3. Ein unmoralisches Angebot?

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„Chester, schön, dass du es einrichten konntest. Komm mit, da vorne ist mein Büro."

Ich starre entsetzt auf seine breiten Schultern, die in einem Designeranzug stecken und sich nun langsam entfernen. Dann blicke ich zum Aufzug, dessen Türen sich aber soeben schließen.

„Kommst du? Oder bist du da festgewachsen?", ruft er über den Gang und ich blicke automatisch auf meine Füße. Offensichtlich nicht festgewachsen und trotzdem setzen sich meine Beine nur schwer in Gang.

Die ältere Dame an dem Schreibtisch vor Mr. Brookmans Büro wirft mir einen aufmunternden Blick zu, als ich an ihr vorbeigehe und sein Büro betrete.

„Setz dich doch. Sieht so aus, als würde ich mein Date doch noch bekommen."

Ich nehme ihm gegenüber vor dem Schreibtisch Platz und lege meine Umhängetasche auf den Schoß. Alle Worte, die ich mir so schön zurechtgelegt habe, machen nun keinen Sinn mehr.

„Mr. Brookman, ich sehe das hier eher nicht als Date an." Doch er übergeht einfach meine Worte. „Oh, ich bin übrigens Adrian."

Er steht auf und schüttet etwas Wasser in das Glas vor mir ein. Sofort spüle ich es in einem Schluck herunter, denn mein Mund ist staubtrocken.

„Ich bleibe bei Mr. Brookman, danke."
„Wie du willst. Jeder hat ja so seine Vorlieben."
Er prostet mir noch mit seinem Glas zu, bevor er sich wieder auf seinen teuren Ledersessel fallen lässt. Sein Blick wandert von mir auf die Unterlagen vor sich.

„Du suchst also was fürs Herz?"

Was ist das für eine komische Frage für ein Vorstellungsgespräch? Ich kneife die Augen zusammen und betrachte ihn, versuche auszumachen, worauf er hinauswill, aber er lächelt mich nur an.

„Ja, also... ich suche einen Job, bei dem ich mit dem ganzen Herzen dabei bin."

Er nickt mit gespielt ernster Miene.

„Keine Lust mehr auf ständig wechselnde Männer... ähm... Jobs?", berichtigt er sich, wobei ich es als pure Absicht deute.

„Ich bin eine treue Seele, wenn das Ihre Frage war. Was ich in meinem Privatleben mache, dürfte Sie wohl einen Scheiß angehen."

Nun stützt er sich mit den Händen auf der Tischplatte ab, beugt sich über den Tisch und funkelt mich böse an.
„Du vergisst wohl, mit wem du hier redest!"

Ich muss mir das nicht gefallen lassen. Ich stehe auf und hänge mir die Tasche über die Schulter.

„Offensichtlich habe ich es mit dem Psychopathen zu tun, der seine Bewerber vorher ausspioniert. Oder liege ich da so falsch?"

„Ausspionieren. Unschönes Wort, findest du nicht? Ich habe mich doch nur über dich erkundigt", sagt er, als wäre es das normalste der Welt, das Date eines seiner Bewerber zu crashen. Dann kommt er um den Tisch herum und er verschlingt mich mit seinem Blick. Wieder kleben meine Füße am Boden fest, obwohl ich doch eigentlich gehen wollte. Ihm zeigen wollte, dass er so nicht mit mir umgehen kann.

Seine Hand legt sich an meinen Oberarm und ich weiß nicht warum, aber plötzlich muss ich an das Gefühl seiner Lippen auf meiner Haut denken.

„Ich wollte dich doch nur etwas besser kennenlernen. Sehen wie du tickst. Nicht in diesem gestellten Vorstellungsgespräch, wo du vorgibst, jemand zu sein, der du nicht bist. Schließlich werden wir uns sehr nahekommen, wenn du für mich arbeitest. Da muss ich doch wissen, wer du wirklich bist."

Die letzten Worte sind nur gehaucht und mein ganzer Körper steht in Flammen. „Ich bin jetzt weg", sage ich mit zusammengebissenen Zähnen und will mich von seiner Hand an meinem Oberarm befreien, aber je mehr ich daran zerre, desto fester umschließt er ihn.
„Was ist dein Preis?"
„Mein Preis? Sehe ich für Sie aus wie ein billiges Flittchen?"

Er lässt meinen Arm los und grinst mich süffisant an. „Ist daran irgendetwas lustig? In der Stellenausschreibung stand nicht, dass ich meinem Lebenslauf eine Preisliste für Blowjobs und Analsex beifügen soll", schreie ich fast und mir ist bewusst, dass sich bereits hektische rote Flecken auf meinen Wangen und am Hals gebildet haben müssen.

„Was sagst du zu 72?"
„Sagen Sie mal, hören Sie mir zu? Meinen Sie, ich gehe für 72 Dollar für Sie auf die Knie?"
Er schüttelt grinsend den Kopf. Die ganze Sache scheint ihn sehr zu amüsieren.
„72.000 Jahresbrutto, wenn du für mich arbeitest. Sexuelle Gefälligkeiten werden natürlich nicht vergütet und beruhen nur auf gegenseitigem Einvernehmen. Was sagst du?"

Ich bin sprachlos. Ich verstehe diesen Typen nicht. Er weiß nichts über mich und will mich trotzdem einstellen und das nach diesem miserablen Vorstellungsgespräch. 

„Wir machen das so: Meine Sekretärin gibt dir den Vertrag und du überlegst es dir bis Ende der Woche. Deine Aufgaben sind alle im Vertrag ersichtlich. Solltest du dich für mich entscheiden, will ich dich allerdings sofort. Auch wenn ich dich freikaufen muss."

Zack und schon wieder fühle ich mich wie eine Hure, die von einem Zuhälter zum anderen gereicht wird. Doch ich habe mich bereits um Kopf und Kragen geredet, deshalb nicke ich nur und schüttele dann die Hand, die er mir entgegenstreckt.

„Danke für das Gespräch, Chester. Du warst sogar authentischer als im echten Leben."

Völlig perplex verlasse ich sein Büro und vergesse meinen Vertrag mitzunehmen, sodass mir seine Sekretärin hinterherlaufen muss. Draußen vor dem Gebäude starre ich erst fassungslos auf das Dokument in meinen Händen und schaue dann hoch zum 24. Stock. Ich bin mir fast sicher, dass er mich von da oben beobachtet.

Ist er auch so ein Kontrollfreak wie der Typ von meinem misslungenen Blind Date? Wird er mir das Leben zur Hölle machen? Allerdings wird diese Hölle ziemlich gut bezahlt.

72.000 Dollar, das ist mehr, als ich jemals zu träumen gewagt hätte.

Date the boss - don't fall in loveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt