# 31 - Das Tavernenzimmer

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- Celia -

Ein zartes Klopfgeräusch lässt mich über meine Schulter hinter mich blicken, ehe ich mich vollkommen von meinem Stehplatz am Fenster abwende, hinter dessen Scheiben es
mittlerweile arg dämmert.

Dies wird gewiss Dolores sein…
Nachdem sie durch Marisa von meinem Bezug dieses Zimmers für die Dauer meines verbliebenen Aufenthaltes unterrichtet wurde, hatte sie mir angeboten, mir im Laufe des Abends einige Speisen zu bringen, welche von dem Mittagsmahl übrig geblieben sind.
Eine Geste, welche ich dankend angenommen habe, denn weitaus karger als die Mahlzeiten, welche ich in den vergangenen Tagen auf See zu mir genommen habe, konnten diese Speisen wohl kaum sein.
Und wie Miss Fitzgerald treffenderweise zu sagen pflegte, hält Essen Leib und Seele zusammen...und…und mitunter vermag es vielleicht auch, unliebsame Gedanken und Gefühle vollends verschwinden zu lassen…

Als das Klopfen erneut und etwas beherzter als zuvor ertönt, streiche ich mit einem schulterstraffenden Räuspern über den Rock meines Kleides und trete dann eiligen Schrittes auf die hölzerne Zimmertür zu.

„Bitte verzeihen Sie mir meine Unachtsamkeit, Dolores. Ich war bloß…“

Doch als ich die kühle Klinke der Tür herunterdrücke und diese mit einem Quietschen nach innen aufziehen, bedarf es nur einiger Herzschläge, ehe ich die Tür mit einem erbosten Schnauben und unter Aufbringung meiner gänzlichen Körperkraft wieder zudrücke.
Ein Vorhaben, welches jedoch durch den in einen Stiefel gefassten Fuß, der sich in den Spalt zwischen Tür und Rahmen gedrängt hat, an seiner Ausführung gehindert wird.

Himmel noch eins!

Ohne meinem Widerstand oder gar meinen protestierenden Lauten Beachtung oder Gehör zu schenken, öffnet sich die knarzende Tür Stück um Stück, bis schließlich die Gestalt des Captains im Rahmen der vollends geöffneten Tür erscheint.

„Seid Ihr des Wahnsinns?!“, herrsche ich die Piratenprinzessin an, während diese die Tür achtlos mit einem dumpfen Schlag hinter sich ins Schloss fallen lässt, „wenn Ihr nicht augenblicklich aus diesem Zimmer verschwindet, schreie ich!“

„Tut, was Ihr nicht lassen könnt“, entgegnet die junge Frau schlicht und meine Augen weiten sich über die Nonchalance ihrer Worte, während ich im gleichen Schritt von ihr zurückweiche, in welchem sie auf mich zutritt, „doch zuvor möchte ich noch mit Euch sprechen.“

„Ach, ist dem so?“ Meine Lippen kräuseln sich durch meine spitzen Worte und ich recke, so erhaben wie es mir möglich ist, mein Kinn in die Höhe. „Nun, bedauerlicherweise lege ich allerdings keinerlei Wert auf eine Unterhaltung mit Euch!“

„Miss Celia…“ Die unerwartet bittende Art, mit welcher der Captain mit einem Mal meinen Namen ausspricht, versetzt meinem Herz einen Sprung, welchen ich jedoch sogleich hinter den fest verschränkten Armen vor meiner Brust verberge. „Es…es ist mir wirklich ein dringliches Anliegen mit Euch zu sprechen. Und außerdem habt…habt Ihr doch auch gewiss ein Interesse daran, Antworten von mir auf mögliche Ungewissheiten Eurerseits zu erhalten.“

„Ich denke nicht, dass auf meiner Seite Ungewissheiten bestehen“, entgegne ich und bedenke den Captain mit einem abwertenden Naserümpfen, „Ungewissheiten implizieren schließlich, dass eine Gegebenheit verschiedenartig ausgelegt werden könnte, was in Anbetracht der nachmittäglichen Ereignisse keinesfalls zutrifft.“

„Das tut es sehr wohl“, beharrt die junge Piratenprinzessin, wobei mich der eindringliche Blick ihrer ozeanblauen Augen ungewollt, aber auch unbemerkt, erschauern lässt. „Ich bitte Euch, Miss Celia! Lasst mich…lasst mich erklären, wie Marisa und ich zueinander stehen und…“

Salzwasserküsse (Celia & Bonnie - Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt