# 32 - Mondschein

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- Celia -

Die kühle Nachtluft umspielt meine warmen Wangen, während das Rauschen der Wellen meine Ohren gänzlich füllt und der Geschmack von Salzwasser meine Lippen bedeckt.
Und das, obwohl ich dort lieber einen anderen, viel süßeren Geschmack schmecken wollen würde…

Ein tiefer Seufzer entfährt meiner Brust und ich schließe meine Augen, wobei erneut das Gesicht des Cap-…das Gesicht von…Bonnie…in meinen Erinnerungen aufflackert.
Wie sie sich mit einem leichten Lächeln und ihrem nächtlichen Wunsch der Ruhe aus dem Tavernenzimmer zurückgezogen hat, nachdem sie nur wenige Augenblicke zuvor Feuerstürme der Leidenschaft in meinem Körper aufflammen ließ…

Ein Schauer des Erinnerns durchfährt meinen erhitzten Körper und ich nehme einen scharfen Atemzug, während der volle Mond am Himmel mit seinem silbrigen Licht sowohl dem Wasser des Meeres vor mir als auch dem Sand des Strandes unter meinen Füßen ein mysteriöses Schimmern verleiht.

Ihren Körper so dicht an meinem zu spüren…ihre Arme an meinen Seiten…ihre Brust an meinen Schultern…und ihr Mund an meinem Hals…hat etwas in mir ausgelöst, was ich noch nie zuvor verspürt habe.
Und es hätte wahrlich nicht viel gefehlt, bis mich meine Empfindungen über ihre Berührungen völlig überkommen hätten.
Ein Umstand, den Bonnie ebenfalls verspürt haben muss, denn sonst hätte sie sich ganz gewiss nicht so achtungsvoll von mir zurückgezogen…

Nach unserem Abschied bin ich jedoch viel zu aufgefühlt gewesen, um Ruhe oder gar Schlaf zu finden, weshalb ich über die schmale Treppe am Ende des Flures unbemerkt hinaus in den Hinterhof der Taverne gelangt bin und mich von dort aus gedankenverloren immer weiter von der Taverne entfernt habe, bis ich schließlich an diesem abgelegenen Küstenstreifen angelangt bin.

Doch selbst diese Stille, welche lediglich ab und an von dem Rauschen des sanften Wellengangs durchbrochen wird, vermag es nicht, meinen rastlosen Gedanken Einhalt zu gebieten.

Was hat diese Begegnung zwischen Bonnie und mir zu bedeuten?
Oder hat sie überhaupt etwas zu bedeuten?
Schließlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis ich „Safe Haven“ wieder verlassen und zu meinem Vater und Cedric zurückkehren werde…
Aber kann ich dies aufgrund der Vorkommnisse der vergangenen Tage überhaupt noch ohne Bedenken tun?

Hergott, ich drehe mich mit diesen Überlegungen doch im Kreis!
Wie kann es sein, dass ich innerhalb weniger Tage mein bisheriges Leben in seiner Gänze hinterfrage?!
Habe ich mich von Illusionen und falschen Versprechungen blenden lassen und mich törichterweise flüchtigen Gefühlen verschrieben?
Oder ist alles, was ich zu sein…was ich zu wollen glaubte…eine einzige Lüge?

„Eine angenehme Nacht, nicht wahr?“

Erschrocken fahre ich über den Klang der fremden Stimme hinter mir herum und meine Augen weiten sich, als ich in dem silbernen Mondlicht die Gestalt von Kathryn erblicke, die nur wenige Schritte von mir entfernt steht.

Himmel noch eins!

Mit einem unterdrückten Schrei und auf die Brust gepresster Hand taumle ich ein wenig zur Seite, was die Heilerin von „Safe Haven“ sogleich beschwichtigend beide Hände heben lässt.

„Verzeihung“, sagt sie und bedenkt mich mit einem angedeuteten Lächeln, „ich wollte mich nicht anschleichen.“

„Eine Absicht, die sichtlich missglückt ist“, entgegne ich, noch bevor ich die verärgerten Worte zurückhalten kann, welche die Frau mit dem rostroten Haar jedoch zu meinem
Erstaunen leicht auflachen lassen.

„Das ist wohl wahr. Und ich gelobe Besserung“, erwidert sie mit einem zustimmenden Nicken, ehe sie ihre erhobenen Hände wieder sinken lässt, „und um die Gunst der Stunde gleich vollkommen auszunutzen, möchte ich mich zudem für meine frostige Begrüßung in der Taverne entschuldigen. Das ist alles andere als gastfreundlich von mir gewesen.“

Salzwasserküsse (Celia & Bonnie - Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt