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„Wieso steht Tylers Mo-" Lias Stimme verstummte, als sie das Zimmer betrat und riss mich damit ruckartig aus meinem Schlaf.

Panisch sprang ich aus dem Bett auf und weckte damit auch Tyler, der bis eben noch friedlich neben mir geschlafen hatte.

„Was zur-", fing sie an.

„Wir haben nur geschlafen!", schrie ich sofort auf. Lia sah mich entgeistert an. „Nicht miteinander", fügte ich schnell hinzu, als sich ihr Stirnrunzeln vertiefte.

„Kannst du mir das mal bitte erklären?", quikte sie aufgebracht und ihre Stimme wurde unheimlich schrill.

In der nächsten Sekunde landete ein Kissen in ihrem perfekt geschminkten Gesicht.

„Kannst du mal leiser sein?", murrte Tyler genervt und drehte sich auf den Bauch, um den morgendlichen Sonnenstrahlen auszuweichen.

Ich versuchte mein Lachen zurückzuhalten, aber Lias fassungsloses Gesicht brachte mich schließlich doch dazu laut loszuprusten.

„Das ist nicht lustig, Tessa!", schrie sie mich an und schmiss das Kissen auf den wieder schlafenden Tyler. „Und du, steh da jetzt auf!"

Gereizt setzte Tyler sich im Bett auf und funkele Lia wütend an.

„Wir haben nichts falsch gemacht", knurrte er zurück und ich kam nicht umhin zu bemerken, dass seine vom Schlaf verwuschelten Haare und die raue Morgenstimme unheimlich attraktiv waren.

Lia holte schon Luft, um ihn verbal zu zerstören, als ich ihr zuvorkam.

„Wieso bist du eigentlich hier?", fragte ich schnell und hoffte ihre Aufmerksamkeit somit auf etwas anderes zu lenken, als auf die totale Vernichtung von Tyler.

Sie blitzte mich an, als ob sie wüsste, was ich vorhatte, atmete aber schließlich resigniert aus und schloss die Tür, bevor sie sich an meinen Schreibtisch setzte.

„Ich habe dich nicht erreichen können", sagte sie und warf mir einen vorwurfsvollen Blick zu. „Und ich musste umbedingt mit dir reden."

Sofort erfüllten mich Schuldgefühle. Ich hatte mein Handy seit Freitag auf lautlos und hatte weder die Zeit noch die Lust gehabt drauf zu gucken.

Denn ich wusste, wenn ich das tat, dann würde ich all die verpassten Anrufe und Nachrichten von Damien sehen, die ich seit gestern ignorierte.

Das bedeutete aber nicht, dass ich nicht auch für Lia hätte da sein müssen.

„Entschuldigung", murmelte ich betreten. „Es ist nur so viel passiert und-"

Sie wischte meine Entschuldigung mit einer Handbewegung weg.

„Schon gut."

„Ist irgendwas mit dir und Ace?", fragte ich besorgt und ging einen Schritt auf sie zu. Sonst wüsste ich nicht, weshalb sie so früh morgens bei mir auftauchen würde.

„Nein, aber mich würde mal interessieren, was bei dir und Damien los ist."

Meine Gesichtszüge entglitten mir. „Was?"

Jetzt horchte auch Tyler auf.

„Ich habe ihn heute morgen mit einer anderen gesehen. Die sahen ziemlich vertraut aus und..." Sie sah mich vorsichtig an, als würde ich bei ihren nächsten Worten zerbrechen. „Er hat sie geküsst."

Ich biss die Zähne zusammen und versuchte bei der Vorstellung nicht in Tränen auszubrechen. Ich war stolz, als es mir gelang.

Lia legte den Kopf schief und betrachtete mich eingehend, als würde sie befürchten, ich würde jeden Moment zusammenbrechen.

„Ich hab's geschafft unauffällig ein Bild zu machen." Sie nickte auf meinen Schreibtisch, wo mein Handy lag. „Ich hab's dir geschickt."

Obwohl ich mir schon denken konnte, wer das Mädchen war, griff ich trotzdem nach meinem Handy. Ich wischte Damiens Nachrichten und Anrufe weg und auch Logans verpasste Anrufe und Nachrichten ignorierte ich. Auch wenn ich mir innerlich vornahm mal bei ihm vorbeizuschauen. Der Arme machte sich sicherlich sorgen, so wie ich ihn vor seinem Wettkampf stehen ließ und ihm nicht bescheid gegeben hatte.

Aber diese Sorgen stellte ich hintan, als ich auf Lias Chat ging und auf die Fotos klickte, die sie mir geschickt hatte.

Sie waren irgendwo im Park und auf einigen unscharf, auf manchen klarer, konnte ich deutlich Damien und Camille erkennen. Gerade das letzte Bild versetzte mir einen besonders starken Stich mitten durchs Herz, als ich sah, wie er ihr Gesicht umgriff und ihre Lippen sich berührten.

Ruckartig knallte ich mein Handy mit dem Display nach unten wieder auf meinen Schreibtisch, ehe ich mich gleichgültig auf mein Bett setzte.

Lia beobachten jede meiner Bewegungen mit Argusaugen, stets bereit mich zu trösten.

„Okay", war das einzige was ich rausbrachte.

Ihre Augen weiteten sich schockiert. „Okay?", wiederholte sie entgeistert.

Ich zuckte die Schultern. „Er kann machen was er will."

Aber Lia schüttelte fassungslos den Kopf. „Nein. Nein, das kann er nicht."

Ein gequältes Lächeln verzog mein Gesicht zu einer hässlichen Fratze, als ich mich drauf vorbereitete die Bombe platzen zu lassen.

„Damien hat sich von mir getrennt."

Für einige Sekunden herrschte absolute Stille, bevor tausend verschiedene Emotionen auf Lias Gesicht flackerten und sie mich schließlich völlig aufgelöst anstarrte.

„Was? Wieso?"

Ich spürte, wie sich von hinten eine warme Hand auf meine Schulter legte. Tylers tröstende Berührung, half mir schließlich das Wort wieder zu ergreifen.

„Es... es ist kompliziert", fing ich stotternd an.

Lia sprang von meinem Stuhl auf, um sich eine Sekunde später neben mich auf das Bett zu pflanzen. Tyler spürte ich nach wie vor beruhigend in meinem Rücken.

„Ich verstehe das nicht", murmelte Lia mehr zu sich selbst. „Ihr wart doch glücklich oder nicht? Und dann finde ich ihn mit einer anderen und dich mit Tyler im Bett. Ihr verarscht mich doch, oder?"

Ich lächelte sie gequält an und schüttelte den Kopf. Ich wünschte es wäre so. Ich wünschte alles wäre bloß ein schlechter Scherz und ich würde eines Tages aufstehen und mit Damien in meinem Arm den Sonnenaufgang bewundern.

Aber es war real.

Lia sah mich auffordernd an. In ihrem Blick schwang Unsicherheit und Angst mit, als wüsste sie selber nicht, ob sie sich die Erklärung anhören wollte, oder nicht.

„Erzähl mir alles", forderte sie mich auf und ich zögerte erneut.

Ich wollte sie da nicht mit reinziehen, aber immerhin waren genau die Lügen das, was mich dazu gebracht hatten, selber Nachforschungen anzustellen.

Also atmete ich resigniert aus und ergriff das Wort.

„Ruf erstmal Ace an und hol ihn her. Dann brauche ich die Geschichte nur einmal zu erzählen."

Der Griff an meiner Schulter wurde minimal fester.

„Bist du sicher?", fragte Tyler und ich nickte.

„Wenn ich schon die Wahrheit sage, dann die ganze. Ich halte keine Lügen mehr aus." Immerhin waren sie es, die mich von Damien gerissen hatten und ich wollte nicht auch noch meine beste Freundin verlieren.

„Warte mal", grätschte Lia dazwischen. „Tyler wusste davon?"

Sie sah mich verletzt an und es schmerzte mehr als ein Schlag mitten ins Gesicht.

Ich legte meine Hand auf ihre und sah sie flehend an.

„Bitte ruf Ace an, dann erkläre ich euch alles."

Sie runzelte wieder die Stirn, bevor sie resigniert ausatmete und schließlich nach ihrem Handy griff.

„Na schön", murmelte sie, bevor sie Aces Nummer wählte und ihn schließlich hier her beorderte. Und dann warteten wir alle auf seine Ankunft, damit ich ein für alle mal die Karten auf den Tisch legen konnte.

DamienWo Geschichten leben. Entdecke jetzt