Als Henning morgens bei Marion im Bett erwachte, betrachtete er die schlafend daliegende Frau einige Minuten. Bis ihm brühend heiß einfiel, das er ab acht Uhr auf die Kinder seiner Nachbarin aufpassen sollte. Leise stand er auf, doch obwohl er sich dabei Mühe gab Marion nicht zu wecken, wachte sie direkt auf und sah ihn kurz fast schon verängstigt an. Wie von Donner gerührt blieb er neben dem Bett stehen und rührte sich nicht, bis Marion anscheinend richtig wach geworden war und sich ebenfalls aufrichtete.
„Es tut mir leid, ich wollte dich nicht wecken."
Erklärte Henning und sah sie etwas verwundert über ihre heftige Reaktion an.
„Alles gut, ich habe einen leichten Schlaf. Soll ich dir ein Frühstück zaubern?"
Henning faltete die von ihm genutzte Bettdecke ordentlich und schüttele verlegen den Kopf.
„Ich muss leider direkt los, da ich meine Nachbarin versprochen habe, bis morgen Abend auf ihre Kinder aufzupassen. Der Vater der Kids hat sie mal wieder hängen lassen und bevor sie ihren wohlverdienten Wellnessurlaub cancelt, übernehme ich das ja gerne."
Ausdruckslos sah Marion ihn an und er konnte nicht so ganz eruieren, ob sie nun enttäuscht war das er einfach ging, oder ob das für sie in Ordnung war.
„Es tut mir wirklich leid, ich hätte gerne noch mit dir gefrühstückt. Ich hoffe wir sehen uns bald wieder?"
Mit einen sanften Lächeln nickte sie und während Henning sich seine Hose anzog und sich im Badezimmer etwas frisch machte, kochte sie eine Tasse Kaffee für sie beide. Den tranken sie dann auch noch in Ruhe, bevor Henning sich mit einem sanften Kuss von ihr verabschiedete.
„Meld dich, wenn du Zeit hast."
Bat er und flitzte dann die Treppe runter um nach Hause zu fahren. Dort duschte er so schnell wie er konnte und zog sich frische Sachen an, bevor er Tobi und Alice abholte.
Die beiden Tage mit den Kindern machten Henning wirklich viel Spaß. Da am Samstag das Wetter schlecht war, sahen sie zusammen ein paar Filme im Fernsehen an und backten abends eine große selbstbelegte Pizza.
Am Sonntag nutzen sie den Wetterumschwung und machten eine lange Radtour am Rhein entlang. Als sie am späten Nachmittag wieder zurück waren, kam auch Ilona gerade von ihren Kurzurlaub zurück. Sie sah entspannt aus und begrüßte ihre beiden Kinder wieder deutlich lockerer, als die letzten Wochen. Die kleine Auszeit hatte ihr eindeutig gut getan.
Sie bedankte sich überschwänglich bei Henning, ohne den der ganze Urlaub ins Wasser gefallen wäre. Für Henning war das seit langen ein wirklich tolles Wochenende gewesen, einzig das er nicht mehr mit Marion hatte frühstücken können, tat dem einen kleinen Abbruch. Aber die Kids und er hatten wirklich Spaß gehabt und daher hoffte er einfach, dass Marion ihm sein schnelles Verschwinden am Samstagmorgen nicht übel nahm.
Als er am Abend auf der unbequemen Couch saß, die er nur wegen Svenja angeschafft hatte, fiel sein Blick auf die drei Briefe die unter dem Couchtisch saßen. Das Kalles Frau noch einmal versucht hatte ihn zu kontaktieren, wunderte ihn wirklich. Aber er traute sich nach wie vor nicht die Briefe zu öffnen. Viel zu groß war die Angst, darin genau die Vorwürfe zu lesen, die er sich selber wegen Kalles Tod machte. Da er keine Lust hatte alleine einen Film zu sehen, griff er nach einem Krimi den er vor einigen Wochen angefangen hatte zu lesen. Svenja hatte es immer gehasst wenn er ein Buch gelesen hatte, da er ihr ihrer Meinung nach eh schon viel zu wenig Aufmerksamkeit schenkte. Entsprecht war er meistens keine zehn Seiten weit gekommen und nun wusste er auch nicht mehr wie das Buch abgefangen hatte. Aus diesem Grund machte er kurzen Prozess und begann den Krimi von vorne zu lesen. Karol aus dem Fitnessstudios hatte ihm das Buch geschenkt und gemeint, dass der Krimi wirklich gut sei. Tatsächlich zog das Buch ihn schnell durch die spannende Geschichte in den Bann und er merkte gar nicht wie die Zeit verflog. Als er das Buch durchgelesen hatte und auf die Uhr sah, schreckte er hoch. Es war schon kurz nach ein Uhr in der Nacht, in vier Stunden musste er schon wieder aufstehen. Er schmunzelte ein wenig darüber, das er es wie in seiner Kindheit geschafft hatte beinahe die ganze Nacht durchzulesen. Die Welt der Bücher hatten ihm die Zeit in dem strengen Kinderheim, in dem er mehrere Jahre verbracht hatte, deutlich verschönert. Als er im Bett lag, konnte er dann aber doch nicht einschlafen. Seine Gedanken wanderten wieder zu Marion und er fragte sich ob sie sehr sauer auf ihn war, da er am gestrigen Morgen einfach verschwunden war. Svenja und auch die Frauen mit denen er zuvor etwas gehabt hatte, hätte ihm noch vor Ort eine riesige Szene gemacht. Vermutlich war das mit Marion zu frisch, daher hatte sie nichts gesagt. Aber trotzdem war sie sicherlich sauer auf ihn und er hoffte das sie sich trotzdem bald wieder bei ihm meldete. Er hätte das Wochenende wirklich besser durchplanen müssen oder am Freitag Abend doch noch nach Hause fahren sollen. Das Marion ihn derart verängstigt angesehen hatte, als er neben ihrem Bett stand, hatte ihn zusätzlich ziemlich geschockt. Er hätte wohl besser auf sein inneres Gefühl hören müssen und auf der Couch schlafen sollen. Er hoffte das er nicht alles mit seiner Art kaputt gemacht hatte, bevor es überhaupt richtig angefangen war.
Als er endlich einschlief, konnte er nur noch eine kurze Zeit schlafen, bis sein Wecker ihn schon wieder aus dem Schlaf riss. Gefühlt hatte er keine zehn Minuten geschlafen und entsprechend gerädert kämpfte er sich auf dem Bett. Eine eiskalte Dusche weckte seine Lebensgeister und mit gestyltem Bart und zurecht gemachten Haaren, wirkte er schon nicht mehr ganz so zerknittert. Er zog ein weißes Hemd und eine Jeans an, bevor er mit einem Wollpullover in der Hand nach unten eilte. Dort machte er sich einen Kaffee to go und entschiede nach einem Blick in den leere Kühlschrank, das er sich beim Bäcker etwas zum Frühstück holen würde. Nachdem er seinen Wagen auf dem Firmenparkplatz abgestellt hatte und in der Bäckerei gegenüber ein belegtes Brötchen und ein Schokoladencroissant erworben hatte, beeilte er sich in sein Büro zu kommen. Heute tagte die Firmenleitung bei ihnen und sein Chef hatte deshalb schon seit Tagen eine ungewöhnlich schlechte Laune. Daher wollte Henning sicher gehen, das alle Berichte und die Jahresabschlüsse perfekt waren und gedruckt werden konnten. Trotz des enormen Schlafmangels arbeitete er konzentriert und kam gut voran. Noch vor halb acht druckte er die Dokumente aus und zusammen mit Frau Raab ordneten er alles in sauberen schwarze Mappen ein. Anschließend bereiteten sie zusammen den großen Konferenzraum vor, bevor Henning sich in Ruhe seinem Frühstück widmen konnte. Die Tagung ging bis zum späten Abend und als Herr Lorenz mit einer Miene wie sieben Tage Regenwetter an Hennings Büro vorbei rauschte, war der gerade dabei seinen Computer herunter zu fahren.
Sein Chef stockte und machte einen Schritt zurück in Hennings Büro. Dann seufzte er laut und schloss die Tür nachdem er eingetreten war. Etwas verwundert sah Henning ihn an und schwieg abwartend.
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Schicksalhafte Begegnung
FanfictionDas Schicksal meint es nicht immer gut mit einem und für den ein oder anderen hat es sogar mehr Negatives parat, als so manch einer ertragen kann. Doch nur wenn es ganz dunkel ist kann man die volle Pracht der Milchstraße am Himmel leuchten sehen. O...