26. Grau ist eine schöne Farbe

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„Mann, ich war geil", platzt es aus mir heraus. „Dafür kann es eigentlich nur zwei Gründe geben. Der erste wäre wohl ich und der zweite, dass dir jemand Liquid Ecstasy in dein Getränk gemischt hat."

„Was? Nein! Wer sollte, mir war ins Glas getan haben? Ich war mit meinen Freunden da."

„Gut, wie du meinst, dann habe ich dich wohl so erregt." Ich schließe die Augen und versuche mich krampfhaft zu erinnern, aber nichts. „Lass uns einen Drogentest machen. Ich wette, er schlägt an."

„Und was bringt das? Dann wissen wir immer noch nicht wer, es war. Oder wollen Sie alle Anwesenden von Samstag verhören?" Sein Gesichtsausdruck spricht Bände. Er würde es tun. Er würde alle ausfindig machen und dann? Weiter mag ich gar nicht denken, denn ich will das nicht.

„Nein, das bringt mich nicht weiter. Ich will einfach den Abend vergessen." „Wie gut, dass du das schon hast", sagt er mit einer Spur Sarkasmus. „Ich würde mich jetzt gerne mit Arbeit ablenken. Also, was darf ich für Sie tun?" „Ich wüsste dich lieber in deinem Bett, oder in meinem, aber wenn du drauf bestehst. Greife einfach Mary unter die Arme."

Also verlasse ich sein Büro, nur um feststellen, dass Mary offensichtlich der gleichen Meinung ist wie Mr. Brookman. So sitze ich wenige Zeit später wieder nichts tuend in meinem Büro. Auf meinem Handy läuft das Überwachungsvideo von Samstagnacht.

Mr. Brookman hat mich angelogen. Er hat mich angerührt. Ganze fünf Mal war er in meinem Zimmer, hat meinen Puls gemessen, oder die Temperatur auf meiner Stirn. Hat mein Kissen aufgeschüttelt und mir einen Haarsträhne aus der Stirn gestrichen. Tatsächlich macht dieser Anblick, etwas mit mir. Er lässt meinen Bauch kribbeln. Außerdem schäme ich mich, weil ich so ein schlechtes Bild von ihm habe. Genau das hatte er mir Sonntagmorgen vorgeworfen.

Aber ich bin nicht der Einzige. Es ist doch klar, dass die Menschen denken, man habe Dreck am Stecken, wenn man sich so von der Welt abschirmt.

Zwei Stunden später stehe ich wieder in Mr. Brookmans Büro. „Hätten Sie einen Moment für mich?" „Für dich doch immer, Chester."

Ich werfe noch einen kurzen Blick auf den Block in meiner Hand „Gut, ich habe hier ein paar Fragen, die Sie mir bitte beantworten." Verwundert schaut er mich an und lehnt sich dann entspannt in seinem Bürostuhl zurück.

„Also, sind sie ein guter oder ein schlechter Mensch?"

„Ein guter Mensch", sagt er und ich notiere seine Antwort auf dem Block. „Intro- oder Extrovertiert?"
„Extrovertiert, was für eine Frage?"
„Was würden Sie tun, wenn andere schlecht über Sie reden? A: Sie zur Rede stellen? B: Ignorieren? Oder C-" „Chester, was wird das hier? Ist das ein Psychotest? Wie finde ich den passenden Ehemann? Kommt gleich noch die Frage, ob ich lieber unten oder oben bin?"

„Das dürfte wohl außer Frage stehen. Sie müssen immer oben sein", erwidere ich patzig. Er springt von seinem Sessel auf und kocht vor Wut. „Und du tust es schon wieder! Du weißt nichts über mich, aber glaubst alles zu wissen."

„Niemand weiß etwas über Sie! Weil Sie sich verdammt nochmal verstecken. Kein Wunder, dass tausend Gerüchte über Sie im Umlauf sind. Sie müssen endlich da rausgehen und zeigen, dass Sie nicht der sind, für den die Welt sie hält. Sondern auch der Typ, der seinen Angestellten aus einer brenzligen Situation rettet und ihm die Kotze aus dem Gesicht wischt...und dass Sie gut sind. So wie Sie sagten."

Ich halte mich, schwer atmend, mit rasendem Herz, an dem Stuhl vor seinem Schreibtisch fest. Ich fühle mich wie nach einem Marathon. Die Finger, die Mr. Brookman zu einer Faust geballt hatte, öffnen sich langsam wieder.

„Und wie soll ich das machen?", fragt er schließlich.

„Eine Wohltätigkeitsveranstaltung." „Nein!" Ich zucke zusammen, so heftig schmettert er mir seine Antwort entgegen. „Du hast keine Ahnung, was die Welt mir angetan hat. Ich war noch ein Kind." „Und jetzt sind Sie erwachsen. Also benehmen Sie sich auch so." „So redest du nicht mit mir! Raus, Chester. Raus, bevor ich mich vergesse."

Ich stolpere halb über meine Füße, auf meiner Flucht nach draußen. Den Block lasse ich notgedrungen in seinem Büro zurück. Mary wirft mir einen fragenden Blick zu, aber ich schüttele nur den Kopf und verschwinde in meinem Büro.

Obwohl ich meine Mittagspause mit Luis verbringen wollte, ruht mein Kopf nun auf dem Schreibtisch, denn mir ist der Appetit gehörig vergangen. Mein Gefühlschaos erledigt den Rest.

„Chester!" Ich schrecke aus dem Schlaf hoch und mein Magen dreht sich einmal um sich selbst. „Ja, Mr. Brookman?" Er tritt neben mich an den Schreibtisch, meinen Block hat er in der Hand und ich merke, dass er gerade ein großes Eingeständnis macht, denn seine ganze Körperhaltung wirkt als hätte er Schmerzen.

„Du kannst den Stuhl auf die andere Seite des Schreibtisches stellen. Dann erschreckst du dich nicht immer so... Und was war dein Plan, um meine Weste weiß zu waschen?"

„Also, weiß bekommen wir Ihre Weste nicht mehr", beginne ich und ernte einen bösen Blick. „Aber grau. Ich mag grau. Sie mögen auch grau. Also, ich dachte an so etwas, wie einen Spendenball." Er will schon wieder protestieren, aber ich gebe ihm keine Chance. „Einen Maskenball. So können Sie sich danach immer noch frei in der Stadt bewegen ohne erkannt zu werden und doch geben Sie der Presse, das was sie will. Das ganze verknüpft an einen wohltätigen Zweck und die Sache ist perfekt."

Er denkt darüber nach, aber es kostet ihn einiges an Überwindung, zum Sprung über seinen Schatten anzusetzen. „Du bleibst so lange, bis der Ball über die Bühne gebracht ist. Dann wäre es perfekt." Er streckt mir seine Hand entgegen und nun bin ich es, der sich überwinden muss.

Zum ersten Mal reichen wir uns die Hände. Er hat einen festen Händedruck, aber seine Hände sind wunderbar weich. Ich glaube, in diesem Moment geht es um mehr als um das Versprechen noch eine Weile bei ihm zu bleiben.

Date the boss - don't fall in loveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt