# 12 - Wundversorgung

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- Celia -

„Au, verflucht!“

„Wenn Ihr stillhalten würdet, würde es auch nicht so sehr schmerzen.“

„Oh, das wage ich zu bezweifeln.“

Ohne es mir durch eine Regung in meinem Gesicht anmerken zu lassen, bemerke ich aus den Augenwinkeln, wie der Captain mich mit einem misstrauischen Blick begutachtet.
Ein Blick, dessen verborgene Vehemenz mich kaum merklich und dennoch auf angenehme Weise erschauern lässt.

Contenance, Celia…
Haltung und Contenance.

Mit geschlossenen Augen atme ich tief ein und umklammere das feuchte Leinentuch in meiner Hand etwas fester, ehe ich meine Augen mit einem kaum merklichen Blinzeln wieder öffne und mit der Reinigung der Wunde des Captains fortfahre.

Ein Glück, dass ich dabei hier neben ihr auf der Kante des Kanapees sitze und nicht auf meinen schwankenden Beinen verweilen muss.

Auch wenn die von ihrem Körper ausgehende Wärme und unsere gelegentlichen Berührungen mehr als genügen, um mich an meiner Fähigkeit zur Balance zweifeln zu lassen.

Ein Seufzer verlässt meinen Brustkorb, als ich mich zu dem mit Wasser gefüllten Holzeimer neben dem Kanapee hinablehne, um das Leinentuch darin auszuwaschen.

Vielleicht hätte ich Johnny oder Billy doch bitten sollen bei mir zu bleiben.
Oder diesen Roger, zu dem sie ohnehin ein beinahe väterliches Verhältnis zu pflegen scheint.
Denn eine derartige Präsenz hätte ganz gewiss diese zweifelhaften Reaktionen meines Körpers im Zaum gehalten, wenn nicht gar völlig unterbunden.

Aber nein, ich musste natürlich an der Wahrung ihrer Tugend festhalten.
Und diese wäre im spätesten Fall in Gefahr gewesen, sobald sie ihren Oberkörper vollständig entkleidet und nicht nur ihre liebli-…ihre Schulter…wie bislang…
Auch wenn dieser Anblick bereits genügt, um mein Blut in Wallung zu bringen…

„Worauf wollt Ihr mit dieser Bemerkung hinaus, wenn ich fragen darf?“, erkundige ich mich stattdessen und bemühe mich um einen möglichst unberührten Klang meiner Stimme, während der Blick der Piratenprinzessin noch immer auf mir verweilt.

Diese schnaubt voller Verachtung über meine Frage, wobei sich ein dementsprechender Ausdruck auf ihrem Gesicht abzeichnet.

„Nun, so grob, wie Ihr Euch an meiner Wunde zu schaffen macht, könnte man zu dem Gedanken gelangen, dass Ihr die Absicht hättet, mir bewusst Schmerzen zuzufügen. Auch wenn dies sicherlich eine maßlose Unterstellung meinerseits ist, nicht wahr?“

Der Spott in ihren Worten entlockt mir kaum mehr als ein träges Heben einer Augenbraue, ehe ich meinen Blick wieder auf ihre Schulter richte.

„Ich beabsichtige keineswegs Euch Schmerzen zuzufügen, Captain“, entgegne ich und puste mir eine lose Haarsträhne aus der Stirn, ehe ich mit der gewissenhaften Versorgung des
Säbelstiches fortfahre, „zumal ich auch nicht wüsste, weshalb genau ich dies tun sollte.“

„Vielleicht weil ich Euch unten im Frachtraum eingesperrt habe und Ihr darüber alles andere als erfreut gewesen seid? Oder ist Euch dieser Umstand etwa bereits entfallen?“

Die Mischung aus Argwohn und Konfusion in der Stimme des Captains lässt mich amüsiert einen Mundwinkel heben.

„Oh, keineswegs. Ich würde zwar lügen, wenn ich behaupte, dass ich diesbezüglich nicht noch immer einen gewissen Groll gegen Euch hege. Aber im Augenblick verlangen wichtigere Angelegenheiten meine volle Aufmerksamkeit.“

Um meinen Worten noch ein wenig mehr an Gewicht zu verleihen, beuge ich mich erneut zu dem Holzeimer hinab und lasse das Leinentuch ein weiteres Mal darin versinken, was der Captain neben mir schweigend beobachtet.

Salzwasserküsse (Celia & Bonnie - Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt