44. Löwenmütter

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„Es wird dich freuen. Ich habe dafür gesorgt, dass dein Ansehen bei der Presse nun auch wiederhergestellt ist", sagte er, nachdem er sich aus dem Kuss gelöst hatte. Ich konnte darüber nur lachen. „Mein Ansehen?" „Ich habe einer großen Tageszeitung ein Interview gegeben und unser Vermählung verkündet. Womit klar sein dürfte, dass du nicht nur mein Toyboy bist und meine Absichten mit dir durchaus ernst sind."

Ich war gerührt und sprachlos. Dass er für mich über seinen Schatten gesprungen war, bedeutete mir unheimlich viel. Doch es gab einen Haken an der ganzen Nummer und zwar in Form einer Ihren-Sohn-über-alles-liebenden-Mutter. Wenn sie über einen Zeitungsartikel erfahren würde, dass ihr Sohn den Bund fürs Lebens geschlossen hatte, könnte ich mich, aber auch Adrian, warm anziehen. Also führte uns unser Weg an diesem Tage, direkt nach der Arbeit, zum Haus meiner Eltern. Selbstbewusst wie Adrian nun mal ist, hatte er sich sofort als mein Ehemann vorgestellt und meine Mutter hatte nicht mal versucht, ihre Gesichtszüge unter Kontrolle zu behalten. Alles unter dem amüsierten Blick meines Vater. Die Gartenschere hatte sie dabei drohend auf Adrian gerichtet, bevor sie mich hinter sich her in die Küche geschleift und mir eine Standpauke à la „Drum prüfe, wer sich ewig bindet" gehalten hatte.

Der Abend endete dann aber doch noch ganz versöhnlich und meine Mutter hatte Adrian weder mit der Garten-, noch mit der Geflügelschere attackiert. Mit meinem Vater lag Adrian sofort auf einer Wellenlänge. Eine Tatsache, die mein Herz erwärmte. „Wie haben es deine Eltern aufgenommen, als du dich geoutet hast?", fragte mich Adrian auf dem Nachhauseweg. „Gut und schlecht. Ich glaube, sie haben sich für mich etwas anderes gewünscht. Nicht, weil sie ein Problem damit haben, dass ich auf Männer stehe, aber weil sie wissen, dass die Welt ein Problem mit Akzeptanz hat." Er nickte zustimmend, während er den Blick auf die Fahrbahn vor ihm gerichtete hatte. „Meine Mom hat mich immer beschützt. Sie ist eine Löwenmutter. Sie will nur nicht, dass ich unglücklich bin", rechtfertigte ich ihr Verhalten. „Das will ich auch nicht. Bitte sag mir, wenn ich mich wie ein Arsch benehme."

Ich musste es ihm häufig sagen in den kommenden Wochen. Denn wir waren uns bei der Wahl meines Nachfolgers nicht immer einig. Widerwillig hatte er sich bereit erklärt, meinem Kandidaten eine Chance zu geben. Andrew ist Brite, hat vorzügliche Manieren, ist stocksteif und hetero. Für mich die perfekte Wahl, für Adrian ein Alptraum. Aber er macht seine Arbeit gut und so ein klein wenig darf Adrian mich auf der Arbeit schon vermissen.

Er war es auch, der mich auf die Idee brachte, Jura zu studieren und ohne ihn wäre es mir auch nicht möglich gewesen, dies zu tun. Adrian hatte seine Kontakte spielen lassen und so studiere ich nun seit ungefähr drei Monaten Jura an der Universität in Washington. Die Hälfte der Zeit, die wir zusammen sind, trennen uns nun fast 700 Meilen.

Ich bin inzwischen müde von den vier Stunden Flug jede Woche. Müde vom Studium, was mich inzwischen langweilt. Müde, die Tränen beim Abschied jeden Sonntag zu unterdrücken. Ich vermisse meine Freunde und Rachel und allen voran Adrian. Ich hätte nie gedacht, dass es so sein würde und dass das Jurastudium nicht die Erfüllung meiner Träume ist. Doch ich kann es nicht ändern. Ich habe alle Brücken nach Washington abgebrochen. Die Wohnung gekündigt. Ich werde nicht zurückkehren. Ich bin nach Hause gekommen, um zu bleiben. Ich will nur Adrian und ich bin nicht bereit, auch nur eine Sekunde unseres Ehelebens zu verpassen. Nur habe ich keine Ahnung, wie Adrian drauf reagieren wird, denn er schuldet nur wegen meines Studiums einigen Leuten nun einen Gefallen.

Soeben erhalte ich eine Nachricht von ihm.

Wenn du dich vor dem Treffen mit Rachel und Mister Ich-habe-kein-Gewissen drückst, garantiere ich für nichts.

Ich glaube, ich lasse ihn noch etwas zappeln und erzähle noch ein wenig über Rachels und seine Beziehung. Inzwischen sind sie ein Herz und eine Seele. Doch es gab eine Phase, da glaubte ich, dass sie nie wieder zueinanderfinden würden.

Es war kurz nach unserer Versöhnung, zu der Zeit, als Rachel und ich beschlossen hatten, unsere Wohnung zu kündigen und zu unseren Partnern zu ziehen.

Natürlich hatte Adrian nach der Wiedervereinigung mit Rachel gehofft, dass diese Antworten auf alle seine Fragen hatte. Doch Rachel war genau so ahnungslos wie Adrian selbst. Ihre Mutter hatte ihre Lüge ihr Leben lang aufrechterhalten und ihre Rolle perfekt gespielt. Doch dann hatte Rachel plötzlich einen Geistesblitz und übergab Adrian ein Bündel mit den Tagebüchern ihrer Mutter. Sie hatte nie das Bedürfnis verspürt, darin zu lesen. Wollte nicht in die Privatsphäre ihrer Mutter eindringen. Dass mein Ehemann in solchen Dingen weniger Skrupel hat, dürfte allen bekannt sein.

So war mir auch klar, als ich an diesem Tage von einem Treffen mit meinen Freunden nach Hause kam und Adrian mit den sieben Büchern in chronologischer Reihenfolge vor ihm ausgebreitet am Küchentisch sitzend vorfand, dass er alle gelesen hatte. Ich lag falsch, so falsch. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er Gewissensbisse, in die Privatsphäre von jemanden einzudringen. Doch ich glaubte, dass es eher die Angst vor dem, was dort geschrieben stand, war. „Ich kann sie ja immer noch lesen. Irgendwann... Es läuft ja nicht weg", sagte er, stapelte die Bücher und wollte sie wieder mit dem Gummi fixieren, als zwei Briefe aus dem letzten Band rutschten. Einer an Rachel adressiert, der andere an Adrian Brookman.

Date the boss - don't fall in loveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt