Vergangheitsbewältigung

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Die Nachtschicht war zwar nicht stressig aber gut gefüllt mit Einsätzen, wodurch Martin und er bis zum Feierabend gut zu tun hatten. Als sie pünktlich zum Schichtwechsel wieder auf der Wache ankamen, bot Martin an die Berichte für sie beide zu schreiben. Henning sollte derweil schon einmal Feierabend machen. Wiederworte wollte Martin nicht wirklich gälten lassen, daher ging Henning in die Umkleiden im Keller um sich umzuziehen. Daniel war gerade gut gelaunt pfeifend dabei zu duschen, weshalb Henning erst einmal seine Waffe und den Gürtel wegschloss. Als er zurück in den Umkleideraum kam, stand auch Timo in der Umkleid und zog sich gerade um.

„Ach da ist ja unser neuer Kollege. Martin hatte ja diesmal Glück und ist unversehrt zurück aus dem Streifendienst mit dir. Ich glaub unser Daniel hier ist froh das der alte Martin brav mit ihm getauscht hat. Wo er gerade so glücklich mit seiner Freundin ist, wäre es doch schade wenn er wegen dir im Dienst erschossen wird."

Timo lachte schallend. Henning biß sich auf die Lippe und sagte nichts, doch zu seiner Verwunderung drehte Daniel der sich gerade abtrocknete zu ihnen um. Wütend sah er Timo an und schüttelte missbilligend den Kopf.

„Halt doch dein dummes Lügenmaul Timo und misch dich nicht immer bei anderen Kollegen ein. Kein Wunder das dich hier niemand auf der Wache haben will, du bist echt das Allerletzte."

Erklärte er mit schneidender Stimme. Der eben noch breit grinsende Timo sah Daniel kurz wütend an, dann schnappte er sich seine Jacke und verließ mit einem wütenden Schnauben die Umkleide.

„Der erzählt immer nur Müll, da musst du dir nichts bei denken. Ich wollte nicht tauschen weil ich sein Geschwafel geglaubt habe. Ich möchte am Wochenende meiner Freundin einen Heiratsantrag machen und Marc hat versprochen sich meine Ideen anzuhören. Er ist irgendwie so eine Art Frauenflüsterer und weiß was den Herzensdamen gefällt. Daher wollte ich seine Meinung wissen. Das war nichts gegen dich, okay?"

Erleichtert nickte Henning ihm zu. Er hatte wirklich befürchtet das der Bericht von Timo dazu geführt hatte, dass Daniel nicht mit ihm hatte fahren wollen. Nun zu hören das der jüngere Kollege aus ganz anderen Gründen hatte tauschen wollen, ließ einige seiner Selbstzweifel verschwinden. Das Timo anscheinend schon bei mehreren Kollegen negativ aufgefallen war, hatte ihm Martin ja schon erzählt. Die heftige Reaktion des eigentlich sonst immer sehr ruhig Daniels, zeigte ihm aber das Timo aufgrund seines Verhaltens extrem unbeliebt zu sein schien. Das Daniel ihm sogar ins Gesicht gesagt hatte das ihn keiner auf der Wache haben wollte, fand Henning wirklich ein wenig zu krass. Doch anderseits konnte er den Unmut gut nachvollziehen. Immerhin hatte Timo ihn ganz ohne Grund schon zum Anfang der Schicht auf dem Kicker gehabt. Egal ob es wahr war was er erzählte oder nicht, vor den anderen Kollegen darüber zu spekulieren warum Henning damals den Polizeidienst verlassen hatte, war wirklich unverschämt gewesen. Wenn er das auch mit anderen Kollegen machte und wie Martin erzählt hatte schon dafür gesorgt hatte das sich selbst gute Freunde in die Wolle bekommen hatten, konnte er schon verstehen das man ihn hier auf der Wache nicht mehr haben wollte. Am besten war es sicher wenn Henning einfach versuchte sich von dem jungen Kollegen fern zu halten. Vielleicht würde er dann aufhören irgendwas über Henning zu erzählen, alleine schon weil dieser nicht auf die Anschuldigungen reagierte. Müde von der Nachtschicht fuhr er nach Hause, wo Marion leider schon zu ihrer Frühschicht aufgebrochen war. Sie hatte ihm aber ein kleines Frühstück gemacht, das in der Küche auf ihn wartet. Mit einen Lächeln lass er den kurzen Zettel den Marion dazu geschrieben hatte, nur um ihm zu sagen das sie ihn liebte. Die kleine Geste ließ ihn auf Wolke sieben schweben und er genoß das Frühstück mit den Gedanken bei Marion. Bevor er ins Bett ging, schrieb er ihr noch eine Nachricht um sich für die liebevolle Überraschung zu bedanken. Anschließend schlief er recht schnell ein, die negativen Gedanken die er wegen Timo vorwürfen und den Erinnerungen an die ehemaligen Kollegen gehabt hatte, waren dank Marion nun komplett aus seinem Kopf verschwunden.
Doch das änderte sich schlagartig als er gegen Mittag aufstand und auf sein Handy sah. Martin hatte ihm geschrieben und erklärt das er ihn um 15 Uhr abholen würde. Wie angedroht hatte er tatsächlich mit Hennings ehemaligen Kollegen auf der Wache Porz geredet und einer der drei noch verbliebenden Polizeibeamten hatte Zeit Henning direkt zu treffen. Wie vom Donner gerührt saß er auf dem Bett und starte die Nachricht an die Martin ihm gesendet hatte. Absagen oder sich rausreden konnte er nun nicht mehr, er musste mit Martin zu diesem Treffen fahren. Schon der Gedanke daran auch nur einen der Männer zu begegnen die damals mit Kalle und ihm Dienst auf der Wache Porz gemacht hatte, ließ seine Hände schwitzig werden. Er fühlte sich noch lange nicht bereit für ein solches Treffen, weshalb er am liebsten wirklich abgesagt hätte. Aber er wusste das war zu einen Martin und dem ehemaligen Kollegen gegenüber nicht fair, zum anderen würde der Zeitpunkt an dem Henning sich zu einem solchen Treffen bereit fühlen würde sicherlich niemals kommen. Also würde er da jetzt durch müssen.
Mit einem Blick auf die Uhr stellte er fest das er nur zwei Stunden Zeit hatte, bevor Martin ihn abholen würde. Kurz versuchte er Marion zu erreichen, doch da sie heute eine Doppelschicht im Rettungsdienst hatte ging sofort die Mailbox ran. Schnell legte er auf und überlegte kurz was er nun machen sollte. Am liebsten wäre er ins Fitnessstudio gegangen um sich dort ordentlich auszupowern. Danach ging es ihm schließlich immer besser und es war die beste Art der Ablenkung. Doch die Zeit reichte nicht, weshalb er versuchte sich mit den lästigen Pflichten des Haushaltes abzulenken. Er saugte die ganze Wohnung durch, wischte Staub und feudelte im Anschluss den Boden. Im Anschluss war es schon fast Zeit sich fertig zu machen, weshalb er duschen ging und sich anschließend noch einen Kaffee machte. Nervös sah er beim Kaffetrinken aus dem Fenster, um ja nicht zu verpassen wenn Martin auf seine Auffahrt fuhr.
Als er sein Kollege endlich sah, stellte er die Tasse in die Spülmaschine und eilte in den Flur um seine Schuhe anzuziehen. Es war kalt und nass geworden, weshalb er eine dicke Jacke überzog. Mit Schlüssel und Portmonee bewaffnet verließ er das Haus und lief Martin dabei fast in die Arme der gerade klingeln wollte.

Schicksalhafte BegegnungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt