38. Das Geständnis

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Nun habe ich den Beweis. Mein Ehemann ist wirklich das Arschloch, für das ich ihn halte.

„Als ich Rachel das erste Mal sah, da wusste ich, dass sie zu mir gehört und ich konnte mir ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen. Aber nicht auf die Art und Weise, wie du denkst. Ich sehe sie nicht so, wie ich dich sehe. Chester, Rachel ist meine Schwester."

„Was?", platzt es aus mir heraus. Das ergibt doch keinen Sinn. „Rachel hat keine Geschwister und deine Schwester ist tot." „Das dachte ich auch immer. Doch dann konnte ich mich letztes Jahr endlich dazu überwinden, zu dem Grab meiner Mutter und meiner Schwester nach Alicante zu fliegen. Als der Typ von der Friedhofsverwaltung hörte, dass ich auf der Suche nach ihren Gräbern war und dass mein Vater schon lange tot ist, hatte er Mitleid und hat mir alles erzählt. Meine Mutter hat ihren Tod nur vorgetäuscht-"

„Moment! Das hast du ihm natürlich einfach so geglaubt?"

„Nein, ich war mir selbst nicht sicher, als er mir einen gefälschten Pass gab, mit dem Foto von mir als Fünfjährigen und dem Nachnamen Green. Ich habe in einer Nacht- und Nebelaktion die Gräber öffnen lassen. Die DNA stimmt nicht mit meiner überein."

„Ich verstehe das nicht. Warum hätte deine Mutter abhauen und dich zurücklassen sollen?", frage ich, obwohl ich immer noch nicht weiß, was das Ganze mit mir zu tun hat. „Das wird wohl für immer ein Geheimnis bleiben, denn wie du bestimmt weißt..." Er zieht die Nase hoch und ich wende den Blick ab. „...Ist deine Mutter vor fünf Jahren an Krebs gestorben." Ich sehe ihn aus dem Augenwinkel nicken.

„Auf alle Fälle habe ich ihre Spur von Alicante aus verfolgt. Sie haben einige Jahre in Spanien gelebt und sind dann wieder nach Amerika zurückgekehrt. Ich nehme an, als es meiner Mutter gesundheitlich schlechter ging."

„Und warum hat sie keinen Kontakt zu dir gesucht? Sie musste doch gewusst haben, dass dein Vater tot ist."

„Das ist die Frage, mit der ich mich jede Nacht quäle. Dachte sie, ich wäre wie mein Vater geworden? Oder wollte sie nur ihre Lüge aufrecht erhalten? Ich weiß es nicht, Chester."

„Du hast Rachel hier in Chicago gefunden, und dann?" „Dann sind mir sämtliche Sicherungen durchgebrannt. Plötzlich war ich nicht mehr alleine. Ich hatte nach kurzer Zeit eine Haarprobe von Rachel und war nun sicher, dass sie meine Schwester ist."

„Und warum bist du nicht einfach hin und hast dich vorgestellt? So wie jeder normale Mensch es getan hätte?"

„Weil ich nicht jeder normale Mensch bin und weil ich Angst hatte, dass sie genau so von mir denkt, wie alle anderen Menschen. Dass sie glaubt, ich wäre ein Mörder und dann nichts mit mir zu tun habe wollen würde. Deshalb kamst du ins Spiel."

„Warum? Warum ich?"

„Weil Rachel dir vertraut und ich dachte, jemand der sich zehn Minuten grässliche Saxophonmusik anhören kann und den Typen, der sie spielt auch noch bezahlt, dass dieser jemand auch fähig wäre, mich zu mögen. Und wenn du mich mögen würdest, würde es Rachel auch tun. Egal, was alle anderen sagen."

Mir raucht der Kopf. Ich bin körperlich am Ende, aber noch schwirren tausend Fragen in meinem Kopf. Zwar fürchte ich die Antworten darauf, doch vielleicht wird Adrian nie wieder so ehrlich zu mir sein, wie in diesem Moment, auf einer Bank irgendwo in Chicago.

„Wie hast du es geschafft, dass ich mich bei dir bewerbe?"

„Ich... Weißt du noch, als dein Handydisplay gerissen war? Anfang Februar? Ich habe den Typen im Handyladen bestochen und habe ich eine Überwachungssoftware in deinem Handy installieren lassen. Anhand deiner Suchanfragen wusste ich, dass du einen neuen Job suchst und so habe ich eine Anzeige geschaltet, die nur du sehen konntest. Du musstest nur anbeißen."

Ich schüttele den Kopf. Ich will nicht wahrhaben, was er da sagt. „Und deshalb wusstest du auch von meinen Dates?"

„Ich wusste, mit wem du schreibst und wo du dich befindest, aber ich hatte keinen Einfluss drauf, mit wem du dich triffst... zuerst nicht..."

Deshalb also war er bei meinen Dates dabei und in der Disco, weil ich vorher meinen Freunden geschrieben hatte. Nur von dem Date mit John konnte er nichts wissen, weil mein Handy zu der Zeit in Reparatur war.

„Chester, es tut mir so leid. Ich... ich habe den Anbieter der Dating App gekauft und... das mit der Entführung ist meine Schuld. Ich habe dir die Typen zugespielt." „Warum hast du das getan?" „Weil ich nicht wollte, dass du dich in einen von ihnen verliebst. Ich wollte, dass du dich in mich verliebst." „Warum? Wegen Rachel?" „Nein, nur für mich."

Es fühlt sich an, als würde mein Kopf explodieren. Ein dumpfer Schmerz breitet sich darin aus. Ich presse meine Hände gegen meine Schläfen, aber der Druck hört nicht auf. „Chester, bitte sag doch was."

„Deine Zeit ist abgelaufen. Ich will nach Hause." Er will nach mir greifen, doch zieht die Hand, nach einem kurzen Blick in mein Gesicht, zurück. „Darf ich dich und Rachel noch nach Hause fahren?" Rachel, die gerade zurückgekehrt ist, reicht mir die Flasche Wasser und legt eine Hand auf meinen Rücken. „In Ordnung", sage ich kalt.

Die Fahrt verbringe ich schweigend mit geschlossenen Augen, während Rachel mich fest umklammert hält. Als das Auto schließlich zum Stillstand kommt, öffne ich wieder die Augen. „Du redest jetzt mit Rachel und machst reinen Tisch. Ich will keine Geheimnisse vor ihr", sage ich und steige aus dem Auto. „Was ist hier los, Chester?" „Das erklärt dir Adrian. Gib mir den Schlüssel."

Vor den beiden betrete ich das Haus und schließlich die Wohnung. Ein Schluchzen entweicht mir, als mir der vertraute Geruch entgegenschlägt, den ich geglaubt hatte, nie wieder zu riechen. Ohne mich zu den beiden umzudrehen, gehe ich in mein Zimmer.

Während sich im Raum nebenan eine Familie zusammenfindet, finde ich nur schwer in den Schlaf.

Date the boss - don't fall in loveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt