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Ich kehrte mit wild schlagendem Herzen zu dem Besuchsraum zurück, als mir Tyler entgegenkam.

„Ich habe dich gesucht. Wo warst du?", fragte er und runzelte die Stirn, als er meine Panik bemerkte.

„Wir müssen hier weg", zischte ich so leise wie möglich und warf einen Blick über die Schulter, als ob sie mir gefolgt wären.

Tyler folgte meinem Blick und sein Runzeln vertiefte sich. Zu meiner Erleichterung stellte er aber keine Fragen, nahm mich an der Hand und zog mich zum Ausgang. Er gab noch schnell unsere Besucherkarten an der Rezeption ab, bevor wir stürmisch aus der Klinik flüchteten.

„Was ist passiert?", fragte er als wir an seinem Motorrad stehen blieben und ich jede Sekunde einen Blick auf den Eingang warf, als ob sie jeden Moment rausgestürmt kämen.

Eine Griff um mein Kinn, zwang mich meinen Blick vom Eingang zu reißen und stattdessen Tyler anzusehen.

„Tessa", hakte er nachdrücklich nach. „Was ist los?"

„Sie waren da. Sie beide", flüsterte ich und versuchte meinen jagenden Puls zu beruhigen.

Er sah mich verwirrt an. „Wer?"

„Fernando und Gabriel."

Jetzt schoss auch sein Blick ungläubig zu dem Eingang, nur um dann genauso schwungvoll wieder zu mir zu gucken.

„Haben sie dich gesehen?", fragte er und sah mich eindringlich an.

Ich presste die Lippen aufeinander, als ich nickte.

Seine Gesicht wurde aschfahl.

„Fernando hat mich erkannt."

Kurzerhand schwang sich Tyler auf sein Motorrad und wies mich an das selbe zu tun. Sobald ich mich sicher hinter ihm befand, raste er auch schon los.

Egal wie viel Abstand wir zwischen uns und diese Klinik brachten, ich hatte dennoch das Gefühl, die beiden wären direkt hinter mir.

Als würden sie mir nachjagen. Mit ihren Waffen, direkt auf mich gerichtet.

Ich schluckte und krallte mich fester an Tyler, als würde mich das beschützen können.

Er löste eine Hand vom Lenker und legte sie stattdessen beruhigend auf meinem Bein ab.

Alles wird gut, schien diese Berührung auszusagen.

Dir wird nichts passieren.

Erst als wir in meine Straße einbogen, gestattete ich es mir, meinen festen Griff um ihn zu lösen. Er hielt vor meinem Haus an und mit noch immer rasendem Herzen stieg ich ab.

Einige Augenblicke stand ich einfach nur unschlüssig vor ihm.

„Geht's dir gut?", fragte er besorgt und klappte sein Visier hoch. Seine grünen Augen sahen mich forschend an, als versuche er die Gefühle auf meinem Gesicht zu entschlüsseln.

Ich nickte automatisch, bevor ich schlagartig in ein heftiges Kopfschütteln überging.

„Nein", wimmerte ich und konnte meine Tränen nicht länger zurückhalten. Es war erbärmlich, wie ich hier vor ihm stand und heulte, wobei er derjenige sein musste, der unter der Last seiner Mutter zusammenbrechen müsste.

Aber es war mir alles zu viel. Die letzten Monate, Wochen und die letzten Tagen hatten so an mir gezerrt, dass ich erst jetzt bemerkte, wie ausgelaugt ich eigentlich war. Ich hatte keine Kraft mehr meine Gefühle für mich zu behalten.

All die Aufregung und der Schmerz prasselte mit einem Mal auf mich ein. Meine Vertrauensbrüche, die Lügen und die Geheimniskrämerei, die Rennen und die Drohungen, das ganze hin und her, die Annäherungen und die Abweisungen, Damiens Verschwinden und dann, als er mich verließ.

Mein Herz quetschte sich schmerzhaft zusammen bei dem Gedanken, dass es vorbei war, dass ich ihn nie mehr wieder in meinen Armen halten würde, nie mehr küssen würde, ihn nie mehr berühren würde.

Meine größten Ängste waren Wirklichkeit geworden. Ich hatte Damien verloren und egal was ich tat, er würde mir nicht verzeihen. Ich hatte ihn benutzt, anstatt ihm zu vertrauen. Das war alles war er wollte. Dass ich ihm vertraute.

Und als ob das Leben mich noch weiter bestrafen wollte, hatte ich jetzt auch noch die Aufmerksamkeit von zwei Kriminellen erregt, die zu allem fähig waren.

Die Angst packte mich in ihren eisigen Klauen und ließ mich zitternd und schluchzend zurück.

So viel hatte sich aufgestaut und es brach jetzt einfach an die Oberfläche, ohne dass ich etwas dagegen hätte tun können.

Ich wusste nicht, wann er abgestiegen war, aber auf einmal spürte ich, dass Tyler die Arme um mich schloss. Sie wärmten mich und sie hielten mich, ließen mich geborgen fühlen, aber es waren nicht Damiens.

Und das brachte mich nur noch mehr zum weinen.

DamienWo Geschichten leben. Entdecke jetzt