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt