# 8 - Havanna

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- Celia -

Durch die grellen Sonnenstrahlen geblendet kneife ich meine Augen zu einem schmalen Spalt zusammen, als ich durch die knarzende Holztür an Deck stolpere.

Glücklicherweise hat keiner der anwesenden Crewmitglieder meinen alles andere als damenhaften Auftritt bemerkt, da ihre Köpfe allesamt gen Horizont auf den dort erschienenen
Landstreifen gerichtet sind.

Havanna…
Welch ein Segen…
Wahrlich…eine Erlösung, möchte ich beinahe behaupten…

Während die Männer um mich herum animalische Jubellaute von sich geben und einander anerkennend auf die Schultern und gegen die Brust klopfen, lächle ich nur still und mit vor meinem Körper verschlungenen Händen vor mich hin.

Ein Eindruck von sichtbarer Zufriedenheit und geduldigem Abwarten bis zu unserer herbeigesehnten Ankunft in dem angesteuerten Hafen.
Zumindest ein äußerlicher Eindruck, welcher jedoch nicht im Geringsten durch meine übrigen Empfindungen bekräftigt wird.

Ganz im Gegenteil…

Noch immer spüre ich ihre erfahrenen Finger in meinem Nacken…
Ihren heißen Atem auf meiner Haut…
Und ihre himmlischen Lippen auf meinen…
Ich…

Hergott, was ist denn nur in mich gefahren?!
Es scheint so, als wäre ich gar nicht mehr im vollkommenen Besitz meiner Sinne und Gedanken!

Als wäre ich verzaubert worden…oder verflucht…

Erst lasse ich diesen Kuss von dieser unglaub-…unsittlichen und alles andere als gesellschaftlich konformen Frau zu!
Und dann erwidere ich diesen auch noch und lasse mich wie eine holde Maid durch ihren vortreffli-…vorzügli-…vorlauten Mund blenden und verführen!

Verführen? Grundgütiger…verführen?!
Himmel, noch eins!
Wie kann ich einen solch frivolen Gedanken denn auch nur im Ansatz Beachtung schenken?!

Nein, niemals hätte ich mich von dieser gött-…gottlosen Frau verführen lassen!
Als ob jemand wie sie eine derartige Macht über mich haben könnte!
Lächerlich!
Einfach nur lächerlich…

„Celia!“

Überrascht über den erleichterten Ruf meines Namens wende ich meinen Kopf vom Horizont ab und blinzle mehrfach, als ich sehe, wie Billy mit beschwingten Schritten auf mich zustürmt und nur um Haaresbreite vor mir zum Stehen kommt.

„Da bist du ja!“, verkündet er derart vorwurfsvoll, dass sich die Köpfe einiger Männer in unsere Richtung drehen, „wo warst du denn? Ich habe überall nach dir gesucht!“

„Ich…nun…“

Ich räuspere mich so würdevoll, wie es mir aufgrund der ungewöhnlichen Schelte des Knaben möglich ist, während die umherstehenden Crewmitglieder schmunzelnde Blicke und amüsierte Lacher austauschen.

Das ist doch kaum zu glauben!
Dieses Bürschchen macht mich doch tatsächlich zum Gespött unter diesen Halunken und Trunkenbolden!
Unerhört!

Selbst dieser unmögliche Morris kann das hämische Grinsen auf seiner missratenen Fratze nicht verbergen.
Dieser elende Schuft…

„Mir war nicht bewusst, dass es deiner Zustimmung bedarf, wenn ich mich für einige Zeit unter Deck begebe, um mich zurückzuziehen“, entgegne ich stattdessen und mustere Billy mit erhabenen Blick von oben herab, wovon sich besagter Knabe jedoch nicht beeindrucken lässt.
Zumindest, wenn man seiner vorgeschobenen Unterlippe und den vor der schmalen Brust verschränkten Armen Glauben schenken darf.

„Aber du weißt doch, dass ich an deiner Seite bleiben soll. Und das kann ich nicht, wenn ich nicht weiß, wo du bist.“

„Erfreulicherweise bist du offenbar recht bald von dieser lästigen Pflicht befreit, nicht wahr?“, erwidere ich und wende meinen Kopf, ohne eine Regung in meinem Gesicht zu verspüren, zur Seite und damit zurück zum Horizont.
Dennoch nehme ich dabei aus den Augenwinkeln den unschlüssigen Blick von Billy wahr.

Salzwasserküsse (Celia & Bonnie - Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt