9. Don't fuck the Company

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Fluchtartig verlasse ich sein Büro. Mir ist nicht der Schmerz in seinen Augen entgangen. Ist es ihm wirklich so wichtig, was ich denke? Wollte er deshalb meine Antwort nicht hören, weil sie ihm vielleicht nicht gepasst hätte?

Aber auch wenn Mr. Brookman ein Arschloch ist, so kann ich mir nur schwer vorstellen, dass er jemand umgebracht haben soll und dann auch noch seinen Vater.

„Mr. Parker, kann ich Ihnen helfen?", kommt es nun von dem Schreibtisch vor Mr. Brookmans Büro. „Oh Mrs. Roberts, in der Tat. Mr. Brookman möchte einen Kaffee. Wo kann ich diesen zubereiten? Ach, und ich bin übrigens Chester."

Mrs. Roberts ist eine nette zierliche Dame und ich würde mir natürlich nie erlauben, das Alter einer Frau zu schätzen, aber ich denke, sie ist von der Rente nicht mehr weit entfernt. „Dann komm mal mit, Chester. Ich zeige dir alles. Lass dein Jackett da ruhig liegen. Ich bin übrigens Mary."

Sie gibt mir einen kurze Führung über die Etage und biegt dann in die Teeküche ab. „Wir sind wirklich alle sehr froh, dass du nun hier bist, Chester. Seit Mr. Brookman deine Bewerbung erhalten hat, ist er viel entspannter, ja geradezu glücklich."

Ich setze mich an den kleinen Tisch an einer der Längsseiten der Küche und Mary reicht mir einen Kaffee. „Und was ist mit den anderen Bewerbern?"

„Oh Schätzchen, du bist der einzige Bewerber gewesen. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn du abgelehnt hättest."

Ich schaue sie ungläubig an. Wie kann es sein, dass ich der Einzige war? Die Anzeige war zu vielversprechend, als dass man sie hätte ignorieren können.

„Du Mary, ich will euch ja nicht eure Freude nehmen, aber ich muss dir leider sagen, dass ich bereits wieder gekündigt habe." Unverzüglich entgleisen ihr die Gesichtszüge in dem jung gebliebenen Gesicht. „Aber warum? Ich meine, das ist heute dein erster Tag."
„Sagen wir mal so, wir hatten keinen guten Einstieg."
„Ach, warte mal ab. Ich bin mir sicher, dass er dich noch rumkriegen wird."

Das Rumkriegen ist auf alle Fälle eins der größten Probleme. Ich hasse seine sexuellen Anspielungen und ich hasse es, dass mein Körper darauf anspringt. Ich will doch einfach nur einen Job, der mir Spaß macht und den ich von meinem Privatleben trennen kann. Wie heißt es so schön: Don't fuck the Company.

Mary reicht mir eine zweite Tasse Kaffee und so mache ich mich notgedrungen wieder auf den Weg zurück in Mr. Brookmans Büro. „Ihr Kaffee", verkünde ich und stelle den Becher auf dem Schreibtisch ab, an dem er über ein Dokument gebeugt sitzt.

„Chester, wir haben einen Kaffeevollautomaten in der Küche. Du musst die Bohnen nächstes Mal nicht erst selbst pflücken und mahlen!" Er grinst mich an und führt dann den Becher zum Mund.

„Mr. Brookman, Sie sollten sich ihren Sarkasmus sparen, wenn Sie nicht wollen, dass neben dem Kaffee noch andere Flüssigkeiten in Ihrem Becher landen."

Der Blick, der mich trifft, über den Rand des Kaffeebechers hinweg, lässt meine komplette Haut kribbeln, sodass ich über meine Arme streiche, um das unangenehme Gefühl zu vertreiben. „Willkommen zurück, Chester."

Fuck! Warum lässt mich das nicht einfach kalt? So nötig habe ich es doch nicht, oder?

„Ich möchte noch auf Ihre Frage antworten", sage ich, um das Thema zu wechseln. Obwohl wir eigentlich kein Thema hatte. Es geht ihm immer nur um seine Sticheleien und Anspielungen. Er will mich damit verunsichern, aber darauf kann er lange warten.

„Ich habe dir gesagt, dass ich keine Antwort will." „Ich glaube nicht, dass Sie ihren Vater umgebracht haben. Auch wenn Sie, mit Verlaub, ein Arschloch sind. Mr. Barton hat auch nichts in diese Richtung erwähnt. Er hat eine Warnung ausgesprochen und ich wüsste gerne, was Sie ihm getan haben, dass er so reagiert. Haben Sie mich freigekauft?"

Lächelnd wirft er sich in seinen Ledersessel und faltet seine Hände unter seinem Kinn. „Nein, nein, nein, Chester. So Leute wie Mr. Barton kann man nicht kaufen."

Ich nicke zustimmend. Auch ich bin nicht käuflich. Doch der Schwarzhaarige hat wohl meine Gedanken gelesen.

„Chester, du bist käuflich." „Nein-", will ich protestieren, aber er fährt mir einfach über den Mund. „Natürlich arbeitest du nur wegen meiner charmanten Art für mich, stimmt's?"

Verdammt, er hat recht und ich keine passende Antwort parat.

„Mr. Barton kann man nicht kaufen. Was ich aber kaufen kann, sind Informationen." „Sie erpressen die Leute." Er schüttelt den Kopf. „Das verstehst du nicht, Chester."

„Stimmt, ich verstehe es nicht. Aber dafür werde ich ja auch nicht bezahlt. Soll ich für die 72.000 Dollar noch was anderes machen als Kaffee kochen?"

Er erhebt sich von seinem Stuhl, läuft um seinen Schreibtisch herum und automatisch weiche ich ein Stück zurück. „Komm mit, ich zeige dir dein Büro." Er geht an mir vorbei und ich erlaube es mir seinen Duft einzuatmen. Maskulin, sexy und unkonventionell. So wie Mr. Brookman selbst.

Er führt mich in den Raum, der direkt an sein Büro angrenzt und den Mary bei ihrer Führung ausgelassen hat. Mir verschlägt es die Sprache, als ich das Zimmer betrete. „Du magst doch Pflanzen, oder?"

Das ganze Büro ist, im Gegensatz zu dem von Mr. Brookman, über und über mit Pflanzen vollgestellt. Eine grüne Oase. Lächelnd fahre ich mit den Fingern über das Blatt einer Monstera, die in dieser Größe und Färbung ein Vermögen gekostet haben muss. Doch bei dem Gedanken daran, wie er an das Wissen über meine Liebe zu Pflanzen gelang ist, werden meine Gesichtszüge wieder ernst.

„Eine Information, die Sie sich auch erkauft haben, nehme ich an?" „Sozusagen", höre ich ihn in meinen Rücken sagen, als ich meinen Blick über die Stadt schweifen lasse. Der Ausblick ist atemberaubend. Eins muss man ihm lassen, er hat keine Kosten und Mühen gescheut, um mir meinen „Aufenthalt" so angenehm wie möglich zu gestalten.

„Ich danke Ihnen für diese... nun ja... positive Überraschung." Ich gehe zum Schreibtisch, der in Richtung Fenster ausgerichtet ist. „Nur den Schreibtisch würde ich umstellen, wenn Sie erlauben."

Ich greife schon nach dem Schreibtischstuhl, um ihn auf die gegenüberliegende Seite zu stellen, aber er greift ebenfalls danach. „Ich erlaube es nicht."

„Entschuldigen Sie, ich glaube, ich habe mich verhört. Ich möchte nur den Stuhl auf die andere Seite stellen."  „Und ich sagte Nein!", sagt er mit Nachdruck. „Aber ich sitze nicht gerne mit dem Rücken zur Tür", jammere ich.

„Hör zu, Chester! Ich stehe nicht gerne mit dem Rücken zur Wand, also bring mich nicht dazu. Es bekäme dir nicht gut. Mach es uns doch nicht so schwer. Der Stuhl bleibt, wo er ist. Außerdem sitzt du nicht mit dem Rücken zur Tür. Dein Büro hat nämlich keine. Und jetzt fang an zu arbeiten, dafür bezahle ich dich schließlich."

Während ich noch mit offenem Mund dastehe, verlässt er wütend mein Büro und ich bin mir sicher, hätte dieses eine Tür, hätte er sie in diesem Moment zugeknallt.

Date the boss - don't fall in loveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt