18. Wer ist hier der Boss?

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Am nächsten Morgen bin ich um Punkt acht Uhr im 24. Stockwerk des Gebäudes von Brookman Enterprise. Die Tür von Mr. Brookmans Büro ist bereits geschlossen und ich mir ziemlich sicher, dass er bereits an seinem Schreibtisch sitzt. „Guten Morgen Mary, ist er schon da?", frage ich und zeige auf die Tür.

„Morgen Chester, allerdings. Aber willst du da wirklich jetzt rein? Seine Laune hat sich seit gestern nicht gebessert und er möchte nicht gestört werden. Auch nicht von dir."

Ich lasse die Schultern sinken, was einem Kraftakt gleicht, denn mein ganzer Körper ist angespannt. Zerknirscht suche ich ihren Blick. „Was ich zu sagen habe, duldet leider keinen Aufschub."

„Tu was du nicht lassen kannst, aber sag nachher nicht, ich hätte dich nicht gewarnt."

Ich klopfe an der Tür, aber es kommt keine Aufforderung einzutreten und doch tue ich es. Sein Blick trifft mich von unten herab, doch er verweilt nur kurz auf mir, dann wandert er auf die noch geöffnete Tür, dessen Klinke meine Hand noch umfasst. „Mrs. Roberts, ich hatte doch gesagt, keine Störungen." Ich höre die gedämpften Schritte von Mary auf dem Teppich.

„Mr. Brookman, das ist mir durchaus bewusst und das habe ich Mr. Parker auch gesagt, aber er scheint genauso stur zu sein wie Sie."

Mit diesen Worten bahnt sie sich wieder ihren Weg raus aus dem Büro und schließt die Tür hinter sich. „Was willst du?", knurrt Mr. Brookman und widmet sich wieder dem Dokument auf seinem Schreibtisch.

„Ich wollte mich für mein Benehmen gestern entschuldigen. Ich habe mich völlig unangebracht verhalten. Es wird nie wieder vorkommen." Er hebt seinen Blick und mustert mich von oben bis unten. „Ach, nein? Was macht dich da so sicher?"

„Weil Sie nun mehr Rücksicht nehmen werden, sodass ich mich nicht mehr getriggert fühle."

Nun stellt er das Gekritzel auf seinem Dokument ein und verharrt einen Moment in seiner Position, bevor er aufsteht und zu der kleinen Sitzecke an der Längsseite seines Büros geht. „Willst du darüber sprechen?", fragt er und bietet mir einen Platz auf der Couch gegenüber des Sessels, auf dem er sich niederlässt, an. „Nein, ich denke nicht", erwidere ich und vergrabe meine Hände in den Hosentaschen.

„Gut, dann reden wir", sagt er.

Augenrollend lasse ich mich auf die Couch fallen. „Also, was an meinem Verhalten hat dich getriggert?"

„Vielleicht war es nicht nur das Gesagte, vielleicht war es auch einfach die Summe von allem. Aber der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat war, als sie gesagt haben, dass die Vorstellung lächerlich wäre, dass ich ihr Partner sein könnte."

Er beugt sich vor und stützt seine Ellenbogen auf seinen Oberschenkeln ab. „Nein, das habe ich niemals gesagt."
„Aber gemeint."
„Nein", verteidigt er sich.
„Aber gehen wir mal davon aus, ich hätte es gesagt. Warum triggert dich sowas?"

Denk nach, Chester. Sag irgendwas Belangloses, damit du ihm nicht von der erbärmlichen Nummer mit deinem Ex erzählen musst. Leider fällt mir nichts Plausibles ein.

„Es gab da eine Person in meiner Vergangenheit, die mich klein gemacht und mir vermittelt hat, dass ich nichts wert bin." Er lässt das Gesagte einen Moment lang im Raum stehen und scheint darüber nachzudenken.

„Nun ja, wir befinden uns hier auf der Arbeit. Ich bin dein Boss und natürlich haben wir hier eine strenge Hierarchie und die halte ich strickt ein. Das bedeutet aber nicht, dass ich nicht den Wert eines jeden Mitarbeiters schätze. Doch ich muss die Kontrolle über alles behalten. Ich bin verantwortlich für viele Existenzen."

„Warum müssen Sie immer die Kontrolle haben? War es für Sie so schlimm, mir kurz das Ruder zu überlassen bei dem Termin? Ich meine, wie machen sie das in einer Beziehung? Haben Sie da auch die totale Kontrolle?"

Ich bin inzwischen aufgestanden und laufe wild gestikulierend durch sein Büro. Er schmunzelt in sich hinein, aber das Lächeln erreicht seine Augen nicht.

„Ich führe keine Beziehungen. So ein Mann bin ich nicht. Und ja, ich habe es gehasst, die Kontrolle abzugeben, weshalb ich dich auch am Straßenrand habe stellen lassen. Tu das nie wieder. Das ist eine Warnung, du willst mich nicht zum Feind, Chester."
„Verstehe."
„Was glaubst du zu verstehen?"

„Dass man mit Ihnen kein vernünftiges Gespräch führen kann."
„Schade, dass du so denkst. Ich habe dich nicht umsonst ausgesucht. Ich kenne deinen Wert."

„Mich ausgesucht? Ich habe mich bei Ihnen beworben. Es war ganz allein meine Entscheidung."

Wieder trifft mich dieses fiese Grinsen. „Aber natürlich, Chester."

„Auch wenn Sie mich unter allen Bewerbern ausgesucht haben, konnten Sie nicht wissen, dass ich zusage." Er steht aus dem Sessel auf, legt den Kopf leicht schief und kneift ein Auge kurz zu. „Ja, da hast du recht. Es gab eine zweiprozentige Chance, dass du ablehnst."

„Zwei Prozent? Eher fünfzig."

„Nein, ich wusste, dass ich dich von Anfang an richtig eingeschätzt habe und dass du zu mir kommen würdest."

„Was heißt von Anfang an?"

„Ich denke, du solltest langsam mal anfangen zu arbeiten." Ich denke gar nicht daran, das Büro zu verlassen. „Was heißt von Anhang an?"

„Zwei Wochen vor deiner Bewerbung", sagt er beiläufig. „Mrs. Roberts!", schreit er dann durch den Raum.

Sofort erscheint ihr Kopf in der eine Stück weit geöffneten Tür. „Ja bitte, Mr. Brookman?"

„Seien Sie so lieb und machen mir einen Kaffee und begleiten Sie Chester hinaus."
„Hinaus aus dem Gebäude?", fragt sie erschrocken. „Aus meinem Büro."

Ich habe meinen Blick immer noch auf Mr. Brookman gerichtet. Denn ich habe Fragen. Viele Fragen. „Sie meinen zwei Wochen nach meiner Bewerbung?", hake ich nochmal nach.

„Ich meine die Dinge, die ich sage, in der Regel auch so und jetzt an die Arbeit."

Date the boss - don't fall in loveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt