Herzflattern

167 19 3
                                    

Die nächsten Tage herrschte auf der Arbeit eine merklich schlechte Stimmung. Herr Lorenz hatte die Kollegen am Mittwoch über den Wechsel in der Führungsetage des Standortes unterrichtet. Vor den anderen gab er nicht zu, das ihn die Unternehmensleitung im Endeffekt rausgeschmissen hatte. Nur bei Henning war er da ehrlich gewesen. Dieses Vertrauen schätzte der natürlich, auch wenn er nun nicht wirklich wusste was er tun sollte. Er war immerhin schon 48 Jahre alt, da würde er auf dem Arbeitsmarkt sicher kaum noch Chancen haben. Wieder unten im Sicherheitsdienst anzufangen, konnte er sich auch nicht wirklich vorstellen.
Der einzige Lichtblick war für ihn die Verabredung mit Marion am Samstag. Hoffentlich konnte er die ganzen Tanzschritte noch und war nicht durch die lange Pause vollkommen eingerostet. Marion schien sich genauso zu freuen wie er, das konnte man ihren Nachrichten entnehmen.
Herr Lorenz achtete darauf das Henning keine Überstunden mehr machte, auch wenn er wusste das er diese nicht bezahlen musste da Henning keine der Stunden jemals aufschrieb.

„Sobald die neue Leitung da ist, werden sie ganz sicher an dein Gehalt gehen. Daher musst du aufhören hier mehr zu arbeiten als der Standortleiter. Ich weiß das du hier alles wegbügelst Henning, aber das ist denen da oben absolut egal. Am besten schaust du, das du wieder zur Polizei kommst. Die suchen doch dringend neue Mitarbeiter."

Meinte Herr Lorenz als er Henning kurz nach 16 Uhr nach Hause schickte.
Zur Polizei würde Henning in seinem Alter sicher nicht mehr können. Vor allen mit seiner Vergangenheit, wollte ihn da auch gar keine sehen. Trotzdem erinnert sein Chef ihn mit seiner kurzen Ansprache an das Versprechen, das er Klaus gegeben hatte. Er wollte sich wieder öfters bei seinem ehemaligen Mentor melden und das sollte er auch tun. Da Marion am Sonntag wieder Nachtschicht hatte, hätte er für den Tag theoretisch nichts vor. Also fragte er kurz bei Klaus nach, ob er am Sonntag vorbeikommen könnte. Dann würde er einen Eierlikörkuchen backen und mitbringen. Der schnelle Rührkuchen war nach einem Rezept seiner Oma, das seine Mutter oft mit ihm zusammen gebacken hatte. Entsprechend kannte er es auswendig.
Klaus antwortete am Abend, als Henning gerade mit einer langen Trainingseinheit im Fitnessstudio fertig war.
Donnerstagabend war immer ein Karatekurs und im Anschluss zog Henning seinen Trainingsplan für die Muskeln durch.
Heute war auch zwei seiner besten Kumpels aus den Fitnessstudio dabei.
Tom Mayer und Muri Demir, die beide einen ähnlichen Trainingsplan wie Henning entwickelt hatten. Mit dem großen Tschechen Tom und den Türken Muri hatte Henning sich von Anfang an gut verstanden. Er wusste das die beiden bei der Polizei arbeiteten, auch wenn sie das Thema nicht gerne im Fitnessstudio ansprachen. Anscheinend hatten sie schon einmal richtig Ärger gehabt, weil einige testosterongeschwängerte Kerle gleich gegen sie aufmucken mussten. Daher hatte Henning erst bei einem privaten Treffen beiläufig mitbekommen, als was die beiden arbeiteten. Er hatte das Thema nicht weiter vertieft, da er es offensichtlich war das beide nicht über ihre Arbeit reden wollten.
Tom und Muri hatten ziemlich schlechte Laune, was Henning wunderte da sie normalerweise immer gut drauf waren. Als Tom ihn fragte ob er noch mit in das kleine indische Restaurant wollte, das gegenüber des Fitnessstudios lag sagte der direkt zu. Die Antwort von Klaus las er während er nach dem duschen noch auf die beiden wartete. Leider musste Klaus absagen, da er das gesamte Wochenende Bereitschaft hatte und daher nicht konnte. Aber er würde sich melden sobald er Zeit hatte. Mit hochgezogenen Augenbrauen laß er die Nachricht und steckte sein Handy danach weg. Wenn der oberste DGL Bereitschaftsdienst schieben musste, bedeutete das meistens das etwas Großes passiert war.
Tom und Muri kamen wenig später aus der Dusche und gemeinsam verließen sie das Gebäude. Kurz brachten sie ihre Sporttaschen ins Auto, bevor sie sich vor dem Restaurant trafen.

„Hatte heute nichtmal Zeit für eine Mittagspause. Nur weil dieser Idiot fährt wie eine Schnecke. Ich bin fast verrückt geworden mit dem im Auto."

Meinte Tom schlecht gelaunt.
Muri brummte zustimmend, während Henning lieber erstmal schwieg.

Schicksalhafte BegegnungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt