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Als ich am nächsten Morgen aufwachte, fühlte ich mich, als hätte man mir tonnenschwere Gewichte an die Schultern festgenagelt.

Ich war schlapp und trottete nur schwermütig ins Bad, um mich fertig zu machen. Die Nacht war kurz gewesen und ich hatte nur wenig Schlaf bekommen. Meine Gedanken hatten einfach keine Ruhe gefunden.

In drei Tagen war es endlich soweit und die Lügen würden sich auszahlen. Hoffentlich.

Ich hatte Lia gebeten mich abzuholen, um Damien aus dem Weg zu gehen. So kurz vor dem Ziel wollte ich nichts mehr riskieren. Und seit seinem gestrigen ‚Ich liebe dich' musste ich auf Nummer sicher gehen, um ihm nicht reumütig in die Arme zu fallen.

Automatisch schwankten meine Gedanken an das warme Gefühl, dass seine Worte in mir ausgelöst hatten und ich erwischte mich dabei, mich nach mehr zu sehnen. Aber bis ich nicht alles über Damien wusste, war mir dieser Wunsch verweigert.

Das Klingeln an der Haustür riss mich aus meinen Gedanken, aber bevor ich zur Tür eilen konnte, sah ich meinen Dad bereits darauf zu gehen.

„Ich hoffe mal, das ist nicht wieder Damien", warnte er mich mit einem Seitenblick, den ich nur allzu gut kannte.

Ich wusste, dass er Damien nicht besonders mochte, vor allem nicht nach den letzten Geschehnissen, aber dass er ihn jetzt schon regelrecht verachtete, war mir neu.

„Oh, Lia! Wie schön dich zu sehen!", flötete er fröhlich, sobald er den blonden Schopf meiner besten Freundin erblickte.

„Hallo, Mr. Jenkins", grüßte sie höflich zurück und spähte über seine Schulter. „Ich wollte Tessa abholen. Ist sie fertig?"

Ich schnappte mir meine Tasche und quetschte mich an meinem Dad vorbei, um zu Lia zu gelangen.

„Fertig und bereit zum losfahren", bestätigte ich und eilte mit ihr zum Auto, nachdem ich mich schnell von meinem Dad verabschiedet hatte.

„Warum hast du es so eilig?", fragte sie, während sie sich anschnallte und schließlich losfuhr.

„Ich will nicht, dass Damien mich abholt", antwortete ich und ignorierte ihr fragendes Stirnrunzeln. Ich wollte nicht auch damit anfangen meine beste Freundin anzulügen, also beschloss ich lieber gar nichts zu sagen.

„Und du willst mir nicht sagen, was da im Moment bei euch los ist? Denn bei euch scheint da gerade einiges schief zulaufen."

Ich sank frustriert in den Sitz zurück und amtete lautstark aus. „Wir haben im Moment einfach ein paar Probleme."

Die Untertreibung des Jahrhunderts.

„Und was sind das für Probleme?", bohrte sie weiter nach.

Gott, manchmal war sie echt zu neugierig.

„Wir haben einige Differenzen", erwiderte ich ausweichend und hoffte, dass sie es nun sein lassen würde. Aber weit gefehlt.

„Und was sind das für Differenzen? Man, Tessa, jetzt lass dir doch nicht jeden Wurm einzeln aus der Nase ziehen!"

„Ich will nicht drüber reden."

Ich wandte mich abweisend den vorbeiziehenden Häusern zu und versuchte Lias stechenden Blick in meine Richtung zu ignorieren. Schließlich hörte ich sie resigniert ausatmen und war froh, als wir nur eine Weile später an der Schule ankamen.

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„Wo warst du gestern?", flüsterte mir Logan leise zu. Unsere Kunstlehrerin warf uns einen kurzen Blick zu, bevor sie mit ihrem Unterricht fortfuhr. „Ich hab mir Sorgen gemacht und du bist auch nicht ans Handy gegangen."

„Das war nicht nötig. Ich bin gestern früher gegangen", antwortete ich leise.

Meine Haut kribbelte als ich plötzlich einen heißen Blick auf mir spürte. Und ohne auf sehen zu müssen, wusste ich, dass es Damien war, der seinen Blick nicht von mir abwenden konnte.

„Hast du heute nach der Schule Zeit? Ich nehme am Wettkampf teil und es wäre toll, wenn du dabei wärst."

Ich wollte erst ablehnen, aber ein kleiner Gedanke ließ mich zögern. Damien würde nie im Leben zu einem Wettkampf von Logan kommen. Das hießt, ich könnte ihm für ein paar mehr Stunden aus dem Weg gehen.

Automatisch flog mein Blick quer durch die Klasse und blieb an einem durchringenden Augenpaar hängen. Ich erzitterte bei der Intensität seines Blickes.

Ein Stirnrunzeln breitete sich auf Damiens Gesicht aus, als ich mich leicht zu Logan beugte, um ihm die nächsten Worte zu zuflüstern. „Ich werde da sein."

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Es war bereits später Nachmittag. Der Unterricht hatte schon vor Stunden geendet. Die Schulflure waren leer und ich ging gerade mit Logan in Richtung der Schwimmhalle, als auf einmal mein Handy klingelte. Ich warf einen schnellen Blick auf das Display und war überrascht Tylers Namen dort stehen zu sehen.

„Ich muss da ran", entschuldigte ich mich bei Logan, der mir verständnisvoll zu nickte.

„Klar doch. Ich geh mich schon mal einschwimmen."

Ich hob ab und entfernte mich in Richtung Parkplatz.

Tylers aufgelöste Stimme dröhnte durch den Hörer. „Wir müssen uns jetzt treffen!"

Ich war verwirrt. „Was? Wieso?" Seine Unruhe machte mir Angst. Irgendetwas musste passiert sein.

„Wo bist du? Ich hole dich sofort ab." Ich hörte wie er loshetzte und nur wenig später vernahm ich seinen Motor laut aufheulen.

„Was ist passiert?", fragte ich beunruhigt, aber Tyler ignorierte meine Frage.

„Sag mir wo du bist", wies er mich nachdrücklich an.

„I-ich bin auf dem Schulparkplatz", antwortete ich aufgelöst.

„Gut. Beweg dich nicht. Ich bin sofort da."

„Verdammt, Tyler. Jetzt sag mir was passiert ist!" Meine Stimme klang schrill vor Angst und meine Glieder waren wie festgefroren.

Ich konnte sein Zögern an der anderen Leitung spüren, aber schließlich fluchte er laut, bevor er endlich mit der Sprache rausrückte.

„Damien... Er liegt im Krankenhaus."

DamienWo Geschichten leben. Entdecke jetzt