# 23 - "Safe Haven" voraus!

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- Celia -

„Und?“ Aus den Augenwinkeln nehme ich den neugierigen Blick wahr, welchen Billys dunkle Augen mir von der Seite zuwerfen. „Wie findest du unser Zuhause, Celia?“

„Nun“, meine Finger schließen sich um den Rand der Reling und ich räuspere mich leicht, während ich zu der üppig grünen Insel blicke, die sich unweit vor uns aus dem Meer erhebt, „ „Safe Haven“ scheint eine recht umfassende Flora und Fauna zu beherbergen.“

„Wer sind denn Flora und Fauna?“

Herrje…

Ich seufze und versuche, meine Fassungslosigkeit über das mangelnde Wissen des jungen Knabens nicht allzu deutlich kundzutun, indem ich meine Augen schließe und tief Luft hole.

„Unter Flora und Fauna versteht man die vollumfängliche Menge des Pflanzen- und Tierreiches, Billy.“

„Ach so“, Billy verstummt und verzieht für einen Augenblick grübelnd das Gesicht, ehe er mit einem breiten Grinsen wieder zu mir sieht, „gehört das wieder zu den komischen Ausdrücken, die man bei dir zu Hause verwendet?“

Also, ehrlich!
Das ist doch wirklich unerhört!
Junges Alter hin oder her, diese vorlaute Art und Weise, auf welche sich dieser schmächtige Bursche gegenüber mir ausdrückt, ist alles andere als angebracht!

„Mein Wortschatz ist mitnichten komisch, Billy“, entgegne ich naserümpfend, wohingegen Billys Gesicht fortwährend von einem breiten Grinsen geziert wird, „und darüber hinaus ist es alles andere als mein Verschulden, dass du…“

„Ey, Billy!“ Auf Gabes lautstarken Ruf hin dreht sich der Lockenkopf des Jungen prompt zum Steuerstand empor, wo der aschblonde Steuermann mit seinem Kinn auf die
gegenüberliegende Seite des Schiffes deutet. „Geh rüber zu Johnny und Morris und hilf ihnen beim Ausrichten der Segel, ja? Die Strömung da vorne ist sehr trickreich und da können wir jeden Mann gebrauchen.“

Die schmale Brust des Jungen schwillt für einen Augenblick voller Stolz an, ehe er mir noch ein letztes Grinsen schenkt und sich sodann abwendet, um schleunigst zu Johnny und Morris
hinüber zu eilen.

Ebenso wie mein Blick, folgt auch der von Gabe den beherzten Stolperschritten von Billy, bevor sich das flaschengrüne Augenpaar wieder vollends auf mich richtet.

Ich schlucke über die stoische Miene des jungen Steuermannes, welche mich ein wenig an den Ausdruck erinnert, mit welchem Gabe mich betrachtet hat, als ich unten im Frachtraum seine Wunden versorgt habe.

Aber vermutlich liegt sein Missfallen mir gegenüber nicht unbedingt in dem gestrigen Treffen begründet, sondern viel mehr in unserer Begegnung vom heutigen Morgen…

Ein unbehagliches Gefühl beschleicht mich und ein Seufzer verlässt meine Lippen, als ich meinen Kopf wieder von Gabe ab und zurück zum Ozean wende.

Sicherlich werden sowohl Roger als auch er sich gegenüber mir mit etwaigen Fragen bezüglich des prekären Umstandes, in welchem sie den Captain und mich am Morgen
vorgefunden haben, zurückhalten.

Aber es wird sie gewiss nicht davon abhalten, sich ihre eigenen Gedanken dazu zu machen oder sich untereinander auszutauschen…oder womöglich noch Spekulationen mit den anderen Männern aufzustellen…grundgütiger, daran mag ich gar nicht denken!
Zumal doch auch nichts Skandalöses zwischen dem Captain und mir geschehen ist!
Zumindest nichts von allzu langer Dauer, wenn man bedenkt, wie schnell der Captain vom Rausch des Rums übermannt wurde und meine fahrigen Empfindungen mich ebenfalls rasch überwältigt haben.

Welch ein Glück, dass die Erinnerungen des Captains hinsichtlich der vergangenen Nacht
deutlich zu wünschen übrig lassen…

Für einen flüchtigen Augenblick keimt ein dumpfes Gefühl in meiner Magengegend auf, welches ich jedoch abschüttle und stattdessen Gabes durchdringendem Blick zuschreibe, mit welchem er mich noch immer mustert.

Salzwasserküsse (Celia & Bonnie - Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt