Freitag. Es kam mir vor, als hätte ich Ewigkeiten auf diesen Tag gewartet. Der Tag der Enthüllung. Der Tag an dem endlich die Wahrheit ans Licht kam, die ganze Wahrheit. Der Tag, mit dem endlich auch die Lügen enden würden.
Damien war seit zwei Tagen wieder auf den Beinen, was mich nicht wirklich überraschte. Immerhin war er überzeugt, heute bei dem Treffen zu erscheinen. Aber was mich überraschte, war, mit welcher Ruhe er diesem Tag begegnete. Er ließ sich überhaupt nichts anmerken und wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, es sei ein ganz normaler Tag wie jeder andere auch.
„Du kommst nach der Schule noch mit zu mir. Wir müssen noch einiges besprechen", raunte mir Tyler unauffällig zu, bevor die anderen zu uns stießen. Ich war aufgeregt, schaffte es aber dennoch diskret zu nicken, gerade als Damien mich in seine Arme zog.
„Ich hab dich vermisst", nuschelte er und gab mir einen sanften Kuss auf den Ansatz.
Ich wandte mich ungeschickt aus seinen Armen, weil mich ein unbehagliches Gefühl überkam. Ich versuchte mein Unbehagen aber mit einem gezwungenen Lächeln zu kaschieren.
„Wir haben uns vor zwei Stunden noch gesehen", schmunzelte ich und überging seinen fragenden Blick, als ich mich einen Schritt von ihm entfernte.
„Ja", antwortete er trocken und vergrub seine Fäuste tief in seinen Hosentaschen. „Wie auch immer. Ich gehe dann mal zu meinem nächsten Kurs."
Dass die nächste Stunde erst in zwanzig Minuten anfing, erwähnte niemand, als Damien sich mit großen Schritten entfernte.
„Was war das denn?", fragte Lia verdutzt und sah mich anklagend an. Auch Ace schien mein Verhalten nicht wirklich gutzuheißen.
„Du benimmst dich seit einer Weile echt komisch, Tessa", sagte er und folgte Damien in eiligem Tempo zum Kursraum. Auch Lia wand sich nach kurzem Schweigen von mir ab, um Ace und Damien zu folgen.
Tyler war der einzige der bei mir blieb und mich nicht für mein Verhalten tadelte. Aber er war auch der einzige, der verstand, wieso ich mich so distanziert verhielt. Die anderen konnten nun mal nicht wissen, dass meine Schuldgefühle und mein Gewissen mich jede einzelne Sekunde quälten und beinahe dazu trieben alles laut rauszuschreien. Aber das würde heute ein Ende nehmen, entschied ich.
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„Soll ich dich nach Hause fahren?"
Ich drehte mich überrascht zu der Stimme um. Auf dem Parkplatz wimmelte es nur so von Menschen, die nach Schulschluss nach Hause eilten und bei dem ganzen Lärm, der dabei entstand, hatte ich Damien sich gar nicht nähern hören.
Ich war erstaunt, dass er mich fragte, immerhin dachte ich, er sei sauer auf mich. Und dass er trotz seines Grolls gegen mich, auf mich zu kam, und mir anbot mich nach Hause zu fahren, war fast wieder zu viel für mich. Umso mehr leid tat es mir, als ich sein Angebot ablehnen musste.
Ich hatte auf dem Parkplatz auf Tyler gewartet und als er mit schnellen Schritten und dem Extrahelm unterm Arm auf uns zu kam, verfinsterte sich Damiens Blick.
„Verstehe", sagte er mit tonloser Stimme und war bereits davon geeilt, bevor Tyler überhaupt angekommen war.
Für einen Augenblick wollte ich ihm hinterherlaufen, aber schließlich hielt ich mich doch davon ab.
Was sollte ich ihm denn auch sagen? Ich fuhr mir frustriert über mein Gesicht und setzte mir schweigend den Helm auf, den Tyler mir reichte.
„Mach dir keinen Kopf. Das wird schon wieder", tröstete er mich. Aber das bezweifelte ich.
Er setzte sich auf sein Bike und ich nahm hinter ihm Platz. Und als wir vom Parkplatz davon rauschten konnte ich Damiens Blick nur allzu deutlich auf mir spüren.

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Damien
Teen FictionZehn Monate war er weg ohne eine Nachricht. Tessa Jenkins hat sich nach Monaten des Kummers und Schmerzes damit abgefunden und beschlossen ihr Leben weiter zu leben. Dann taucht er aus dem Nichts wieder auf und lässt sie erneut starke Gefühlsausbrüc...