Retter in der Not

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Die restliche Schicht war zum Glück viel zu tun und Henning konnte die dunklen Gedanken an seine Vergangenheit erfolgreich nach hinten schieben. Es hatte gut getan mit Tom zu reden. Nach der Schicht fuhr er mit der Bahn zur Rettungswache Süd, wo Marion ebenfalls bald Feierabend hatte. Schweigend fuhren sie zusammen nach Hause und jeder hing seinen eigenen Gedanken nach.
Als sie Zuhause angekommen waren, fing Marion direkt an zu erzählen wie schrecklich der Termin im Präsidium gewesen war. Sie war von zwei männlichen Beamten der Kriminalpolizei verhört worden, von dem mindestens einer sich ihr gegenüber absolut arrogant und asozial benommen hatte.

"Der hat mir kein Wort geglaubt, sondern mich direkt als Lügnerin abgestempelt. Er hat sogar zugegeben das er Gunner schon länger kennt und sich nicht vorstellen könne das der so etwas getan haben solle. Das jemand der mit Gunna befreundet ist überhaupt diese Ermittlung führen darf, das ist doch sicherlich gar nicht erlaubt oder?"

"Nein das ist es nicht. Der Kollege ist ja befangen, das hast du ihn ja auch direkt anmerken können. Da sollten wir direkt schauen, das wir uns beschweren. Am besten nehmen wir einen Anwalt, der deine Rechte vertritt. Ich kenne ein paar wirklich gute Anwälte, die öfters ProBono für den weißen Ring als Opferanwälte arbeiten."

Erleichtert das Henning direkt eine Idee hatte, wie er ihr am besten helfen konnte nickte Marion zustimmend.
Da es nun aber recht spät war, würden sie bis morgen warten müssen, bevor Henning seinen Kontakte anrufen konnte.

"Woher kennst du diese Anwälte denn? Von deiner Arbeit?"

Fragte Marion als sie gemeinsam etwas zu Abend kochten.

"Nein. Nachdem ich nicht mehr bei der Polizei arbeiten konnten nach dem Tod von Kalle, wollte ich trotzdem noch etwas für Frauen die Opfer von Häuslicher Gewalt geworden sind tun. Durch meine damals neue Arbeit beim Sicherheitsdienst, habe ich eine Mitarbeiterin eines Frauenhauses kennengelernt, mit der ich einige Verabredungen im privatem hatte. Es entstand ein rein freundschaftliches Verhältnis ... Kerstin redete nicht oft über ihre Arbeit aber ein Fall machte sie wirklich nervös und sie bat mich um Hilfe. Eine Frau die sich von ihrem Freund getrennt hatte, wurde massiv von ihrem Ex bedroht. Der Mann wollte sie umbringen weil er mit der Trennung nicht klar kam. Kerstin musste die Frau damals woanders unterbringen, da der Mann auch die anderen Frauen im Frauenhaus bedrohte. Sie bat mich damals ihr zu helfen indem ich die betroffene Frau zu Arztterminen und zu Anhörungen bei Gericht begleite. Das habe ich natürlich gerne gemacht und auch ansonsten in meiner Freizeit teilweise das Frauenhaus oder die Wohnung in der die Frau untergebracht war überwacht. So konnte ich den Mann einiger Male erwischen und es haben sich genug Anzeigen angesammelt das die Polizei endlich handeln konnte."

Bewundernd sah Marion ihn an und strich ihm sanft über den Arm während er noch dabei war die Kartoffeln zu pellen.

"Du bist wirklich ein toller Mann Henning. Ich bin froh das du bei mir bist, ohne dich hätte ich mich niemals getraut diese Anzeige gegen Gunna zu wagen."

Kurz sah er zu ihr herüber, in Marions Augen glitzerten Tränen. Schnell legte er das Messer weg und nahm sie in den Arm, da er wollte das sie sich geborgen und sicher fühlte. Es bedeutet ihm viel das sie durch ihn die Kraft hatte gerichtlich gegen ihren Exmann vorzugehen. Er würde alles geben, nur damit sie wieder frei und unbeschwert leben konnte,ohne ständig Angst vor ihrem Exmann haben zu müssen.
Sie aßen zusammen zu Abend und gingen im Anschluss ins Bett. Doch schlafen konnten sie beide nicht wirklich. Henning war viel zu sehr mit seinen Gedanken bei seiner Kindheit und sah sich selber immer wieder auf dieser Eisenbahnbrücke stehen und springen. Auch Marion hatte Albträume und schlug im Schlaf immer wieder schreiend um sich. Als früh am Morgen ihr Wecker klingelte, brauchte Marion ein wenig um zu reagieren. Henning war derweil schon längst wieder wach. Müde rieb er sich über das Gesicht und versuchte seine von der schlechten Nacht verspannten Muskeln zu lockern.

Schicksalhafte BegegnungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt