°○ Maria ○°
Ich konnte das nicht mehr!
Diese ganzen Behinderten mit ihrem Rumgespinne hier!
Das ertrug ich nicht mehr!
Am Tisch erst die Mädchen und jetzt war es Luca, der hier ausflippte.
"Nun hör doch mal auf!" David und Stella standen vor seiner Tür, während der Psycho nebenan sein Zimmer zerlegte. Dinge flogen durch die Gegend, es knallte und krachte, ich verstand gar nicht, warum.
"Gebt mir jetzt die Fernbedienung!"
"Du bist heut nicht dran damit!"
"Ist mir doch scheißegal!"
Erneut ging was zu Bruch. "Ich will das, was mir zusteht und zwar sofort! Ihr verdammten kleinen-"
Ich presste mir die Hände an die Ohren, begann dann leise zu summen. Das sperrte das Geschreie aus. Das Knallen und Toben, verstärkte dafür allerdings mein Herzklopfen, das Ohrenrauschen genauso wie das bereits minutenlange Gefühl, dass mein Kopf sich gut zwei Nummern zu groß anfühlte.
Schon vorhin am Tisch war es da gewesen, dieser druckartige Schmerz, war zum Zittern meiner Hände dazu gekommen; eine Reaktion, welche mich mittlerweile immer öfter heimsuchte, ohne dass ich auch nur irgendwas dagegen tun konnte.
Stattdessen versuchte ich es zu verstecken. Das gelang mir in der Regel auch ganz gut, nur wenn das Erröten dazu kam, da fing es schon an, schwieriger zu werden, wobei das noch gar nicht das schlimmste war.
Das Schlimmste war das Heulen. Das hasste ich noch am meisten, vor allem dann, wenn es völlig ohne Grund geschah.
Wenn sie unvermittelt einfach in mir aufstiegen, die Tränen, dicht unter der Oberfläche meiner Selbstkontrolle.
Ich wischte sie mir weg, schniefte fest und stand dann auf.
Nebenan ging der Ausraster weiter, äußerte sich inzwischen jedoch leiser, in einem steten Ballern gegen die Wand, begleitet durch gelegentliches Grunzen. Er spuckt schon wieder alles voll, dachte ich, hat sich vorher wahrscheinlich auch wieder die Lippe wund gebissen, extra, damit es noch hübscher wurde: Speichel, Schnodder und Blut, dachte ich und spürte, wie es mich schüttelte.
Ich trat vor den Spiegel und betrachtete mich. Was ich sah, gefiel mir nicht. Das rot verheulte Gesicht, dazu noch die Haare, die sahen immer noch aus wie abgesäbelt und gleichzeitig strähnig dünn, wie ungewaschen.
Ich zwang mich zu einem Lächeln, konnte es auch kurz halten. Dann kamen schon wieder die nächsten Tränen.
"Bist du gleich fertig?" Davids Stimme von nebenan. "Sonst kann ich dir ja schon mal einen Lappen holen."
Ich schniefte, holte einmal tief Luft. Und hielt sie dann fest.
"Damit kannst du das gleich alles erst mal saubermachen!"
"Einen Scheiß-"
"Du hast das alles hingerotzt!"
"Ja und?" Erneutes Grunzen. "Ist doch eure Schuld, wenn ihr immer solche Wichser seid!"
"Warum denkst du das?"
"Ist doch egal!"
"Ich würde das aber schon gerne mal wissen", hakte Stella nach.
"Interessiert mich genauso einen Scheiß, was du wohl willst!", blaffte Luca sie an, kurz darauf flog abermals etwas gegen die Wand.
Was für Bekloppte alle, dachte ich, ließ die Luft wieder raus, schluckte einige Male schwer, schniefte und...
"Du Fotze!"
... fuhr mir mit dem Ärmel durchs Gesicht.
"Ich schlag dir gleich die Fresse-"
"Luca!"
"Fick dich!"
Noch ein tiefer Atemzug, den Blick wie starrend auf den Spiegel vor mir gerichtet.
Was würde Leon sagen? Wenn er jetzt hier neben mir stünde?
Bestimmt das gleiche, wie immer, dass alles wieder gut werden würde, dass ich mir keinen Kopf machen sollte. Und dass er das schon alles regeln würde.
Das würde er mir versprechen. Mich dann zum nächsten Waschbecken zerren, mir dort das Geheule aus dem Gesicht waschen, die Nase putzen, schnell noch allgemein aufhübschen und mich schließlich dazu zwingen ein fröhliches Gesicht zu machen.
Ich zog eine Grimasse. Das falsche Grinsen einer Verrückten. Zu mehr reichte es nicht. Aber es passte. Denn immerhin war es das, was ich war: eine Verrückte. Ein Freak. Nicht weniger, als die anderen hier im Haus; das dachte Manuel genauso, hatte es schon immer so gesehen. Und tat es nur noch mehr, seitdem Leon ihm das mit den Bildern erzählt hatte.
Natürlich hätte er das nicht tun dürfen! Aber dürfte ich ihm deswegen böse sein? Hätte ich es nicht besser wissen müssen?
Doch bestimmt.
Und trotzdem hatte ich zugelassen, dass Leon sich meine Zeichnungen angeschaut hatte. Dass er alles über deren Bedeutung erfahren hatte.
Von mir, einem komplett gestörten Psycho von Freundin!
Ich hatte es so gewollt.
![](https://img.wattpad.com/cover/260409813-288-k108830.jpg)
DU LIEST GERADE
Vogelscheuche und Gürtelschnalle - Teil 2
Teen FictionEndlich hat Maria es offenbart. Das Geheimnis, welches so lange schon ihr Leben bestimmt. Jetzt ist alles anders. Aber ist es auch besser? *~~•~~* Fortsetzung von: Vogelscheuche und Gürtelschnalle, Teil 1: Offene Wunden *•~~• MARIA •~~•* Ich wollt...