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Hier saß ich nun. Mit dem Jungen, den ich heute geküsst und seinem Vater, der uns dabei erwischt hatte, an einem Tisch.

Schweigend aßen wir das Reis mit Hühnchen, als Tylers Vater auf einmal die Gabel weglegte, sich den Mund wischte und sich in seinem Stuhl zurücklehnte.

„Also, wann wolltet ihr mir sagen, dass ihr verlobt seid?"

Ich verschluckte mich an dem Reis, den ich gerade noch genüsslich gekaut hatte und presste mir sofort die Hand auf den Mund, als ich hustend nach Luft rang.

„Was?", fragte Tyler schockiert und sah ebenso entsetzt aus wie ich.

Sobald mir nicht mehr die Tränen die Sicht verschwammen und ich den inhalierten Reis wieder aus meiner Luftröhre befreit hatte, konnte ich auch das plötzlich laute Lachen seines Vaters hören.

„Die Klinik hat mich angerufen und über euren Besuch informiert. Mir war bloß neu, dass du eine Verlobte hattest."

Ich versank so tief ich konnte in meinem Stuhl und hätte ich die Wahl gehabt zwischen weiter hier sitzen bleiben oder sechs Stunden Matheunterricht, hätte ich fröhlich und ohne Umschweife den Matheunterricht gewählt.

Aber jetzt blieb mir nichts anderes übrig als völlig beschämt den Kopf zu senken und mir zu wünschen ich könnte mich in Luft auflösen.

„Ich wollte, dass sie Mom kennenlernt", sagte Tyler schließlich nach einem langen Moment des Schweigens und als ich vorsichtig aufblickte, konnte ich gerade noch so sehen, wie die glückliche Miene seines Vaters leicht einfiel.

„Und? Wie geht es ihr?", fragte er und versuchte sich unbekümmert zu geben. Aber ihm war deutlich die Sorge anzuerkennen.

„Ihr wird's wieder gut gehen", antwortete Tyler und schenkte seinem Vater ein aufmunterndes Lächeln.

Er erwiderte es und richtete seine Aufmerksamkeit dann wieder auf mich, als würde er die trübe Stimmung, die sich über den Tisch gesenkt hatte, verjagen wollen.

„Also Tessa, du und mein Sohn?", fragte er nun wieder fröhlich.

Unbehaglich versteifte ich mich auf meinem Stuhl.

„Dad-", ging Tyler dazwischen, aber sein Vater unterbrach ihn lachend.

„Komm schon, ich will nur wissen ob's was ernstes ist. Soll ich schonmal die Ringe deiner Großeltern raus kramen?"

Ich presste meine Lippen zu einer harten Linie zusammen und starrte schweigend auf meinen Teller, während sein Vater wieder ausgelassen lachte.

Ich mochte Dean, er war mir sehr sympathisch, und die Hoffnung in seinen Augen, ließ mich nur noch unbehaglicher fühlen. Denn ich wollte nicht diejenige sein, die sie ihm nahm.

Zum Glück fand Tyler wenigstens die richtigen Worte, um dieser Situation zu entgehen und für einen Augenblick richteten sich seine grüne Augen durch den dunkeln Kranz seiner Wimpern auf mich.

„Wir wissen noch nicht was es ist. Wir lassen's langsam angehen."

Sein Vater nickte verständnisvoll und lächelte erst mich und dann seinen Sohn an.

„Genießt eure Zeit und überstürzt nichts", sagte er, als spräche er aus eigener Erfahrung. Für einen Augenblick schienen seine Gedanken abzuschweifen und ich fragte mich, ob er sich vielleicht an die Zeit mit Tylers Mutter erinnerte.

Er schüttelte leicht den Kopf, wie um sich wieder zu fangen und dann legte er seine Hand väterlich um die Schulter seines Sohns und zog ihn etwas näher zu sich ran.

„Aber wenn du die Ringe willst, brauchst du's nur zu sagen, Junge."

DamienWo Geschichten leben. Entdecke jetzt