# 6 - Unter Deck

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- Celia -

Unschlüssig darüber, ob ich für mein Vorhaben auch den richtigen Zeitpunkt gewählt habe, streiche ich noch ein letztes Mal über den weichen Stoff des Kapitänsmantels über meinem Arm, ehe ich meine Finger zu einer Faust verschließe und mit dieser gegen die Holztür klopfe.

Laut dem Stand der Sonne sollte es inzwischen weit nach Mittag sein. Und damit genügend Zeit, um sich von einer nächtlichen Wache zu erholen…

Zumindest hatte Billy vorhin eine in diese Richtung gehende Bemerkung geäußert, der sich den bisherigen Tag über vorbildlich an…ihre…Anweisung gehalten hat und mir nicht von der
Seite gewichen ist.

Nach dem kargen Mahl in Henrys Kombüse sind wir an Deck gestiegen und ich musste schlucken, als ich um uns herum immer noch nichts anderes als die Weiten des Ozeans erblickt habe.
Nicht einmal ein Schiff in der Ferne oder ein Landstreifen am Horizont waren zu sehen gewesen.

Dafür begutachteten mich die Augenpaare der Männer dieser ungewöhnlichen Crew umso genauer.
Allen voran dieser unangenehme Zeitgenosse Morris, dessen Absicht es vermutlich gewesen ist, mich mit seinen boshaften Blicken zu durchbohren.

Allerdings war er bei Weitem nicht der Erste, welcher meine Aufmerksamkeit erregte, sondern zwei Männer, die neben dem jungen aschblonden Mann vom vergangenen Abend am Steuerrad standen.

Während das Gesicht des einen Mannes von Narben durchzogen und anstelle seiner rechten Hand nur noch ein Stumpf vorhanden war, überragte der Mann mit dem moccafarbenen Teint daneben die Beiden um knapp zwei Köpfe, genauso wie seine Statur um einiges muskulöser gebaut gewesen ist.

Billy stellte mir die beiden unbekannten Männer als Andrew, den Navigator, und Johnny, den Segelmeister, vor und ergänzte im gedämpften Flüsterton, dass Andrew wohl der uneheliche Sohn eines hochrangigen Offiziers der britischen Marine wäre, wohingegen Johnny einst ein Sklave gewesen sei.
Bei der Flucht vor seinem damaligen Herrn soll dieser Johnny im Alleingang fünf bewaffneten Männern den Garaus gemacht haben, hatte Billy mir ehrfürchtig zugeraunt, was ich aufgrund von Johnnys imposanter Erscheinung für nur allzu wahrscheinlich halte.

Zumal er es gestern gewesen ist, der mich wie ein Bündel Wäsche über die Schulter geworfen und mich, ohne auch nur den geringsten Anschein von Anstrengung zu erwecken, auf dieses Schiff hier verschleppt hatte.

Aufgrund ihrer Anweisung…
Aufgrund der Anweisung dieser...vermeintlichen…Piratenprinzessin…
Die vermeintliche Piratenprinzessin, die diese Kaperung gar nicht hätte vornehmen dürfen und wegen der ich nun auf diesem vermaledeiten Schiff festsitze…

Mein Gesicht nimmt säuerliche Züge an und ich hebe meine Hand erneut, um etwas energischer gegen die Holztür zu klopfen, bis mich das abrupte Aufreißen ebendieser
erschrocken zusammenzucken lässt.

„Zum Teufel nochmal! Was soll dieses nervtötende Geklopfe?! Ich habe doch gesagt, dass…oh…“

Sofort verstummt das wutentbrannte Gezeter der jungen Frau, die sich nach einem kurzen Blinzeln der Orientierung etwas ungalant durch ihr sichtlich zerzaustes rostrotes Haar fährt.

„Ähm…Miss Celia…äh…bitte entschuldigt meine forschen Anschuldigungen. Ich…ich war in dem irrigen Glauben, dass einer meiner Männer…dass…ach, ist auch egal. Ich bitte Euch jedenfalls um Verzeihung. Mein Verhalten und meine Wortwahl waren alles andere als angebracht.“

„Seid…seid darüber…unbesorgt“, presse ich mühsam hervor, wobei ich den entschuldigenden Blick der jungen Frau nur aus den Augenwinkeln wahrnehme.

Vielmehr ist mein Blick auf einen etwas tiefer liegenden Bereich gerichtet.
Ein Bereich, dessen Anblick meinen Herzschlag stolpern und meine Augenlider mehrfach aufflackern lässt.
Der Anblick des ungeschnürten weißen Hemdes, welches mir eine hervorragende Sicht auf das Dekolleté des Captains bietet…

Salzwasserküsse (Celia & Bonnie - Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt