- Celia -
Das dumpfe Geräusch knarrender Holzplanken und näher kommender Schritte lässt mich aufhorchen, ehe ich mich aus meiner liegenden Position erhebe.
Zumindest soweit mir dies aufgrund des unter mir schwankenden Bodens und meiner gegenwärtigen Verfassung möglich ist.Das Scheuern der Seile, mit welchen meine Handgelenke hinter meinem Rücken zusammengebunden sind, zählt dabei noch zu den erträglichen Erschwernissen meines Zustandes.
Vielmehr machen mir das Tuch um meine Augen und der Lumpen in meinem Mund, welcher als Knebel fungiert, zu schaffen, die den Geruch und Geschmack von Algen und verdorbenem Fisch haben.
Aber welche Art von Behandlung erwartet man auch schon von einem Haufen verlauster Halunken und Söldner?Ich schnaube verächtlich und schaffe es nach einem weiteren beherzten Ruck mich vollständig aufzurichten und so in eine sitzende Pose zu gelangen, während die sich nährenden Schritte immer deutlicher werden.
Himmel noch eins…das wäre alles nicht geschehen, wenn Cedric auf Vater gehört und die vereinbarte Strecke mit unserem Handelsschiff genommen hätte!
Aber nein, mein verehrter Bruder meinte natürlich es wieder besser wissen zu müssen und hat dem Geschwätz dieses Trunkenboldes am Hafen Glauben geschenkt, dass eine andere Strecke nicht nur genauso angenehm zu bereisen sei wie die Strecke unseres Vaters, sondern obendrein noch einen halben Tag schneller wäre.
Welch ein fataler Fehler!
Ein fataler Fehler, für den ich nun bezahlen darf…in welcher Art auch immer…Ich schlucke hart, hebe aber nichtsdestotrotz mein Kinn würdevoll an, als ich das Quietschen der Scharniere und anschließende Knarren der sich öffnenden Holztür vernehme.
Angespannt lausche ich in die bedrückende Stille hinein, die sich über meine mir unbekannte Umgebung gelegt hat, nehme jedoch nichts außer dem gleichmäßigen Rauschen der Wellen wahr, welche den hölzernen Boden unter mir noch immer zum Schwanken bringen.
Was…was soll das werden?
Irgendeine Art von makaberem Spiel, welches der hiesige Abschaum der Gesellschaft mit seinen Gefangenen zu spielen pflegt?
Das ist doch wirklich unerhört!Immer noch beherrscht, aber mehr und mehr um Fassung ringend, halte ich den Atem an und beginne in Gedanken die Schläge meines klopfenden Herzens zu zählen, bis ich nach dem achten Herzschlag ein leichtes Klirren und das Rascheln von Stoff wahrnehme.
Dicht gefolgt von weiteren Schritten, die geradewegs auf mich zutreten und schließlich vor mir stehen bleiben.„Habt keine Angst“, höre ich eine fremde Stimme sagen, welche ich aufgrund dessen Tiefe einem Mann zuordnen würde, und nehme zeitgleich ein weiteres Knarzen wahr, so als würde sich der besagte Mann vor mich knien, „seid unbesorgt. Ich werde Euch nichts tun.“
Unschlüssig, inwiefern ich diesen Worten Vertrauen entgegenbringen soll, runzle ich die Stirn und erstarre im nächsten Augenblick, als sich zwei Hände an meinen Hinterkopf legen, um den dort sitzenden Knoten des Tuchs zu lösen und dieses von meinen Augen zu nehmen.
Endlich!
Ich blinzle ein paar Mal, bis sich meine Augen an das dämmrige Licht gewöhnt haben und schaue mich mit wenigen Kopfdrehungen um.
Auf den ersten Blick erkenne ich nichts Ungewöhnliches.
Ein einfacher Frachtraum, welcher mit ein paar Fässern und Holzkisten bestückt ist. Nichts, von dem eine potenzielle Gefahr ausgehen könnte…abgesehen von dem Mann, welcher, wie ich richtigerweise vermutet hatte,
vor mir kniet.Er scheint nicht viel älter als ich zu sein. Vielleicht zwei oder drei Jahre, also in Cedrics Alter.
Der aschfarbene Blondton seiner kurzen Haare findet sich in den vereinzelten Bartstoppeln auf seinen Wangen und an seinem Kinn wieder und seine flaschengrünen Augen mustern mich mit einer Mischung aus Neugier und Skepsis, bis er nach einigen Wimpernschlägen auf den Knebel in meinem Mund deutet.
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Salzwasserküsse (Celia & Bonnie - Band 1)
Romance1696, irgendwo im Atlantischen Ozean, nahe der mittelamerikanischen Küste: Wir schreiben das goldene Zeitalter der Freibeuter und Piraten. Sehr zum Leidwesen der 21-jährigen Kaufmannstochter Celia, die bei der Kaperung des Handelsschiffs ihres Vat...