Frühstück und sympatische Gespräche

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Lange konnten sie sich nicht ausruhen, da alle anderen RTWs in der Stadt unterwegs waren mussten sie einen kritischen Einsatz übernehmen.
Erneut erwartete sie ein schrecklicher Unfall mit einem Böller. Wohl aus Spaß hatte jemanden einem jungen Mann so einen Sprengkörper in die Kapuze seiner Jacke gesteckt. Die Explosion hatte zu schwersten Kopfverletzungen geführt und Henning merkte an der Anspannung die Lee und Marion ausstrahlte, das es ziemlich schlecht um den jungen Mann stand. Entsprechend sank die Laune der beiden Frauen noch einmal merklich. Da er eh nicht viel tun konnte hielt Henning sich im Hintergrund und achtete darauf das niemand die beiden Frauen bei der Arbeit störte. Der junge Mann wurde in die Uni Klinik gebracht obwohl das Krankenhaus sich eigentlich erst einmal geweigert hatte noch einen weiteren Patienten aufzunehmen. Doch da die Neurochirurgie der Uni Klinik wohl die einzige Chance des kritisch verletzten Patienten war, machte Lee klar das sie die Klinik auf jeden Fall anfahren mussten. Ein wenig bewunderte Henning die junge Frau, die vor wenigen Minuten noch vom letzten Einsatz total fertig auf der Couch geschlafen hatte und nun mit so viel Kraft und Inbrunst für das Wohl ihres Patienten kämpfte. Als sie den jungen Mann abgeliefert hatte gönnte das über Stadt leuchtende Feuerwerk ihnen nochmal eine Verschnaufpause die sie auf der Wache verbrachten. Zusammen mit einigen Kollegen der Feuerwehr standen sie am Fenster eines Besprechungsraums im Obergeschoss und sahen sich das Feuerwerk an. Kurz schweifte Henning in Gedanken ab und ließ das vergangene Jahr Revue passieren. Am Jahresanfang hatte er krank im Bett gelegen und Svenja war um sich nicht anzustecken mit einer Freundin nach Mailand geflogen. Damals hatte Henning sich über ihr Verhalten nicht aufgeregt doch nun wo er dadrüber nachdachte, merkte er wie selbstsüchtig diese Frau doch immer gewesen war. Er war sich ziemlich sicher das Marion an ihrer Stelle nicht so gehandelt hätte, sondern sich um ihn gekümmert hätte so wie das in einer liebevollen Beziehung doch eigentlich normal sein müsste. Verträumt sah er sie an und merkte dabei gar nicht das der Alarmpieper der Feuerwehr und ihres Rettungswagens losgegangen war. Erst als Marion sich in Bewegung setzte schreckte er auf und rannte ihr schnell hinterher.
Es ging zu einem Wohnungsbrand der vermutlich durch Feuerwerksraketen ausgelöst worden war. Ein älterer Mann der eine Weste mit der Aufschrift „Medizinische Einsatzleitung" anhatte, wies sie an die Eigensicherung für die Feuerwehr zu stellen. So ganz sagte diese Anweisungen Henning nichts, daher fragte er Marion danach.

„Wir bleiben während des Löschangriffes in Bereitschaft und sind für die Feuerwehrkollegen frei. Falls beim Angriffstrupp etwas schief geht, wollen wir keine wertvollen Sekunden verlieren. Solange alles gut läuft haben wir ein wenig Pause."

Lee setzte sich hinten in den RTW und kramte ein dickes Buch heraus, das den nicht ganz so spannenden Titel „Anatomisches Standardwerk Band 3" trug.
Marion zog ihn mit nach vorne wo sie sich in die Fahrerkabine des RTWs setzten. Damit sie Lee nicht störten machten sie das kleine Schiebefenster zwischen Fahrerseite und Heck zu, bevor sie sich leise weiter unterhielten.

„Deine Kollegin studiert noch?"

Fragte Henning interessiert nach.

„Ja, zum Glück hat sie sich endlich durchgerungen ihren Doktor weiter zu machen. Ihr fehlen eigentlich nur noch zwei Semester. Ich kenne keine bessere Sanitäterin, sie hat ein unglaubliches Fachwissen und ersetzt den Notarzt ohne Probleme. Bei manch einem Kollegen muss ich sagen, sie ist sogar deutlich kompetenter als der jeweilige Arzt."

Es war zu merken wie stolz Marion auf ihre jüngere Kollegin war und Henning konnte ein sanftes Lächeln nicht unterdrücken. Wie diese Frau über ihre Kollegin und Freundin sprach und die jüngere dabei lobte, zeigte einfach was für ein toller und selbstlos Mensch Marion doch war.

„Und du? Wäre ein Medizinstudium nichts für dich gewesen?"

Fragte er weiter.

„Ach ne, ich bin nicht so gerne diejenige die alleine die Verantwortung trägt. Ich glaube für den Arztberuf bin ich nicht gemacht. Außerdem wenn ich mir ansehe wie viel Lee da lernen muss, nein danke. Sie hat ja sogar den Vorteil das sie schon sieben Jahre als Ärztin gearbeitet hat und sich in vielen Bereichen besser auskennt als ihre Dozenten, aber ich könnte da ganz bestimmt nicht mithalten."

Schicksalhafte BegegnungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt